München. Mit DB Schenker und MAN arbeiten erstmals ein Logistikkonzern und ein Fahrzeughersteller gemeinsam an der Entwicklung vernetzter Lkw-Kolonnen für den Einsatz in der Logistik. Einen entsprechenden Kooperationsvertrag für die auch als Platooning bekannte Technik haben beide Unternehmen am Donnerstag im Rahmen der Messe Transport Logistic in München unterzeichnet. DB Schenker will die MAN-Lkw-Kolonnen ab Frühjahr 2018 über mehrere Monate im realen Straßenverkehr auf dem „Digitalen Testfeld Autobahn“ auf der A 9 zwischen den DB Schenker-Niederlassungen München und Nürnberg testen. Eine Sondergenehmigung macht dies möglich.
Die Platoons bestehen nach Angaben des Logistikunternehmens aus jeweils zwei Lkw. Der Abstand zwischen den einzelnen Trucks beträgt zirka zehn Meter, etwa eine halbe Sekunde Fahrzeit. Zu Beginn verkehren die Lkw noch ohne Ladung, um die Fahrbedingungen im alltäglichen Verkehrsfluss zu untersuchen und die am Projekt beteiligten Fahrer in der Bedienung der Fahrzeuge und den fahrtechnischen Besonderheiten zu schulen. Es sollen wöchentliche und anschließend tägliche Testfahrten folgen. Diese würden im Laufe des Jahres 2018 zu Linienfahrten mit realen Ladungen ausgebaut, hieß es bei der Unterschrift des Kooperationsvertrags. Bis zu dreimal täglich werden dann die Platoons zwischen den DB Schenker-Logistikzentren in München und Nürnberg eingesetzt.
Test soll Antworten auf drei Kernfragen geben
Wann ist die Bildung eines Platoons sinnvoll? Wie kann der Zusammenschluss und das Auflösen je nach Situation und verkehrlicher Lage am besten gestaltet werden? Und wie sollte der Arbeitsplatz des Fahrers künftig aussehen? Das sind drei Kernfragen, die die Kooperationspartner beantworten wollen. Ebenfalls Gegenstand der Untersuchung ist, welche Daten für eine optimale Überwachung des Platoons an Hersteller und Logistiker übermittelt werden müssen. In diesem Zusammenhang werden auch die Themenkomplexe Datenübertragung und Bereitstellung von Informationen an den führenden Pilotfahrer eine Rolle spielen – zum Beispiel, wie aktuelle Baustellenwarnungen an den Fahrer zu übertragen sind, um eine frühzeitige Auflösung des Platoons einzuleiten.
Mit dem jetzt unterzeichneten Vertrag festige der Logistikkonzern die Zusammenarbeit mit MAN, sagte Ewald Kaiser, Chief Operating Officer Freight bei DB Schenker am Donnerstag in München. „Zugleich unterstreichen wir unseren Anspruch, Treiber digitaler Geschäftsmodelle im Sinne unserer Kunden zu sein.“ Kaiser verspricht sich aus dem Test auch eine Aussage zu den konkreten Effizienzpotenzialen im realen Einsatz über einen längeren Zeitraum. Für DB Schenker besteht ein weiteres Erkenntnisinteresse darin, einen optimalen Einsatzplan des Platooningverkehrs im Logistikablauf zu erarbeiten. Wie müssen beispielsweise Logistikzentren zukünftig gestaltet und ausgestattet werden, um vernetzte Lkw-Kolonnen möglichst schnell zu be- und entladen?
Beide Partner betrachten den Test als Plattform, weitere Schritte zum autonomen Fahren im Anschluss oder parallel zum Platooning-Projekt zu unternehmen. Gerhard Klein, Leiter Engineering Central bei MAN, betonte die Bedeutung des Projektes aus Sicht des Fahrzeugherstellers: „Für MAN ist die Kooperation mit DB Schenker ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Einführung des Autonomen Fahrens.“ Bereits seit 2005 forschen die Münchner an dieser Mobilitätslösung. 2016 folgte die Teilnahme an der European Truck Platooning Challenge. „Zusammen mit DB Schenker übertragen wir die daraus resultierenden Forschungsergebnisse nun zum ersten Mal in eine konkrete Logistikanwendung“. Dies sei einen großen Schritt in Richtung der Anwendbarkeit der Technologie in der Serie. (ag)