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Schwefelobergrenzen: Verlierer sind die Häfen, die Reedereien und das Klima

22.07.2011 16:25 Uhr
Schwefelobergrenzen: Verlierer sind die Häfen, die Reedereien und das Klima
Gerade die Fährverkehre in der Ost- und Nordsee könnten durch den zwar saubereren, aber viel teureren Schiffstreibstoff Transportvolumen verlieren
© Foto: VR/Eckhard Herbert Arndt

Deutsche Häfen fordern einen zeitlichen Aufschub für die neuen Schwefelobergrenzen für Schiffstreibstoff

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Hamburg/Zoetermeer. Die Bundesregierung musst jetzt schnell zur Tat schreiten, um die jetzt schon erwarteten negativen wirtschaftlichen Folgen der neuen, ab 1.Januar 2015 vorgeschriebenen Treibstoffqualitäten für die Schifffahrt und die Häfen in Ost- und Nordsee sowie dem Ärmelkanal abzumildern. Dafür spricht sich der Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) in Hamburg aus. Er reagiert damit auf einen jetzt vorgelegten Vorschlag der EU-Kommission, wie die auf IMO-Ebene verbindlich festgelegten neuen Grenzwerte für Schiffstreibstoff ab 2015 in EU-Recht umgesetzt werden können. Kritische Töne kommen auch aus den Niederlanden.

Dann dürfen Schiffe, die in den genannten europäischen Seegebieten unterwegs sind, nur noch Treibstoff mit einem Schwefelanteil von 0,1 Prozent einsetzen. Gegenwärtig fahren die Schiffe mit dem bereits weltweit niedrigsten Schwefelanteil von 1,5 Prozent. In anderen Seegebieten, so auch in den EU-Einzugsbereich fallenden Mittelmeer und Schwarzen Meer, gelten derzeit 4,5 Prozent.

„Die neuen Bestimmungen stellen für Reeder und Häfen gleichermaßen eine erhebliche Herausforderung dar", sagte Martin Kröger, ZDS-Geschäftsführer. Zwar sei die Absicht, mit dieser Maßnahme das Schiff noch umweltfreundlicher zu machen, für sich genommen zu begrüßen. Auf der anderen Seite übersehe der Verband aber auch nicht die wiederholt angeführten Bedenken der Reeder und der Häfen.

Dass die neuen Obergrenzen Folgen haben werden, räumt die EU-Kommission schon jetzt ein. Vor allem wird der neue Treibstoff wesentlich teurer als jetzt verfügbare. Damit wird sich auch und gerade der Kurzstreckenseeverkehr, zu dem auch die Fährverkehre gehören, erheblich verteuern. Das wiederum könnte nach sich ziehen, dass Ladungsmengen, die heute per Schiff transportiert werden, auf den Lkw abwandern. Auch geographische Verkehrsmengen-Verlagerungen sind denkbar, weil beispielsweise die für das Mittelmeer vorgeschriebenen Treibstoffqualitäten erst ab 2020 noch einen Schwefelanteil von 0,5 Prozent aufweisen dürfen. Das ist immer noch „schlechter" als die 0,1 Prozent, die ab 2015 in Ost- und Nordsee sowie dem Ärmelkanal gelten sollen.

Die EU-Kommission spricht sich daher dafür aus, dass die Mitgliedsstaaten „geeignete Lösungen" finden sollen, um die – möglichen – negativen Folgen abzumildern. Vor allem eine drohende Verkehrsmengen-Rückverlagerung will die EU-Kommission vermeiden.

Für den ZDS „drängt die Zeit". Ob es bis dahin gelingt, solche Lösungen zu finden. Dazu gehört auch die Einführung von alternativen Treibstoffen wie LNG. Dafür steht beispielsweise noch gar keine flächendeckende Versorgungsinfrastruktur zur Verfügung. Aufgrund des größeren Gefährdungspotenzials dieses Treibstoffes müssen noch entsprechende Vorschriften geschrieben und international rechtsverbindlich auf den Weg gebracht werden. Bis dahin halten sich die Reeder mit entsprechenden Investitionen noch zurück. Wichtig ist für den ZDS auch, dass der Bund die Suche nach Lösungen über entsprechende nationale Pilot-und Förderprogramme aktiv begleitet.

Eine gewisse Entspannung könnte bereits erreicht werden, wenn sich die EU-Kommission dazu durchringt, dass der neue Schwefelgrenzwert für die Bestandflotte in allen EU-Meeren erst ab 2020 wirksam wird. Zeit, die dann ausreichen dürfte, um Lösungen zu entwickeln und auch im großen Stile einzuführen. Dass dieser Aufschub nicht zu viel verlangt ist, zeigt sich für den ZDS beim Passagierschiff-Linienverkehr. Hier will die EU-Kommission sehr wohl erreichen, dass für diesen Teil der Schifffahrt die neuen Schwefelgrenzwerte erst ab 2020 gelten.

Niederländer erteilen Vorschlägen Abfuhr

Eine klare Abfuhr bekommen die neuen Schwefelobergrenzen vom niederländischen Verlader- und Logistik-Verband EVO aus Zoetermeer bei Den Haag. Die Maßnahme werde dem Klimaschutz nicht dienen, sondern, als Folge von Verkehrs-Rückverlagerungen und geographischen Umverteilungen, eher unterlaufen. Geschädigt würden aus EVO-Sicht vor allem die Häfen in Nordwesteuropa, weil sie absehbar Marktanteile und Umschlagmengen verlieren werden.

Um Zeit zu gewinnen, sollten die 0,1 Prozent Schwefelanteil nicht 2015, sondern erst ab 2020 gelten. Das könnte die maritime Wirtschaft in die Lage versetzen, entsprechende Anpassungen in Ruhe vorzunehmen, so der EVO. (eha) 

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