Recht verständlich

Recht verständlichAm 25. April 2008 gab auch der Bundesrat grünes Licht: Die Pflegereform tritt zum 1. Juli 2008 in Kraft. Und mit ihr ein neues Pflegezeitgesetz.Freizeit zur PflegeWen geht es an? Arbeitnehmer und ArbeitgeberDie "publikumswirksamen" Neuerungen der Pflegereform: Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung steigt von 1,70 auf 1,95 Prozent (bei Kinderlosen über 23 Jahren von 1,95 auf 2,20 Prozent); in Sachsen gelten Abweichungen. Die finanzielle Unterstützung häuslicher und stationärer Pflegehilfe wird in allen Pflegestufen bis 2012 schrittweise angehoben.Es gibt zwei Formen der PflegeEher unbeachtet im Windschatten der Reform enstand das Pflegezeitgesetz. Es soll Beschäftigten ermöglichen, pflegebedürftige nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen. Es gibt zwei Arten: die kurzzeitige Arbeitsverhinderung und die Pflegezeit.Bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung haben Beschäftigte das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akuten Pflegesituation zu pflegen. Das gilt regelmäßig nur einmal je pflegebedürftigen Angehörigen. Das Recht ist unabhängig von der Betriebsgröße, gilt also auch in Kleinbetrieben mit wenigen Beschäftigten. Der Arbeitnehmer muss seinen Arbeitsausfall und dessen Dauer unverzüglich mitteilen. Sein Chef kann verlangen, dass er eine ärztliche Bescheinigung über den akuten Pflegefall und die Notwendigkeit der Pflege nachreicht. Er ist zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich dies aus gesetzlichen Vorschriften ergibt, etwa aus Paragraf 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach bei kurzfristigem Ausfall des Arbeitnehmers das Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist; hier ist aber gegebenenfalls auf Regelungen im Tarifvertrag zu achten.Die zweite neue Form betrifft die Pflegezeit. Der Freistellungsanspruch beträgt bis zu sechs Monaten – jedoch nur in Unternehmen mit regelmäßig mehr als 15 Beschäftigten. Auch dieser Anspruch erfordert, dass der nahe Angehörige in einer Pflegesituation im häuslichen Umfeld gepflegt wird. Die Inanspruchnahme der Pflegezeit ist unabhängig von der Zustimmung des Arbeitgebers. Dieser kann sich also nicht dagegen wehren. Der Mitarbeiter muss den Wunsch nach Pflegezeit spätestens zehn Tage vor Beginn schriftlich ankündigen und mitteilen, wie lange und in welchem Umfang sie erfolgen soll. Er kann auch teilweise Freistellung verlangen. Auch muss er die Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe) des Angehörigen dem Arbeitgeber durch Bescheinigung der Pflegekasse oder des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachweisen. Die Pflegezeit ist stets unbezahlt. Grundsätzlich kann ein pflegender Mitarbeiter die Pflegezeit vorzeitig nur mit Zustimmung des Arbeitgebers beenden. Ausnahme: Tod der gepflegten Person oder Aufnahme in stationäre Pflegeeinrichtung. Hier gilt eine Übergangsfrist von vier Wochen. Es gilt ein besonderer KündigungsschutzWer gilt als naher Angehöriger? Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, gleichgeschlechtliche Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, Geschwister, Kinder (eigene oder des Ehegatten oder Adoptivkinder) und Enkelkinder.Neu ist auch ein besonderer Kündigungsschutz: Es besteht ein Verbot des Arbeitgebers, Kündigungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Freistellungsansprüche (kurzzeitige Arbeitsverhinderung und Pflegezeit) auszusprechen. ❙❚■ Klaus Krohn, freier Journalist

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