Kleiner Greif mit kleinem Motor

Auch wenn die neue P-Baureihe von Scania eher für städtische Verteilerverkehre vorgesehen ist, führt uns die erste Ausfahrt durch die verschneiten Wälder rund um das norwegische Trysil. In unserem Testwagen werkelte der ebenfalls eher für Stadtfahrten geeignete neue Sieben-Liter-220-PS-Motor. Leicht, leise, sparsam und kompakt soll der auf einem Cummins-Aggregat basierende neue Scania DC07-Motor sein. 360 Kilo weniger als die Neun-Liter-Maschine bringt das Motörchen auf die Waage. Vor allem in den unteren Tonnageklassen dürfte sich das Nutzlastplus bemerkbar machen bei den traditionell gewichtig-soliden Scania-Verteilern. Weniger Hubraum ermöglicht eine kompaktere Bauweise, was dem Innenraum des P 220 zugutekommt - der Motortunnel wäre sonst höher. Im von uns gefahrenen kurzen Fahrerhaus mit niedrigem Dach (CP14L) reicht der Motortunnel dennoch bis an die Unterseite des Sitzpolsters. Insgesamt ist das Raumgefühl etwas beengt. Auch der Platz für den alltäglichen Kleinkram ist überschaubar, reicht für die Liefertour in der City mit abendlicher Heimkehr aber aus. Die Frachtpapiere finden in einer Schublade einen geschützten Platz. Der Becherhalter und die USB-Buchse fürs Smartphone sind griffgünstig positioniert. Wenn schon der Motor nicht 100 Prozent Scania ist, Interieur, Qualität und Bedienung sind beim kleinen Greif ganz Scania. Einzig der Hebel für die Feststellbremse sieht aus wie der eines Pkw und nicht wie der eines Trucks. Sparsam? Bis zu zehn Prozent im Vergleich zum Neun-Liter soll der Motor einsparen. Sagt Scania. Das konnten wir bei der ersten Ausfahrt noch nicht überprüfen. Bergauf fehlt etwas Durchzug Und leise? Für einen Verteiler ja. Unser 4x2- Fahrgestell mit Kofferaufbau ist bei der Ausfahrt mit gut 13 Tonnen Gesamtgewicht unterwegs. In der Ebene und beim Anfahren schlägt sich der kleine DC07 wacker. Bergauf geht dem Hubraumzwerg schneller die Puste aus. Scania selbst beschreibt das Einsatzgebiet des Sieben-Liters mit Verteilertouren, die mit maximal 18 Tonnen Gesamtgewicht starten und schnell leichter werden. Dafür sollte es reichen. Je nach Geländeprofil und Streckenanteil mit 18 Tonnen ist eine der größeren Einstellungen (250 PS, 1100 Nm oder 280 PS, 1200 Nm) eine Überlegung wert. So laufruhig und sanftmütig wie ein reinrassiger Scania-Motor oder gar der V8 ist das Scania-Cummins-Aggregat nicht. Der DC07 ist nicht nervtötend laut - was ein Stück weit auch der Dämmung des Fahrerhauses und der Doppelverglasung zu verdanken ist - er macht sich aber mit durchaus kernigem Sound bemerkbar. Das Opticruise-Getriebe lässt den Motor auch über sein Drehmomentmaximum bei 1500 Touren hinaus drehen, bevor es schnell und sanft die nächste der insgesamt acht Fahrstufen einlegt. Die Schaltstrategie, mit Gangwechseln teilweise bei 1800 Umdrehungen, scheint sich an der Leistung des Motors zu orientieren - das PS-Maximum liegt bei 1900 Runden an. Allerdings war das Gelände vereist, sodass die Fahreindrücke einer Bestätigung auf dem Asphalt bedürfen. Dafür boten die Bedingungen Gelegenheit, dem Fahrwerk auf den Zahn zu fühlen. Das schluckte die Schläge aus vereisten Querrinnen ordentlich. Der Fahrkomfort blieb hoch, das Auto beherrschbar - gute Voraussetzungen für Touren über holprige Stadtstraßen. Auf denen ist die neue elektrische Feststellbremse sicher ein angenehmer (aufpreispflichtiger) Gehilfe. Zum einen bietet sie eine unbegrenzt lange wirkende Berganfahrhilfe. Zum anderen die automatische Betätigung bei niedriger Geschwindigkeit, wenn der Gurt gelöst oder die Tür geöffnet wird. So läuft der Fahrer nicht Gefahr, dass er zusehen muss, wie sich sein kleiner Greif auf und davon macht. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau-plus.de