„Temperaturgeführt“ bedeutet, dass die Temperatur während des gesamten Transports konstant überwacht und geregelt wird. Die EU schreibt dafür strenge Vorgaben vor – etwa die „Good Distribution Practice“ für Arzneimittel oder die Hygieneverordnung EG Nr. 852/2004 für Lebensmittel. In Deutschland kommen weitere Regelwerke hinzu, die eine lückenlose Dokumentation und teils sogar Kerntemperaturmessungen verlangen.
Technisch sind moderne Kühlfahrzeuge längst Hightech auf Rädern. Sensoren, Echtzeitüberwachung und digitale Managementsysteme sorgen dafür, dass keine Abweichung unbemerkt bleibt. Gleichzeitig setzen Hersteller auf neue Lösungen: Elektrische Kühlaggregate wie der „e-Reefer“ von TIP Group nutzen Solarpaneele und Energierückgewinnung, während Modelle wie der K.SRI C von Kässbohrer mit Leichtbauweise und Isoliertechnik für extreme Bedingungen gerüstet sind. Auch hybride Systeme wie das „Exigo Electric“ von Daikin versprechen Fortschritt – etwa durch Kompatibilität mit motorlosen Antrieben.
Elektrische Kühlsysteme und E-Lkw geraten wegen Gewicht und Reichweite an Grenzen
Doch die Technik hat ihren Preis. Ein typischer Kühlauflieger verbraucht zwischen zwei und fünf Liter Diesel pro Stunde – zusätzlich zum Lkw-Antrieb. Bei zehn Stunden Kühlbetrieb summiert sich das schnell auf 40 Liter extra. Das bedeutet: mehr CO₂, mehr Feinstaub, mehr Kosten. Hersteller wie Thermo King oder Carrier Transicold setzen deshalb zunehmend auf elektrische oder hybride Aggregate. Doch im Fernverkehr sind diese Systeme noch selten – die Infrastruktur fehlt, die Reichweite ist begrenzt, und das Gewicht bleibt ein Problem.
Auch batterieelektrische Lkw gelten als Hoffnungsträger für die grüne Logistik. Doch sie bringen ein Dilemma mit: Das Mehrgewicht durch die Batterie reduziert die Nutzlast und damit die Wirtschaftlichkeit. Laut einer Umfrage von Transfrigoroute sagen 47 Prozent der Unternehmen, das Mehrgewicht wirke sich „sehr stark“ auf ihre Rentabilität aus. 77 Prozent fordern deshalb eine gesetzliche Gewichtskompensation – etwa durch höhere zulässige Gesamtgewichte für E-Lkw.
Unterschiedliche Praxis in der EU
Neben Technik und Klima rückt auch die Arbeitsrealität der Fahrer in den Fokus. Besonders der Palettentausch sorgt für Frust: Laut Transfrigoroute bewerten 66 Prozent der Befragten die Effizienz der Abwicklung als „schlecht“. 33 Paletten à 25 Kilo – das sind über 800 Kilo, die täglich bewegt werden müssen. Oft ohne Hebehilfe, oft ohne Garantie, dass die Paletten überhaupt tauschfähig sind.
In Spanien hat man Konsequenzen gezogen. Seit dem Gesetzesdekret RDL 3/2022 ist das Be- und Entladen durch Fahrer verboten. Die Regierung reagierte damit auf massive Proteste aus der Branche. Ziel war es, die körperliche Belastung zu reduzieren und die Verantwortung klar zu trennen: Fahrer fahren, Verlader verladen. Ein echter Paradigmenwechsel – und eine Frage der Würde und Sicherheit.
Be- und Entladen als Stressfaktor im Kühltransport
In Deutschland hingegen ist das Thema noch kaum auf der politischen Agenda. Dabei zeigen Umfragen: Viele Fahrer empfinden die Ladetätigkeit als Belastung, als Risiko – und als Zeitfresser. Jede Türöffnung eines Kühlaufliegers wird registriert und dokumentiert. Für die Fahrer bedeutet das: höchste Eile beim Be- und Entladen, damit die Kühlkette nicht reißt.
Im Interview mit Gerhard Grünig, Chefredakteur der VerkehrsRundschau, spricht Roger Schwarz von Transfrigoroute Deutschland über die wirtschaftliche Lage der Branche, über technische Innovationen und über die Frage, wie Europa bei Kühltransporten zusammenarbeiten kann. Denn klar ist: Die Anforderungen steigen – und die Branche braucht Lösungen, die Technik, Politik und Menschlichkeit zusammenbringen.
Autor: Christian Bonk