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Interview zur Rader Hochbrücke: „Eine Million Euro Schaden - pro Tag!“

21.08.2013 10:00 Uhr
Interview zur Rader Hochbrücke: „Eine Million Euro Schaden - pro Tag!“
Thomas Rackow:  „Wir müssen klären, ob ein schuldhaftes Versäumnis vorliegt“
© Foto: Dietmar Winkler

Der Geschäftsführer des Unternehmensverbands Logistik Schleswig-Holstein, Thomas Rackow, über die Auswirkungen der Sperrung der Rader Hochbrücke.

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Neumünster. Die Sperrung der Rader Hochbrücke hat für die Logistikbranche im Norden katastrophale Auswirkungen. Wieviel Geld das Gewerbe verliert und welche Konsequenzen gezogen werden müssen, sagt Thomas Rackow, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Logistik Schleswig-Holstein, im Interview mit der VerkehrsRundschau.

Herr Rackow, welche Auswirkungen hat die Sperrung der Rader Hochbrücke für die Spediteure im Norden?
Wir müssen viele Umwege in Kauf nehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass einer der Umwege, der Kanaltunnel, zur Zeit auch saniert wird und keine gute Alternative ist. Die Unternehmen haben so im Schnitt mindestens eine Stunde Verzögerung. Das macht so rund 65 Euro Verlust pro Stunde und Tour, das ist schon gravierend. Wir haben das mal für ein mittelständisches Unternehmen beispielhaft durchgerechnet, hier wären es mindestens 10.000 Euro Mehrkosten pro Monat. Bei vier Monaten LKW-Sperrung wären es schon 40.000 Euro.

Und für die Logistikwirtschaft insgesamt?
Für die Branche in Schleswig-Holstein haben wir rund eine Million Euro Schaden – pro Tag!

Sind manche Touren, die eng getaktet waren, zur Zeit überhaupt noch durchführbar?
Unternehmen, die nördlich vom Kanal liegen, können zur Zeit kaum noch Aufträge vom Hamburger Hafen annehmen. Da wird angefragt: „Könnt Ihr mal eben abholen?“ Das ist nicht mehr möglich. Das gleiche gilt für unsere dänischen Kollegen, die den Hafenverkehr fast ganz aufgegeben haben.

Wenn Sie noch fahren können: Tragen die Kunden die Mehrkosten?
Zur Zeit finden überall Kundengespräche statt, um die Kunden zu beruhigen und auch zu versuchen, die erhöhten Kosten ersetzt zu bekommen. Aber das ist schwierig.

Wer trägt die Schuld?
Die Gesellschaft trägt die Schuld. Infrastruktur und Güterverkehr, egal ob Straßen, Schiene oder Wasserstraße, wurde vernachlässigt und die Prioritäten wurden woanders gesetzt. Das Prinzip, dass Wirtschaft Infrastruktur braucht, hat man vierzig Jahre vernachlässigt.

Hat sich das verändert?
Ja, es tut sich was in der Wahrnehmung. Auch die Rheinbrücke oder jetzt die Rader Hochbrücke haben dazu beigetragen, dass das Thema in der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde. Die Landesregierung hier in Schleswig-Holstein handelt nun, und hat für Landes- und Kreisstraßen sofort 26 Millionen Euro aus dem Haushalt bereitgestellt.

Und im Bund?
Ramsauer hat unmittelbare Hilfe für die Brücke zugesagt. Berlin hat erkannt, dass es brennt.

Aber das ist doch keine langfristige Strategie?
Das stimmt, aber da müssen sich die Haushälter im Bund bewegen. Es nützt nichts, wenn Verkehrsexperten aufschreien, sondern die Haushaltspolitiker und an der Spitze Herr Schäuble müssen überzeugt werden.

Sind Sie eigentlich zufrieden mit der Reaktion Ihrer Landesregierung?
Ja, hier muss ich auch mal loben. Die Informationspolitik ist gut, Sperrungen, die im Bereich der Umleitungen liegen, sind aufgehoben worden. Das ist ein gutes Krisenmanagement.

Sie haben ja angekündigt, eine Klage gegen das Land zu prüfen. Hat ein Unternehmen einen einklagbaren Anspruch auf funktionierende Infrastruktur?
Nein. Es sei denn, es liegt ein nachprüfbares schuldhaftes Verhalten vor.

Unterfinanzierung ist kein schuldhaftes Verhalten?
Nein. In dem Fall Rader Hochbrücke jedoch sind die Schäden bereits im Jahr 2009 im Rahmen einer Hauptuntersuchung festgestellt worden. Diese Infos sind aber im Landesbetrieb Straßenbau Schleswig-Holstein stecken geblieben und nicht dem Ministerium vorgetragen worden.

Warum?
Das muss nun geklärt werden. Wir müssen klären, ob ein schuldhaftes Versäumnis vorliegt. Dann können Unternehmer entscheiden, ob sie Klage einreichen wollen. (tr)

Das Interview führte Tobias Rauser.

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