Tankkarten-Betrug und Dieselklau - Wie Speditionen sich schützen können

In Kürze Nicht nur durch Dieselklau kommen Unternehmen viele Liter Kraftstoff abhanden; Konjunktur hat auch der Tankkarten-Betrug. In welchem Ausmaß sich das Fallaufkommen seit Ausbruch des Ukrainekriegs verschärft hat und wie sich Unternehmen hier wappnen können. Kraftstoff gilt als einer der größten Kostenfaktoren von Transportunternehmen. Wenngleich der Dieselpreis nicht mehr in ganz so exorbitanten Höhen schwebt wie im letzten Jahr - jeder verlorene Liter tut in Zeiten hohen Kostendrucks doppelt weh. Wo wir bei den Begehrlichkeiten wären, die Kraftstoff auch bei Kriminellen weckt. Durchforstet man die Tickermeldungen der Polizei, passiert fast jeden Tag etwas: Ob Baumaschinen oder Lkw, ob Rastplatz, Gewerbegebiet oder sogar der eigene Betriebshof - ein paar Hundert Liter Diesel sind schnell abgesaugt. Dass die Fälle von Dieselklau seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 nicht nur gefühlt gestiegen sind, belegen Daten der Transported Asset Protection Association (TAPA). Die Organisation konzentriert sich in ihrer Arbeit zwar in erster Linie auf Frachtdiebstahl, erfasst aber auch Daten zu Kraftstoff-Diebstahl, die der VerkehrsRundschau vorliegen. Demnach ist die Anzahl der in Deutschland bei der TAPA gemeldeten Fälle vom ersten bis zum zweiten Quartal 2022 sprunghaft angestiegen, der Peak wurde im Schlussquartal des letzten Jahres erreicht. Auch in diesem Jahr ist die Fallzahl weiter gestiegen - nach drei Quartalen erfasste die TAPA mit 545 Vorfällen schon mehr als doppelt so viele wie im Gesamtjahr 2022 (siehe Tabelle). Kraftstoff-Diebstahl in Deutschland Wert in Euro Jahr/Quartal Zahl der Vorfälle Wert in Euro 2022 219 61.570 Q1 17 650 Q2 63 8000 Q3 33 20.000 Q4 106 32.920 2023 545 156.795 Q1 197 62.125 Q2 164 61.010 Q3 184 33.660 Quelle: TAPA Auch Betriebshöfe betroffen Wo schlagen Kraftstoff-Diebe erfahrungsgemäß eigentlich am häufigsten zu - an Autobahn-Rastplätzen, in Gewerbegebieten, auf dem Betriebshof oder ganz woanders? "Dies kann generell an allen genannten Orten passieren", weiß Markus Prinz, Senior Manager Standards, Training & Certification bei der TAPA. Dennoch stünden eher kleinere und unbeleuchtete Rast- oder Pausenplätze im Fokus, diese liefen in den TAPA-Erhebungen als "unclassified parking". Aber selbstverständlich könne es auch Lkw in Gewerbegebieten oder Plätzen, an denen Fahrzeuge auf ihre Beladung warten, treffen. "Ein Diebstahl von einem Betriebshof würde dann eher schon wieder auf eine organisierte Vorgehensweise hinweisen, weil hier ja auch der Zugang beziehungsweise die Zufahrt und die Verfügbarkeit gegeben sein müssen", so Prinz. Als wichtigste Präventionsmaßnahmen rät Prinz einerseits zum Einsatz von Technologien, die den Diebstahl von Kraftstoff erschweren oder zumindest nicht unbemerkt lassen. Andererseits empfiehlt er die Nutzung gesicherter oder zufahrtlimitierter Parkflächen sowie belebter und beleuchteter Standorte für die Lenkzeit-Unterbrechungen. So könnten etwa Tankdeckel-Schlösser zur Anwendung kommen oder auch ein Filter, der das Befüllen zulässt, aber eine Entnahme durch einen Schlauch erschwert oder nur im Einfüllbereich zulassen würde. "Alternativ bietet der Markt auch Tank-Überwachungssysteme unter der Verwendung verschiedener