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Nach 120 Jahren steht der Hamburger Freihafen vor dem Aus

28.04.2008 16:19 Uhr

Traditionsbewussten Hanseaten blutet das Herz. Der Hamburger Freihafen, eine Institution seit 120 Jahren, wird in den nächsten Monaten vollständig oder zumindest weitgehend abgeschafft.

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Hamburg. Wenn der neue schwarz-grüne Senat im Amt ist, wird er die jahrelange Debatte um die Vor- und Nachteile des Freihafens mit einer Entscheidung beenden. „Die Koalitionspartner streben an, die Hamburger Freizone aufzulösen“, heißt es im Koalitionsvertrag. Ein Hintertürchen bleibt offen: Sollte die Einrichtung einer deutlich verkleinerten Freizone „geboten erscheinen“, etwa wegen der „berechtigten Interessen wichtiger Wirtschaftsbeteiligter“, so sollen vor einer Senatsentscheidung noch einmal Gespräche geführt werden. Was einstmals ein kostbares Privileg war, der zoll- und steuerfreie Umschlag von Waren im größten Teil des Hamburger Hamburger Hafens, erweist sich für die Hafenwirtschaft als zunehmend hinderlich. Mit dem Wegfall der Zollgrenzen innerhalb der Europäischen Union entwickelte sich die Freizone zu einem Anachronismus. Die einzigen Zollschranken in der EU sind heute die Umzäunungen von Freihäfen. Rund zwei Drittel der Waren, die im Hafen umgeschlagen werden, sind jedoch EU-Handelsgüter. Damit bedeutet der Freihafen nicht weniger, sondern mehr Bürokratie, weil zwei unterschiedliche Zollsysteme im Hamburger Hafen gelten. „Die historischen Vorteile sind weggefallen“, sagt der Hamburger Zoll-Sprecher Arnes Petrick. „Die Idee war ja, dass Waren auch über lange Zeiträume im Freihafen lagern können.“ Doch das hat mit der heutigen Realität des Welthandels nichts mehr zu tun. Was für Teppiche, Rohstoffe oder Gewürze vor einigen Jahrzehnten noch gelten mochte, ist heute für Elektronik, Kleidung oder Spielzeug nicht mehr denkbar. Die Waren müssen so schnell wie möglich in die Läden und bleiben im Durchschnitt nur zwei Tage im Hafen. Die Zollkontrollen an den Freihafengrenzen sind da nur hinderlich, und bremsen den Verkehrs- und Güterfluss. „Die Bedürfnisse haben sich schon allein durch die Handelsgeschwindigkeit geändert“, sagt Petrick. Im nächsten Jahr gelten nochmals andere und verschärfte Zollregeln, die von den US-Amerikanern nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 international durchgesetzt wurden. Jedes Schiff muss nun schon Tage vor seiner Ankunft in einem Hafen seine Ladung an den Zoll melden; die Kontrollen verlagern sich zunehmend auf die Container-Terminals. Insgesamt wird der EU-Zollkodex so verändert, dass Freizone und Seezollhafen rechtlich weitgehend gleich gestellt werden. Damit werden zwei parallele Zollsysteme immer unwirtschaftlicher. „Eine Aufhebung der Freizone würde für viele Unternehmen zu Kostensenkungen bei der Zollabwicklung beitragen“, sagt Knut Heykena vom Unternehmensverband Hafen Hamburg. Doch es gibt auch Widerstand gegen das Ende des Freihafens, der vor allem von Quartiersleuten und Lagereibetrieben organisiert wird. „Die Abfertigung auf den Container-Terminals kann das Grundproblem des erhöhten Güter- und Verkehrsaufkommens für den Zoll nicht beseitigen“, sagt Michael Bruhns von der „Initiative Pro Freihafen Hamburg“. Er befürchtet „verheerende Folgen“, sollte die Freizone aufgehoben oder verkleinert werden – nicht nur für die Zukunft der Freihafenbetriebe, sondern auch für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens.

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