Hoch hinaus: LKW der Spedition Schmidt-Gruppe vor ...

Hoch hinaus: LKW der Spedition Schmidt-Gruppe vor den eigenen SiloanlagenDienstleister sind weiter gefragtWährend in einigen Branchen der Trend zum Outsourcing ins Stocken gerät, hat die Chemieindustrie auf diesem Feld noch Nachholbedarf. Für Transportdienstleister eröffnen sich damit weitere Tätigkeitsfelder.Chemikalien mischen, Laboranalysen durchführen, Werbeprospekte drucken – noch vor wenigen Jahren wäre kein Chemieunternehmen auf die Idee gekommen, diese Tätigkeiten aus der Hand zu geben. Die großen Konzerne erledigten fast alle Teile der Wertschöpfungskette in Eigenregie. Entsprechend groß waren die Widerstände, als erstmals externe Dienstleister an Bord kamen. Ein erfahrener Speditionsunternehmer erinnert sich: „Wir wurden nur im allerletzten Winkel des Werkgeländes zugelassen – und mussten deshalb extra eine Förderanlage bauen.“Mittlerweile hat sich die Branche an die neue Arbeitsteilung gewöhnt. Die Konzerne organisieren sich zunehmend in kleineren Einheiten, gründen Tochterunternehmen und Inhouse-Dienstleister. Outsourcing ist längst an der Tagesordnung, wenngleich in der Chemieindustrie noch längst nicht so intensiv ausgelagert wird wie in anderen Branchen: Bei den Automobilherstellern etwa liegt die Wertschöpfungstiefe, also der Anteil der Umsätze, die im eigenen Unternehmen erwirtschaftet werden, nur noch bei 20 Prozent. In einigen Chemieunternehmen ist dieser Wert doppelt so hoch. Dienstleister im Umfeld der Chemieindustrie können also auch in den kommenden Jahren mit Zuwächsen rechnen.Vom Spediteur zum SilobetreiberBesonders gut entwickelt hat sich in den letzten Jahren der Markt für Outsourcing-Dienstleistungen im Bereich der Logistik. Hier erledigen mittlerweile Dienstleister das, was früher die Konzerne in Eigenregie durchführten: Lagerung, Verpackung und Transport. „Wir sind stark in die interne Werkslogistik integriert“, berichtet Siegfried Ott, Leiter Marketing und Vertrieb bei der Schmidt-Gruppe. Das Unternehmen mit Sitz in Heilbronn ist auf den Transport von Kunststoffgranulat mithilfe von Silo-LKW und Containern spezialisiert. 1990 realisierte Schmidt das erste Outsourcing-Projekt: In Hürth bei Köln wurde im Auftrag eines Chemiekonzerns ein Silolager mit Abfüll- und Palettieranlage eröffnet. Mittlerweile betreibt der Spezialist an 20 Standorten Hochsilolager mit einem Fassungsvermögen von insgesamt über 409.000 Kubikmetern. Das Unternehmen übernimmt auch das Verpacken des Kunststoffgranulats. Darüber hinaus organisiert Schmidt für einige Kunden die Versorgung mit Rohmaterial sowie die Torabfertigung in dessen Werk.Dass Chemiekonzerne eher zögerlich mit dem Thema Auslagerung umgehen, erklärt Ott mit den technischen Eigenheiten der Branche: „Wir sind über Rohrleitungen direkt mit der Produktion verbunden. Würde unsere Anlage stehen, gäbe es schnell Probleme im Produktionsfluss.“ Wirtschaftlich gesehen spricht jedenfalls einiges für Outsourcing: Branchenkenner schätzen, dass Bayer, BASF und Co. allein durch die Auslagerung der Distribution acht Prozent Kosten einsparen können. Die Fremdvergabe von Transport- und Lagerleistungen ist allerdings erst der Anfang. Die Speditionen dehnen ihr Leistungsangebot ständig aus: „Wir bieten zusätzlich auch Werklogistik, Abfüllleistungen, Gefahrstofflagerung, Mischen und Blenden und In-house-Auftragsabwicklung an“, sagt Ulrich Grätz, Head of Supply Chain Solutions bei Hoyer, Hamburg, einem führenden Dienstleister der Branche mit 2440 eigenen Zugmaschinen. Bedeutet das, in der Chemielogistik haben nur große Dienstleister Chancen, die dieses Service-spektrum auch selbst anbieten können? „Dafür sind prinzipiell keine eigenen Assets notwendig“, erwidert Grätz, „entscheidend ist die Steuerung der Prozesse.“ Von Komplett- zu Teilausschreibungen Trotz weiterhin guter Geschäfte der Dienstleister ist die Chemielogistik freilich keine Insel der Glückseeligen. Denn auch hier weht seit einiger Zeit ein schärferer Wind: Viele Großunternehmen haben sich von der bisherigen Praxis, komplette Logistikprozesse herauszugeben, verabschiedet. Wurden früher Verträge zur Planung eines Lagers, Baus, Betriebs und die Durchführung aller Transporte abgeschlossen, geht der Trend derzeit dahin, all diese Teile gesondert auszuschreiben und zu vergeben. Auch Silo-Spezialist Schmidt spürt diese Entwicklung: „In Polen betreiben wir eine Anlage, die ein Konkurrent gebaut hat“, berichtet Marketingleiter Ott.Chemieindustrie investiert im Ausland Fest steht aber auch: Der Markt für Logistikdienstleistungen in der Chemieindustrie ist auch in Deutschland nicht unendlich. Eine Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney prognostiziert, dass Wachstumsimpulse für die Branche in Zukunft vor allem vom Ausland ausgehen. Deutschland sei mit rund 40 Chemieparks abgedeckt, während in Asien derzeit neue Standorte von Weltformat entstünden, so die Experten. Die Praxis bestätigt diesen Trend: Bayer etwa investiert in den nächsten zwei Jahren 1,4 Milliarden Euro in neue Anlagen – die meisten davon im Ausland. Auf die daraus resultierenden größeren Importmengen stellen sich die Dienstleister bereits ein. „Wir werden uns stärker auf Häfen ausrichten“, sagt Marketingleiter Ott von der Schmidt-Gruppe, „außerdem steigt der Bedarf an Zwischenlägern.“ ❙❚■ Constantin GilliesDas Beispiel Bayer und ChemionErfolgreichste Ausgründung Auslagern ohne das Zepter aus der Hand zu geben – so in etwa ließe sich die Strategie des Chemie-konzerns Bayer beschreiben. 2001 gründete das Leverkusener Unternehmen die Chemion Logistik GmbH, einen eigenen Logistikdienstleister mit 1100 Mitarbeitern. Das Angebot des Dienstleisters reicht vom reinen Transport über das Flottenmanagement bis zum Versand von Werbebroschüren. Der Schwerpunkt liegt allerdings auf der Gefahrgutlogistik.Besonders erfolgreich ist Chemion derzeit im Containergeschäft. Die Firma belegt Rang sieben unter den europäischen Terminalbetreibern. Erst unlängst wurde am Standort in Leverkusen ein weiteres Terminal in Betrieb genommen; die Lagerkapazität liegt bei 1400 Standardcontainern (TEU). Der Logistikdienstleister gilt als erfolgreichste aller Bayer-Ausgründungen. Das Motiv hinter dieser und anderen Outsourcing-Strategien in der Chemiebranche: In der Produktion sind die Effizienzpotenziale überwiegend ausgeschöpft. Kosteneinsparungen versprechen dagegen noch die Logistik und die Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette. Diese Bereiche verursachen acht bis zwölf Prozent der Kosten, gemessen am Umsatz. cg

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