Sensoren an, um den Füllstand des Kraftstoff-Tanks zu überwachen", so Prinz. Zudem gebe es Alarm- und Benachrichtigungssysteme, die so konfigurierbar sind, dass sie bei unbefugtem Zugriff auf den Tank oder bei Kraftstoff-Diebstahl Alarm auslösen. Laut Prinz gibt es Lösungen für jeden Geldbeutel und jedes individuelle Bedürfnis. Ein Problem benennt aber auch der langjährige TAPA-Präventionsexperte: Es würden immer mehr Tanks angebohrt und dabei so beschädigt, dass diese ohne fachgerechte Reparatur gar nicht mehr befüllt werden könnten. Einen ganz anderen Ansatz zur Abschreckung von Dieseldieben hat derweil Total- Energies entwickelt: den Diesel-Marker. Das Additiv, das im Verhältnis 1 : 5000 dem Diesel beigemischt wird und keinerlei Auswirkungen auf die Qualität des Kraftstoffs hat, färbt den Kraftstoff blau und soll so bei einem Diebstahl auf die unrechtmäßige Herkunft des Kraftstoffs hinweisen. Neben diesem Nachweis soll aber vor allem der psychologische Aspekt eine wichtige Rolle spielen: die Abschreckung. Vielfältige Betrugsmaschen Aber nicht nur direkt am Tank kommen Lkw-Fuhrparks viele Liter Diesel abhanden - Konjunktur hat auch der Tankkarten-Betrug. "Gestiegene KraftstoffPreise machen Fuel Fraud attraktiv; damit steigt auch die Anzahl versuchter Betrugsfälle an", sagt Markus Naumer, Head of Payment Competence Center bei DKV Mobility. Diese Einschätzung teilt auch Steffen Glaab, Team Leader Fraud and Prevention Management bei UTA Edenred: "Bei einem Anstieg der Preise, ausgelöst durch wirtschaftliche und/oder geopolitische Krisen, nehmen konsequenterweise auch die Betrugsaktivitäten zu." Die Möglichkeiten der Betrugsmaschen sind mannigfaltig. Generell müsse man zwischen internem und externem Betrug unterscheiden, so Naumer von DKV. Beim internen Betrug ist der legitime Nutzer der Karte involviert. "Der Fahrer füllt beispielsweise neben dem FahrzeugTank zusätzlich Kanister auf, um den Kraftstoff weiterzuverkaufen", führt er das wohl naheliegendste Beispiel auf. Zwei externe Betrugsmaschen sind das Skimming oder Card Swapping. Beim Skimming manipulieren Betrüger das Karten-Lesegerät an Tankstellen, ziehen während des Bezahlvorgangs die Daten von der Karte und kopieren diese anschließend auf Blankokarten. Beim Card Swapping wird eine gestohlene Karte im Zuge eines Einbruchs in ein Fahrzeug gegen die sich darin befindliche Karte des gleichen Kartenherausgebers ausgetauscht. "Da das Opfer auf den ersten Blick nicht bemerkt, dass er nun die (gesperrte) Karte eines anderen Kunden im Fahrzeug hat, gewinnt der Betrüger Zeit, die originale Karte zu verwenden, da der Betrug erst später auffällt", sagt Naumer. Um Betrug vorzubeugen, sei es daher wichtig, in jedem Fall Karte und PIN getrennt voneinander aufzubewahren. "Das klingt selbstverständlich, ist es aber oftmals, gerade im Tankkarten-Umfeld, nicht", weiß Naumer. Darüber hinaus sollten Karten allgemein nicht in einem unbewachten Fahrzeug aufbewahrt werden. Sollte eine Karte abhandenkommen, sollte man den Verlust sofort melden. "Tankkarte und PIN getrennt voneinander aufzubewahren, klingt selbstverständlich, ist es aber im Tankkarten-Umfeld oftmals nicht." - MARKUS NAUMER, Head of Payment Competence Center DKV Mobility Digital ist sicherer Die Tankkarten-Anbieter tun natürlich viel, um Missbrauch und