Brüssel/Belgien. Draußen ließen die Chauffeure schon mal die Motoren der schwarzen Limousinen warm laufen. Drinnen, beim Abendessen, diskutierten die Verkehrsminister der 27 EU-Staaten über die Folgen des Verkehrs für den Klimawandel. Zum ersten Mal, freute sich EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot, habe Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee dieses wichtige Thema - sonst eine Domäne der Umweltminister - auf die Tagesordnung seiner Amtskollegen gesetzt. Das wurde auch Zeit, meinen Diplomaten in Brüssel: Um 21 Prozent sei der Energieverbrauch des europäischen Verkehrssektors seit 1990 gestiegen. Mehr als 70 Prozent des in der EU verbrauchten Mineralöls verpufft im Verkehr, davon allein 84 Prozent auf der Straße. Im Kampf gegen den gefährlichen Klimawandel setzt Tiefensee deswegen vor allem auf alternative und regenerative Kraftstoffe wie synthetische Biokraftstoffe oder Wasserstoff. Damit werde die Nachfrage nach fossilen Kraftstoffen sinken, glaubt der Minister. Die Industrie müsse den Wirkungsgrad ihrer Antriebskonzepte verbessern und neue innovative Motoren entwickeln, fordert Tiefensee weiter. Mit Blick auf die Autoindustrie sagt seine schwedische Kollegin Asa Torstensson: „Hochgesteckte Umweltziele dürfen nicht als Restriktion betrachtet werden, sondern müssen auch der Wirtschaft nützen.“ Tiefensee hofft, mit mehr Geld für Forschung und Entwicklung, im Wettbewerb mit den USA und Japan weiter an Boden zu gewinnen. Optimistisch verweist der Minister dabei auf Rückenwind aus dem EU-Parlament, das über die Verteilung der Mittel mitentscheidet. Als hätte sich Tiefensee ein Beispiel an den ehrgeizigen Zielen des Klimagipfels Anfang März genommen, will er beim nächsten Verkehrsrat im Juni ein Ergebnis auf dem Tisch haben - überzeugt bezeichnet er das als „nächste Etappe“. Wie dieses Ergebnis aussehen soll, hat der Minister bereits klar im Blick: Die Obergrenze für den Kohlendioxid-Ausstoß von Autos soll auf 130 Gramm pro Kilometer festgelegt werden. Sein dänischer Kollege Flemming Hansen geht weiter: Bis 2020 solle die durchschnittliche Kohlendioxid-Emission neuer Kraftfahrzeuge auf 100 Gramm pro Kilometer begrenzt werden. Doch Tiefensee hat es nicht nur auf den Verkehr auf der Straße abgesehen, auch den Luftverkehr will er in den Klimaschutz einbeziehen. Ihm schwebt der Abbau von „Staus am Himmel über den Flughäfen“ vor und die Beteiligung des Luftverkehrs am Emissionshandel. Außerdem will er den Schweden und Schweizern mit der Einführung von emissionsabhängigen Landegebühren nacheifern. „Das sind drei Positionen, die dafür sorgen sollen, dass ein Wachstum an Verkehr nicht einhergeht mit einem gleichen Anstieg an Emission“, sagt Tiefensee. Beschlüsse - etwa zu Tempolimits auf europäischen Straßen oder anderen Beschränkungen des Verkehrs - standen bei dem Treffen in Brüssel nicht an. Allerdings sprachen sich mehrere Minister für eine Förderung des See- und Schienenverkehrs aus. Der Ratsvorsitzende Tiefensee betonte jedoch, ihm gehe es nicht um die Suche nach Alternativen zum Straßenverkehr, „sondern um die Gestaltung des Verkehrs selbst“. Allererste Priorität hatte der Klimaschutz im Ministerrat ohnehin nicht. Während die Motoren der wartenden Limousinen weiter brummten, hatten die Verkehrsminister ihre Beratungen über neue Impulse zum Ausbau des transatlantischen Flugverkehrs vorgezogen. (dpa)
Tiefensee setzt auf CO2-Reduzierung
Einigkeit beim EU-Verkehrsministerrat: Alternative Kraftstoffe sollen zum Klimaschutz beitragen