Umparken in der Logistik

So einträchtig sieht man Logistiker, Materialwirtschaftler und Auftragsmanager nicht jeden Tag: Auf dem Forum Automobillogistik in Leipzig der Bundesvereinigung Logistik (BVL) und des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) bejubelte ein interdisziplinäres Team der Adam Opel AG gemeinsam den Gewinn des VDA-Logistik-Awards 2015. Ein Bruch mit traditionellen Prozessen Ein verdienter Erfolg: Gemeinsam mit IT-Dienstleister Flexis hatten die Opel-Experten ein IT-System entwickelt, das mit den klassischen Prozessen der Auftragseinplanung und Materialabrufe bricht. Beide Schritte finden nun integriert statt - nicht mehr hintereinander. Den Opel-Marketing-Slogan "Umparken im Kopf" hatten Marzell Bandur, Director Supply Chain Planning, und sein Team aufgenommen und zentrale Logistikprozesse anders organisiert. Der Prozess vor der Systemeinführung lief bisher wie folgt ab: Auf Basis von Kundenund Vorschauaufträgen, die auf Erfahrungswerten beruhen, wurden Stücklisten erstellt und das Material für das Programm bei den Lieferanten abgerufen. Für Teile, die von Lieferanten aus der Nähe der Werke kommen, war dieser Prozess eher unproblematisch. Opel bezieht indes 2000 Teilenummern von insgesamt 45.000 Teilenummern aus Übersee. So kommen Schiebedächer für den Insignia aus Mexiko und Komponenten für den Mokka aus Korea. Das bedeutet einen mehrwöchigen Seetransport und einen hohen Aufwand bei Änderungen. Opel fing dies bisher entweder durch teure Sondertransporte per Luftfracht ab oder durch die Lagerung von besonders änderungsrelevanten Teilen im Montagewerk. Das neue System integriert die Fahrzeugauftrags- und die Materialebene. Bei Auftragseingang wird geprüft, ob und wann das für den Bau benötigte Material verfügbar ist. Dabei wird selbst Material berücksichtigt, das schon von den Lieferanten unterwegs ins Werk ist. Im Auftragseinplanungssystem lassen sich verschiedene Szenarien unter Berücksichtigung der Teileverfügbarkeit simulieren. Die Planung wird präziser, kurzfristige Umplanungen wegen fehlender Teile werden seltener. Eingeplant wird ein Fahrzeug nur, wenn die Teileverfügbarkeit gesichert ist. Um das neue Konzept umzusetzen, musste die Trennung zwischen Materialwirtschaft/Einkauf, Logistik und Auftragsplanung aufgehoben werden. "Heute blickt ein bereichsübergreifendes Team auf dieselben Daten, verständigt sich auf gemeinsame Ziele und Prioritäten und trifft gemeinsame Entscheidungen auf Basis der geringsten Gesamtkosten", beschreibt Bandur. Deutliche Kosten-Reduzierung Im Ergebnis spart Opel viel Geld. Die Kosten für Sondertransporte haben sich seit Einführung des neuen Prozesses um 22 Prozent reduziert, die Bestände von Teilen mit langen Transitzeiten nahmen laut Bandur im deutlich zweistelligen Bereich ab. Der Bedarf an Handling- und Lagerflächen für die Dekonsolidierung des Überseematerials sank um 43 Prozent. Gleichzeitig stieg die Liefertreue um 12 Prozent. Die Investitionen in das System, das 2013 zunächst für den Insignia ausgerollt wurde und seit April 2014 für alle Modelle greift, haben sich schon zu 350 Prozent ausbezahlt. Hintergrund Das Forum Automobillogistik Unter dem Thema "Intelligente Supply Chain Steuerung - global, transparent und effizient" fand in diesem Jahr zum dritten Mal das Forum Automobillogistik 2015 statt. Das Forum ist eine Gemeinschaftsveranstaltung der Bundesvereinigung Logistik und des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Nach Angaben der BVL nutzten in diesem Jahr 550 Teilnehmer aus der Automobilwirtschaft und -logistik das Forum in der Autostadt Leipzig zum inhaltlichen Austausch. eh