Betrug von vornherein zu erschweren. Zusätzliche Sicherheit bieten digitale Angebote wie etwa DKV Live, mit dem sich überprüfen lässt, wann und wie viel Kraftstoff getankt wird. "Alle Tankvorgänge werden automatisch erfasst und können mit den Verbrauchsdaten der Fahrzeuge abgeglichen werden. Verdächtige Tankvorgänge werden sofort automatisch gemeldet", betont Naumer. Zusätzlich würden in Abstimmung mit dem Kunden individuelle Verbrauchs-limits eingerichtet. "Sobald diese Limits erreicht sind, wird die Karte automatisch gesperrt. Parallel dazu überprüfen wir täglich die Transaktionsdaten auf Plausibilität", erläutert der DKV-Vertreter. Darüber hinaus bietet der Mobilitätsdienstleister eine On-/Off-Funktionalität an, bei der die Karte grundsätzlich deaktiviert ist und durch den Fahrer temporär über die DKV Mobility App für den Tankvorgang freigeschaltet werden kann. Apropos Digitalisierung: Ein Mehr an Sicherheit versprechen digitale Tankkarten, die es ermöglichen, den Tankvorgang per App abzuwickeln. "Durch die digitale Tankkarte - bei uns heißt sie UTA EasyFuel - haben einige Risiken tatsächlich an Bedeutung verloren - wie beispielsweise Kartendiebstahl oder Skimming, also der Diebstahl von Kartendaten", berichtet Steffen Glaab von UTA. Bei UTA EasyFuel wurde demnach eine Reihe von Sicherheitsvorkehrungen implementiert, beginnend bei der Registrierung und Freischaltung von Nutzern für die App bis hin zum Zugang zur App bei der Transaktionsabwicklung. "Und bevor diese Sicherheitsvorkehrungen zum Greifen kommen, müssten Kriminelle zunächst erst einmal Zugriff auf das betreffende Smartphone erlangen", betont Glaab. Es handele sich hierbei also um einen mehrstufigen Schutzmechanismus. "Außerdem können sich unsere Kunden darauf verlassen, dass wir alle Transaktionen, die per App erfolgen, genauso sorgfältig monitoren, wie wir das bei Transaktionen via Plastikkarte tun", betont der UTA-Sicherheitsexperte. Naumer von DKV verweist auf die zusätzliche biometrische Authentifizierung bei der Funktion APP&GO innerhalb der DKV Mobility App, da der Tankvorgang in der App via Face-ID oder Finger-abdruck bestätigt werden muss. Offenbar greifen derlei Sicherheitsfeatures: Weder Glaab von UTA noch Naumer von DKV sind Fälle von Tank-karten-Betrug im Zusammenhang mit der digitalen Tankkarte bekannt. Tipps gegen Tankkarten-Betrug Für Fahrer: - Bewahren Sie die Tankkarten-PIN niemals im Fahrzeug oder gemeinsam mit der Tankkarte auf - Geben Sie Ihre Tankkarte beim Bezahlen nicht aus der Hand und achten Sie darauf, dass Sie bei der PIN-Eingabe nicht beobachtet werden - Achten Sie insbesondere an Tanksäulen mit Zahlungsterminal auf Manipulationsversuche wie Aufsätze am Kartenschacht Für Flottenmanager: - Nutzen Sie Präventionstools Ihres Tankkarten-Anbieters wie die Einrichtung von Transaktionslimits und/oder Nutzungseinschränkungen - Klären Sie das Fahrpersonal darüber auf, dass Tankkarten-Missbrauch kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat ist, die nicht nur zum Verlust des Arbeitsplatzes, sondern auch zu strafrechtlicher Verfolgung führen kann - Überprüfen Sie zeitnah alle Transaktionen und melden Sie Unregelmäßigkeiten sofort Ihrem Tankkarten-Anbieter - Erstatten Sie im Betrugsfall Anzeige bei der Polizei

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