Lieferkettengesetz: Kleinere Transportbetriebe betroffen

In Kürze Seit 1. Januar 2023 gilt hierzulande das Lieferketten-gesetz. Was vielen nicht bewusst ist: Das neue Gesetz hat auch empfindliche Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Auftraggeber ihre Transportpartner auszuwählen haben, um die neuen Pflichten einzuhalten. Seit Anfang des Jahres ist das Lieferkettengesetz (LkSG) in Kraft. Es gilt in Deutschland für Unternehmen mit mindestens 3000 Angestellten und ab 1. Januar 2024 auch für Betriebe mit mindestens 1000 Mitarbeitern. Firmen sind dadurch verpflichtet, sich systematisch mit den menschenrechtlichen Risiken in ihren Lieferketten auseinanderzusetzen und möglichen Missständen durch Präventions- und Abhilfemaßnahmen angemessen zu begegnen. Aufwendig und teuer Was vielen nicht bewusst ist: Das neue Gesetz hat zum Beispiel auch empfindliche Auswirkungen darauf, wie Auftraggeber ihre Transportpartner auszuwählen haben. Das Gesetz spricht hier von "eigenständiger Risikoanalyse", zu der Auftraggeber verpflichtet sind, wenn sie zum Beispiel Frachtführer einsetzen. Auch der Spotmarkt, also Adhoc-Beziehungen, die etwa über Frachtenbörsen übermittelt werden, ist vom LkSG betroffen. Darauf verweist Martina Farkas, Partnerin der Anwaltssozietät Linklaters LLP in Hamburg (siehe S. 20). "Auf dem Papier betrifft also das LkSG zwar nur die großen Unternehmen. In der Praxis schlägt das Gesetz aber zunehmend auch auf kleinere und mittlere Betriebe durch", sagt Christoph Dahlmann, Firmenchef der Spedition A.L.S. in Arnsberg mit 35 Mitarbeitern. So höre er schon von Branchenkollegen, dass große Speditionen diese Lieferklauseln vorlegen, mit denen sie ihre eingesetzten Frachtführer in die Pflicht nehmen, konform mit dem LkSG zu arbeiten. "Richtig ist das ja", sagt er. "Aber wie soll ein kleinerer Betrieb von hier aus überprüfen, ob sein Partner in China alle Kriterien erfüllt? Das bereitet viel Aufwand und kostet Zeit, und Zeit ist Geld, also Manpower." Irgendwann werde das zu teuer. "Und dann ist man gegenüber Kollegen, die die genannten Punkte noch nicht berücksichtigen, klar im Wettbewerbsnachteil." Nach welchen Kriterien aufgrund des LkSG wählen Auftraggeber ihre Transportpartner nun konkret aus - Stichwort Risikoanalyse? Und welche Anforderungen stellen sie im Zuge dessen an diese? Dazu kann Markus Olligschläger, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL), zum jetzigen Zeitpunkt noch keine sichere Auskunft geben. Noch sei das LkSG in den Firmen nicht wirklich angekommen, sagt er. Das würden auch Umfragen zu diesem Thema belegen. Ein Grund dafür: dass das Gesetz recht schwammig formuliert sei, was die Umsetzung betreffe, wie Olligschläger aus Gesprächen weiß. "Die Unternehmen fühlen sich hier ein gutes Stück vom Gesetzgeber allein gelassen, wie sie das Regelwerk konkret in die Praxis umsetzen sollen." Konkrete Einblicke in das LkSG und die damit einhergehenden Verpflichtungen für die Unternehmen bringt Juristin Martina Farkas. Das LkSG unterscheide grundsätzlich zwischen "unmittelbaren Zulieferern" und "mittelbaren Zulieferern", erklärt sie. Ein Unterschied, der wichtig ist, weil betroffene Unternehmen (im Folgenden Auftraggeber genannt) in Bezug auf ihre unmittelbaren Zulieferer (etwa Frachtführer) größere Verpflichtungen einhalten müssen als in Bezug ihren mittelbaren Zulieferern. Unmittelbarer Zulieferer sei nach dem LkSG ein Vertragspartner über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Services; also etwa der Transportbetrieb, den der Auftraggeber vertraglich mit der Transportabwicklung beauftragt hat. Für diesen müsse der Auftraggeber nach dem LkSG im Zuge einer Risikoanalyse proaktiv ermitteln, ob das Risiko bestehe, dass dieser möglicherweise Menschen- oder Umweltrechtsverletzungen begehe, und versuchen, diese drohende oder schon eingetretene Verletzung durch geeignete Maßnahmen zu verhindern. Selbstauskunft ersetzt nicht Risikoanalyse Mittelbarer Zulieferer ist laut Farkas jeder Lieferant oder Dienstleister, der keinen unmittelbaren