Hannover. Vor dem Landtags-Untersuchungsausschuss zur umstrittenen Auftragsvergabe für den Jade-Weser-Port sind schwere Vorwürfe gegen die niedersächsische Landesregierung laut geworden. Der Ex-Chefplaner der Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft, Wolf- Dietmar Starke, sagte heute in Hannover, er habe den niedersächsischen Wirtschafts-Staatssekretär Joachim Werren auf einen „Rechtsbruch“ sowie einen Korruptions-Verdacht bei der Auftragsvergabe für den Tiefwasserhafen hingewiesen. Es habe aber keine Reaktion darauf gegeben. Werren ist Aufsichtsratsvorsitzender der niedersächsisch-bremischen Realisierungsgesellschaft für den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven. Der Grünen-Obmann im Ausschuss, Enno Hagenah, kündigte in einer ersten Reaktion an, nun erneut die Befragung von Werren sowie Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) vor dem Untersuchungsausschuss zu beantragen. Es gebe Widersprüche zu den bisherigen Aussagen Werrens und Hirches. SPD-Obmann Gerd Will sagte, die Befragung Starkes habe bekräftigt, dass die Politik bei der Auftragsvergabe für den Tiefwasserhafen massiv Einfluss genommen habe. Starke habe dabei erstmals auch den Namen des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) eingeführt. Auch Wulff habe die Position, den Auftrag an Hochtief zu vergeben, gestützt. Hagenah sagte, die Landesregierung sei „voll informiert und involviert“ gewesen. Es sei massiv gegen europäisches und deutsches Vergaberecht verstoßen worden. Der frühere Jade-Weser-Port-Chefplaner Starke sagte, die Bremer Seite habe in der Gesellschaft das Heft des Handelns übernommen und den Bieter Hochtief massiv bevorteilt. Dabei sei das Angebot des Baukonzerns „unvollständig und widersprüchlich“ gewesen und hätte ausgeschlossen werden müssen. Es sei europäisches und deutsches Vergaberecht gebrochen worden. Bei der Jade-Weser-Port-Realisierungsgesellschaft gebe es keine Partnerschaft zwischen Bremen und Niedersachsen, sondern nur „Austricksen“ und „Übertölpeln“. Starke sagte, durch die umstrittene Auftragsvergabe sei ein „Scherbenhaufen“ angerichtet worden, der bis heute nicht beseitigt worden sei. Starke war Anfang April 2007 fristlos gekündigt worden, weil er eine zu große Nähe zum Papenburger Bauunternehmen Bunte gehabt und dessen Angebot zum Bau favorisiert haben soll. Der Auftrag für den Jade-Weser-Port war zunächst an das Konsortium um den Baukonzern Hochtief vergeben worden. Dagegen hatte Bunte erfolgreich geklagt und letztlich im September doch den 480- Millionen-Euro-Auftrag erhalten. Der Landtags-Untersuchungsausschuss soll klären, ob und inwieweit die Politik Einfluss genommen hat auf die Vergabe sowie Vorwürfe von Mauscheleien untersuchen. Unterdessen berichtete die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“, den Bau des Jade-Weser-Ports belaste ein neuer Kostenstreit. Bunte mache Mehrausgaben in zweistelliger Millionenhöhe geltend, weil der Bau später als geplant beginne. Dabei schlagen laut Zeitung die Ausgaben für Stahl und Bauarbeiterlöhne ebenso zu Buche wie die gestiegenen Ausgaben für die Unterhaltung der Baugeräte. Zwischen Bunte und der Jade-Weser-Port-Gesellschaft (JWP) gebe es noch keine Einigung über diese Kosten, ein Ergebnis werde bis zur JWP-Aufsichtsratssitzung am Dienstag erwartet. Die Realisierungsgesellschaft wollte sich zu dem Bericht nicht äußern. (dpa)
Jade-Weser-Port: Vorwürfe gegen Landesregierung
Zeuge belastet im Untersuchungsausschuss Niedersachsens Regierung: Opposition sieht Ministerpräsident Christian Wulff und Wirtschaftsminister Walter Hirche in Bedrängnis