Interview

InterviewFünf Marken – ein DachAuf der IAA stellte Volvo seine neue LKW-Generation vor und Renault kündigte an, in264 Tagen seinen Newcomer präsentieren zu wollen. Die VerkehrsRundschau sprach mit Peter Karlsten, der für die Volvo- Group-Marken verantwortlich ist. Im Interview erklärte er die Unternehmensstrategie. Ist der neue Volvo der Messeerfolg, den Sie sich gewünscht haben?Es mag ein wenig selbstsüchtig klingen, aber ich glaube, als Volvo Group sind wir in diesem Jahr einer der zentralen Punkte der Messe gewesen. Darauf sind wir sehr stolz.Über den neuen Volvo ist bereits viel geschrieben und gesagt worden. Möchten Sie noch etwas ergänzen?Was ich betonen möchte, ist, dass wir diesen LKW voll und ganz entsprechend der Kundenbedürfnisse entwickelt haben. Dazu haben wir unsere Kunden gefragt, was sie von uns fordern, um unser bewährtes Fahrzeug noch weiter zu verbessern. Lassen Sie uns raten: Kraftstoffersparnis?Ja, das war einer der geäußerten Wünsche – und ist natürlich mitentscheidend für die Betriebskosten. Aber aus den Kundenwünschen sind noch andere Innovationen hervorgegangen, beispielsweise mehr Kabinenraum. Unsere neue Kabine ist einen Kubikmeter größer und bietet 300 Liter mehr Stauraum. Wir konnten außerdem das Handling verbessern, indem wir eine neue Vorderachse entwickelt haben. Nicht zu vergessen die Einzelradaufhängung. Auch an der verfügbaren Betriebszeit haben wir gearbeitet. Deshalb ist dieses Fahrzeug kein Facelift, sondern ein komplett neuer LKW. Spielen diese Features auch beim neuen Renault, der in 264 Tagen vorgestellt und dem Premium folgen soll, eine Rolle? Da müssen Sie noch 264 Tage warten.Unterscheiden sich die Renault- von den Volvo-Kunden?Es gibt zwischen allen Kunden Unterschiede, auch innerhalb der Volvo-Kundschaft. Die Kunden haben unterschiedliche Anforderungen. Das ist auch gut, denn so kann man mit verschiedenen Marken verschiedene Kunden ansprechen. Und verschiedene Preise aufrufen …Es gibt Kunden, die fokussieren sich zu hundert Prozent auf den Einstandspreis. Das sind keine Kunden für den neuen Volvo FH. Mit diesem Fahrzeug sprechen wir Kunden an, die auf die Kosten der gesamten Betriebszeit achten: Anschaffungs- und Betriebskosten, Verbrauch. Über die vier, fünf Jahre Laufzeit kommen sie dann auf ein gutes Ergebnis. Die „Schnäppchenjäger“ sind sicher nicht Volvo-FH-Käufer. Sie bearbeiten den deutschen Markt mit den Marken Volvo und Renault. Wobei Renault sich der Volvo-Technik erfreut und die Kunden das zu schätzen wissen. Haben Sie Schwierigkeiten, die beiden Marken zu positionieren?Wir haben in unserem Portfolio insgesamt fünf Marken. Jede davon hat ihren eigenen Charakter und ihre eigene Kundenbasis, die ihre unterschiedlichen Bedürfnisse hat. Wir entwickeln unsere Fahrzeuge abgestimmt auf diese Bedürfnisse. Das verschafft uns eine bessere Marktabdeckung als wir sie mit einer Marke realisieren könnten. So haben wir in Europa einen Marktanteil von 26 Prozent. Das ist eine sehr starke Position, die wir mit einer einzelnen Marke nicht erreicht hätten. Es ist wichtig, das zu verstehen. Wobei Sie in Deutschland von den 26 Prozent Marktanteil weit entfernt sind. Das stimmt. Hier ist unsere Position viel schwächer, was uns sehr unzufrieden macht. Deshalb sind wir entschlossen, unsere Marktposition in Deutschland zu stärken. Wir denken intensiv darüber nach, wie uns das gelingen kann. In einem ersten Schritt werden wir unser Servicenetz verbessern. Es entspricht noch nicht dem deutschen Standard und daran müssen wir dringend arbeiten. Was haben Sie geplant?Investieren, den Service verbessern und neue Servicewerkstätten eröffnen. Wie viele es sein werden, kann ich noch nicht sagen, aber wir haben Pläne.Werden die Volvo- und Renault-Werkstätten künftig zusammenarbeiten?In einigen Ländern werden wir so vorgehen. Beispielsweise auf dem afrikanischen Markt, für den ich auch verantwortlich bin. Hier macht es wegen der wenigen Fahrzeuge keinen Sinn, nach Marken getrennte Servicestationen zu betreiben. Für den deutschen Markt kann ich noch nichts sagen.Die Zusammenarbeit zwischen Volvo und Renault war anfangs nicht ganz einfach. Wie haben Sie sich mittlerweile aufgestellt?Wir haben vor einem Jahr unsere Organisation komplett neu aufgebaut und die Volvo Truck Group als Konzern geschaffen. Unter diesem Dach betreiben wir die verschiedenen Marken. Hierunter packen wir zusammen, was am besten zusammenpasst – je nach Marktanforderung. So zu arbeiten, ist für uns ein ganz neuer Weg. Wir haben eine schlanke, klar ausgerichtete Organisation mit den drei Bereichen Vertrieb und Marketing, Produktion sowie Technik und Entwicklung geschaffen. Darunter betrachten wir das LKW-Geschäft als eine Gesamtheit. Alles in allem verstehen wir uns innerhalb dieser Organisation mit all ihren unterschiedlichen Nationalitäten sehr gut. Es sind für uns spannende Zeiten. Wie beurteilen Sie aus dieser Sicht heraus das Thema Euro 6?Eine – sehr anspruchsvolle – Gesetzgebung, der jeder gerecht werden muss. Wobei wir an neue technische Herausforderungen alle drei Jahre gewohnt sind. Die Frage ist, wie man ihr am besten gerecht wird. Die Volvo Group hat hier gute Arbeit geleistet. Wir bieten eine große Bandbreite an Lösungen. Angefangen von kostensensiblen Varianten bis zu technisch hochentwickelten Motoren, mit denen sich eine Kraftstoffersparnis von zehn Prozent realisieren lässt, je nach Kundenbedürfnis. In Deutschland interessieren sich die LKW-Betreiber sehr für Euro 6. Sie sind sowieso technologisch führend und wechseln ihre Flotten sehr schnell. ❙❚■ Birgit Bauer, Gerhard GrünigVitaPeter Karlsten Der Schwede ist seit 1. Januar 2012 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Volvo Group Trucks. Er ist verantwortlich für Vertrieb und Marketing der Marken Volvo, Renault, Mack, Eicher und UD Trucks. Bei Volvo ist Karlsten, Jahrgang 1957, seit 2001 beschäftigt. In der Vergangenheit war er als stellvertretender Technikvorstand, Vorsitzender von Volvo Powertrain, Volvo Truck Nordamerika und Volvo Truck Brasilien tätig. bbInterview

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