Neuer Volvo FH Aero im Lkw-Test der VR

Das darf man als Kampfansage werten, vor allem in Richtung Eindhoven. Denn der dort ansässige Hersteller DAF steht ab sofort nicht mehr allein. Waren die Niederländer die ersten, die die neuen Längenvorschriften der EU ausnutzten und ihren Lkw-Fronten eine "Nase" verordneten, zieht Volvo Trucks nun nach. Dafür verpassten die Göteborger der bestehenden FH-Basis eine exakt 23,9 Zentimeter nach vorn verlängerte Frontpartie, die dank entsprechender Rundung für beste Aerodynamik sorgen soll. Und die dem "FH Aero" genannten Modell unserer Meinung nach bestens steht, auch, weil das berühmte "Iron-Mark"-Logo endlich wieder dort platziert ist, wo es hingehört: innerhalb des Kühlergrills! Im Hinblick auf bevorstehende CO2-Emissionsgrenzen wichtiger: Im Vergleich zum FH ohne Frontverlängerung, der mit leichten Modifizierungen im Programm bleibt, soll das neue Fernverkehrsmodell um bis zu fünf Prozent sparsamer mit dem wertvollen Kraftstoff umgehen. Der kann sowohl Diesel als auch aus Erdgas/Biogas oder Strom sein, denn der Aero steht für alle bestehenden Antriebsarten des Volvo-Programms bereit. Großer Anteil an der Windschlüpfigkeit wird auch dem neuen kamerabasierten Spiegelersatzsystem zuteil. Das schraubt Volvo Trucks serienmäßig an den FH Aero, an die normalen FH-Versionen (wie auch FM und FMX) dagegen optional. Im Gegenzug bekommen gegen diese Technik skeptisch eingestellte Kunden ihren Aero auf Wunsch auch mit herkömmlicher Bespiegelung, was die Volvo-Verantwortlichen allerdings ebenso wenig empfehlen wie die Möglichkeit, sich für bessere Optik eine Sonnenblende in den Fahrtwind zu hängen. Digitalisierte Hauptspiegel Tatsächlich dürfte das Teil am Aero-Volvo fehl am Platz wirken. Anders das Kamerasystem, das mit bekannten Funktionen wie beispielsweise der hilfreichen Anhängerverfolgung punktet. Eventuell zu einem späteren Zeitpunkt nachholen will Volvo noch die Digitalisierung des Rampen- und Frontspiegels, die jetzt noch im Fahrtwind hängen. Ähnlich wie die Wettbewerber Mercedes-Benz und Iveco versichern aber auch die Volvo-Aerodynamiker, dass dadurch kaum ein Einfluss auf den Windwiderstand entsteht. Zu den Besten gehört das Volvo-System in der Disziplin Bildqualität, übrigens vor allem bei Dunkelheit. Denn hier sorgt die anwählbare Infrarotfunktion beim Rangieren für erstaunlich helle Darstellung auf dem auf der Fahrerseite zwölf und auf der weiter entfernten Beifahrerseite 15 Zoll großen Display. Eine Ungereimtheit findet sich aber beim Rückwärtsfahren. Im Normalmodus verzichtet das Volvo-System nämlich auf die volle Sensorbreite der Kameras. Muss man um scharfe Kurven reversieren, verschwindet das Aufliegerheck schnell aus dem Blickfeld - ähnlich wie bei analogen Spiegeln. Zwar lässt sich die Sensorbreite über Tasten in der Türbrüstung in zwei Stufen erweitern, das während anspruchsvollen Manövern tun zu müssen, ist aber wenig praxistauglich. Zumal man das auch noch für rechts und links getrennt erledigen muss. Das automatische Umschalten auf die volle Sensorbreite beim Einlegen des Rückwärtsgangs, wäre nach unserer Meinung die bessere Lösung. Apropos bessere Lösung: Wir empfehlen den Volvo-Leuten zusätzlich einen Blick auf die Vorhänge des Mercedes-Benz. Die gestaltet man in Wörth am Rhein nämlich so, dass sie die Displays elegant aussparen. So lässt sich in der Standzeit ein prüfender Blick auf die Displays werfen, beispielsweise, wenn man verdächtige Geräusche von Unbefugten vernimmt. Diese Funktion bewirbt auch Volvo Trucks, allerdings verlaufen die Führungsschienen vor den Bildschirmen und verdecken diese somit. Man müsste sie also umständlich über die Displays heben, das Endergebnis sieht wenig schön aus und es verbleiben mit dieser Technik Lichteinfalllücken, die vor allem Tagschläfer ärgern werden. Innen mit leichten Änderungen Der Zorn dürfte beim Fahren schnell verfliegen, denn der FH bleibt seinen