Zulieferer darstellt, dessen Beitrag für die Herstellung des jeweiligen Produktes indes nötig sei. Das könne zum Beispiel der Unterfrachtführer des Vertragspartners, also des unmittelbaren Zulieferers, sein. In diesem Fall müsse der Auftraggeber die Risiken nur konkret analysieren und Maßnahmen einleiten, wenn es dazu einen Anlass gebe - er etwa durch Behörden von einem Verstoß gegen Menschen- oder Umweltrecht erfahre. Die Unterscheidung zwischen mittelbarem und unmittelbarem Zulieferer ist innerhalb des LkSG von essenzieller Bedeutung, betont Farkas, weil in Bezug auf die unmittelbaren Zulieferer strengere Pflichten aus dem LkSG gelten als in Bezug auf mittelbare. Die Risikoanalyse ist also in der Zusammenarbeit mit anderen Firmen stets der erste Schritt, den betroffene Betriebe gehen müssen. Diese könne ein Auftraggeber auch nicht komplett delegieren und sich ausschließlich auf Selbstauskünfte seines unmittelbaren Zulieferers berufen, betont die Juristin. Ein Auftraggeber müsse vielmehr jeden seiner Frachtführer, mit dem er vertragliche Beziehungen hat, einer spezifischen Risikoanalyse unterziehen. Problem: Es gebe hier keine standardisierte Vorgehensweise. Denn jeder Fall sei anders. Das LkSG gebe dabei das Prinzip der Angemessenheit vor, an dem sich die Firmen beim Ergreifen der jeweiligen Maßnahmen zu orientieren haben. So mache es einen Unterschied, ob ein Auftraggeber einen Frachtführer zum ersten Mal beauftragt, oder ob die beiden seit Jahren eng zusammenarbeiten. Bei einer Erst-Zusammenarbeit ist laut Farkas zum Beispiel eine Kontrolle vor Ort ratsam. Wichtig: Das LkSG erlegt den betroffenen Auftraggebern primär eine Sorgfaltspflicht (und damit verbundene Handlungspflichten), aber keine "Erfolgspflicht" auf, betont sie. Ein Unternehmen müsse dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle also vor allem nachweisen, dass es angemessene Bemühungen zur Erfüllung dieser Sorgfaltspflichten erbracht habe, etwa Audits. Die Firma werde nicht belangt, wenn es trotz der Sorgfaltsmaßnahmen zu Verstößen durch den unmittelbaren Zulieferer komme. Im Falle des Verstoßes müsse diese aber Abhilfemaßnahmen gegenüber ihrem Zulieferer ergreifen und könne diesen sanktionieren. LkSG: neue Pflichten Das Lieferkettengesetz erfordert von Auftraggebern neue Sorgfaltspflichten - insbesondere durch eine Risikoanalyse der Partner. Wichtige Antworten dazu vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gibt es in unserem Online-Profiportal VerkehrRundschau plus. eh www.verkehrsrundschau.de/plus/lksg Gilt das Lieferkettengesetz auch im Spotmarkt? Martina Farkas, Partnerin von Linklaters LLP Um Mengenschwankungen abzufedern, arbeiten viele Auftraggeber auch mit Subunternehmern, etwa im Spotmarkt, zusammen. Greifen da auch die Pflichten des Lieferkettengesetzes (LkSG)? Ja, der Spot-Markt ist vom LkSG erfasst. Ist dieser dann noch funktionsfähig? Der Spot-Markt ist dadurch nicht ausgestorben. Es müssen indes die im Artikel angesprochenen Maßnahmen ergriffen werden, die den bisherigen Ablauf des Spotmarktes verändern. Denkbar ist, dass zum Beispiel elektronische Frachtenbörsen eine sogenannte Vorab-Zertifizierung der Transsportbetriebe durchführen. Das heißt: Auf der Frachtenbörse werden nur die Firmen zugelassen, die sich an das LkSG halten. Sinnvoller sind aus meiner Sicht Qualitätssicherungs-Audits über bestimmte Monitoring-Systeme, die der Auftraggeber durchführt, wie man sie etwa aus der GPD-Praxis in der Pharmalogistik kennt. Gerade die Digitalisierung wird hier den Firmen helfen, dass sie den "Informationen-Overload" vermeiden. LkSG und Spotmarkt Wie sich das Lieferkettengesetz auf den Spotmarkt und das Sub-Sub-Subunternehmer-Modell auswirkt und welche Pflichten Auftraggeber und Transporteure haben, lesen Sie im kompletten Interview mit Martina Farkas, Partnerin der Anwaltssozietät Linklaters LLP. Zugreifen können Sie darauf in unserem Online-Profiportal VerkehrRundschau plus. eh www.verkehrsrundschau.de/plus/farkas-interview

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