Nationale Hafenstrategie: Ohne Tiefgang?

Man gibt sich in Berlin anscheinend alle Mühe, die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einzuhalten. Nach der Einführung der CO2-Maut und der Teil-Legalisierung von Cannabis folgte nun gleich das nächste Go für ein Thema: Mitte März wurde die Nationale Hafenstrategie vorgestellt. Das knapp 70 Seiten starke Papier hat als Ziel, die deutschen See- und Binnenhäfen zukunftssicher und moderner zu gestalten. Sie seien, so heißt es gleich zu Beginn der Ausführungen, "eine wichtige Grundlage und notwendige Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg, Sicherheit, die erfolgreiche Umsetzung der nationalen Energie- und Klimaziele und den allgemeinen Wohlstand in Deutschland". Zeitgleich setzt die Strategie mehrere Zielmarken, welche die Häfen der Zukunft prägen sollen - darunter wettbewerbsrelevante Themen, aber auch umweltfreundliche Aspekte. Im Fokus stehen vor allem die bessere Vernetzung der Häfen, die umweltfreundliche Transformation und die Digitalisierung (siehe dazu auch Kasten rechts oben). 139 Maßnahmen Geclustert in die verschiedenen Teilbereiche, listet die Nationale Hafenstrategie 139 konkrete Ziele auf, die je nach Zuständigkeit auf Bundes-, Länder- oder EU-Ebene anzugreifen sind. Einige der Punkte sind mit dem Attribut "ab sofort" versehen - etwa die Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für den Straßenvor- und -nachlauf oder Investitionen in Häfen für Service und Wartung von Offshore-Windanlagen. Andere Ziele, zum Beispiel der Aufbau einer Import-Infrastruktur für Wasserstoff, sind als fortlaufende - sprich langfristige Ziele - eingeordnet. "Die vielen unterschiedlichen Interessen der einzelnen Häfen, Umwelt- und Wirtschaftsverbände unter einen Hut zu bringen, war eine große Aufgabe", gab Bundesverkehrsminister Volker Wissing nach der Verabschiedung der Strategie zu Protokoll. Dennoch bezeichnet der FDP-Politiker das Ergebnis als "überzeugend". Das große Aber Wer die Vielzahl der Branchenstatements zur Nationalen Hafenstrategie liest, erkennt eine Gemeinsamkeit: "Die wohlformulierten Ziele des Bundes müssen auch mit einem Finanzierungskonzept unterlegt werden", fordert etwa DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Mit den derzeitigen Mitteln für den Hafenlastenausgleich von knapp 40 Millionen Euro für alle deutschen Häfen komme der Bund seiner finanziellen Verantwortung für ein nationales Interesse jedenfalls nicht nach, kritisiert der Verbandsvertreter. Wieder einmal kommt also die Frage nach den Verantwortlichkeiten für die Finanzierung auf. Der Bund kann zwar eine übergeordnete Strategie festlegen, die Hoheit über die jeweiligen Häfen - und damit auch die unmittelbare finanzielle Last - haben aber in der Regel die Länder. Bundesverkehrsminister Wissing machte auch wenig Hoffnung, dass die Ziele sofort mit finanziellen Mitteln des Bundes angegriffen werden: "Erst der Plan, dann das Geld", sagte er wörtlich. Dennoch stehe der Bund zur gemeinsamen Verantwortung und damit auch der angemessenen finanziellen Beteiligung an den Kosten der Länder. Diese lose Zusage geht vielen aber nicht weit genug. So sagte der Bremer Bürgermeister, Andreas Bovenschulte (SPD), gegenüber dem Regionalmagazin "buten un binnen": "Ein bisschen vermittelt das den Eindruck, dass man sagt: Wir haben zwar eine Nationale Hafenstrategie, aber letztlich müssen die Länder sehen, wie sie klarkommen." Finanzielle Zusagen fordern auch der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) und der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB), die beide die Vermutung äußern, dass der Bundesregierung "nach einem starken Antritt die Puste ausgegangen" sei. Ihr Vorschlag ist ein übergreifendes Förderprogramm von Bund und Ländern für die Sanierung und die Ausweitung wasserseitiger Infrastrukturen. Strategie ohne Rückenwind? Immerhin: Kurz nach der Verabschiedung der Strategie trudelte die Nachricht ein, dass sich der Bund am millionenschweren Ausbau des Hafens in Cuxhaven beteiligen wird. 300 Millionen kommen vom Bund, Niedersachsen und die Hafenwirtschaft steuern nochmals 100 Millionen dazu. Das ist ein Signal - mehr aber auch noch nicht. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die Bundesregierung ihre hehren Ziele der Nationalen Hafenstrategie wirklich ernst meint - oder ob es tatsächlich nur darum ging, einen weiteren Punkt aus der koalitionseigenen To-do-Liste zu streichen. Die Ziele der Nationalen Hafenstrategie Die Wettbewerbsfähigkeit des Hafenstandorts Deutschland stärken Die Energiewende in Häfen und Schifffahrt vorantreiben und Drehkreuze für die Verkehrsverlagerung entwickeln Digitale Transformation Ausbildung und Beschäftigung heute sichern und zukunftsfähig gestalten Verkehrs- und Kommunikations-Infrastruktur bedarfs-gerecht erhalten, ausbauen und schützen

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