Tugenden in der Aero-Version treu - beziehungsweise soll sie sogar weiter steigern. Wegen der Top-Aerodynamik und der fehlenden Spiegelgehäuse verspricht Volvo nämlich eine nochmals leisere Geräuschkulisse, was wir bei den ersten eher gemächlichen Testfahrten über das Volvo-Testgelände in Göteborg aber noch nicht überprüfen konnten. Ansonsten bekommt man hinter dem Lenkrad wenig davon mit, dass man im Aero sitzt, denn die angesprochene Verlängerung bezieht sich auf den Bereich unterhalb der Frontscheibe. Einzig das veränderte Logo auf dem Lenkrad verrät den Volvo als Vertreter der jüngsten FH-Generation, erst später fallen die weiteren Verbesserungen auf, wie der wirklich einen super Sound liefernde neue Subwoofer, das nun nach eigenen Wünschen konfigurierbare Display in der Mittelkonsole oder die leistungsstärkeren USB-C-Buchsen. Weitaus mehr dürfte manchem Langstreckenprofi die Aussicht auf mehr Lebensraum erfreuen. Die steht in Form der Globetrotter-XXL-Kabine zur Verfügung, die um 25 Zentimeter nach hinten verlängert ist und ein entsprechend breiteres und 140 Millimeter längeres Bett zur Folge hat. Diese Kabine bot der Hersteller zwar auch im Vorfeld schon an, aufgrund der Nase vorne darf der XXL-Volvo nun aber auch legal vor 13,6 Meter lange Standardtrailer eingespannt werden. Ein Komfortzuwachs, in den vor allem Eigner des FH16-Topmodells investieren dürften? Wobei die Bezeichnung eigentlich nicht mehr passend ist, denn Volvo Trucks machte auch hier Nägel mit Köpfen und entwickelte einen komplett neuen Reihensechszylinder mit nicht weniger als 17,3 Litern Hubraum! Das per Singleturbo aufgeladene Aggregat entstammt den Reihen der Volvo-Tochter Penta und kommt dort als Industrie- und Schiffsmotor zum Einsatz. Bis zu 3800 Nm Drehmoment Und ab sofort auch im FH, wo es Thors Hammer nachhaltig schwenkt. In der Topeinstellung entstehen brachiale 780 Pferdestärken und aberwitzige 3800 Newtonmeter Drehmoment, die sich eigentlich nur bei Schwerstanwendungen einigermaßen sinnvoll einsetzen lassen. So wie beim langen Schwedenzug mit zwei per Dolly hintereinandergekoppelten Sattelaufliegern, den wir im Rahmen der ersten Testfahrten bewegen durften. Die 64 Tonnen des 34 Meter langen Lastzuges bewältigt der 780er ohne merklichen Stress, selbst an Steigungen beschleunigt der laut Hersteller zum alten FH16-Motor übrigens um 60 Kilo leichtere D17 munter durch. Was der Topmotor übrigens ebenfalls liefert: Er holte die Leistungskrone aus Södertälje (770 PS lieferte bislang der Marktbegleiter Scania) zurück nach Westschweden - als weitere Kampfansage eben. Motoren Diesel Erdgas/ Biogas D13 420Leistung: 420 PS (309 kW) bei 1404-1700/min max. Drehmoment: 2100 Nm bei 905-1400/min G13 420Leistung: 420 PS (309 kW) bei 1600-1700/min max. Drehmoment: 2100 Nm bei 905-1400/min D13 420 I-SaveLeistung: 420 PS (309 kW) bei 1230-1600/min max. Drehmoment: 2400 Nm bei 900-1230/min G13 460Leistung: 460 PS (338 kW) bei 1600-1700/min max. Drehmoment: 2300 Nm bei 950-1400/min D13 460Leistung: 460 PS (338 kW) bei 1404-1700/min max. Drehmoment: 2300 Nm bei 945-1400/min G13 500Leistung: 500 PS (368 kW) bei 1600-1700/min max. Drehmoment: 2500 Nm bei 980-1400/min D13 460 I-SaveLeistung: 460 PS (338 kW) bei 1240-1600/min max. Drehmoment: 2600 Nm bei 900-1240/min FH16 D13 500Leistung: 500 PS (368 kW) bei 1404-1700/min max. Drehmoment: 2500 Nm bei 980-1400/min D17 600Leistung: 600 PS (441 kW) bei 1500-1700/min max. Drehmoment: 3000 Nm bei 900-1400/min D13 500 I-SaveLeistung: 500 PS (368 kW) bei 1250-1600/min max. Drehmoment: 2800 Nm bei 900-1250/min D17 700Leistung: 700 PS (515 kW) bei 1600-1700/min max. Drehmoment: 3400 Nm bei 950-1400/min D13 540Leistung: 540 PS (397 kW) bei 1458-1700/min max. Drehmoment: 2600 Nm bei 1000-1400/min D17 780Leistung: 780 PS (574 kW) bei 1700/min max. Drehmoment: 3800 Nm bei 1000-1400/min Quelle: Volvo Trucks

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