Paris. Die zuletzt bis 2013 verschobene Einführung einer Ökoabgabe für Straßengütertransporte in Frankreich ist jetzt auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Das Verwaltungsgericht in Cergy-Pontoise bei Paris hat die Entscheidung der Regierung, den Zuschlag für die Infrastruktur des Projekts dem von der italienischen Autostrade geführten Konsortium mit den Partnern SNCF, Thalès, SFR und Steria zu geben, aufgehoben. Auch die für 2012 vorgesehene Einführungstestphase im Elsass kann damit vorerst nicht gestartet werden.
Geklagt gegen das Votum der französischen Regierung hatte der Mitbewerber Alvia, ein Konsortium der Firmen Sanef/Siemens Project Venture/Atos Worldline. Der französische Verkehrsstaatssekretär Thierry Mariani will gegen den Gerichtsbeschluss nunmehr vor den Staatsrat ziehen, der obersten Rechtsinstanz des Landes. Er hoffe, damit den nunmehr drohenden Zeitverlust für die Einführung des Mautsystems so gering wie möglich halten zu können. Denselben Schritt kündigte die Autostrade-Mutter Atlantia in einer Stellungnahme an.
Die Richter in Cergy-Pontoise begründeten die Annullierung damit, dass bei dem Auswahlverfahren im Anschluss an die Ausschreibung das „Transparenzprinzip" missachtet worden sei. Das Kapital der Autostrada-Gruppe hätte während des Verfahrens nicht verändert werden dürfen. Man habe dem Sieger-Konsortium wegen der angehörenden Spitzenunternehmen den Zuschlag gegeben, anstatt nach der wirtschaftlich vorteilhaftesten Lösung zu suchen. Das Gericht stellte ferner die Unparteilichkeit der Firma in Zweifel, die den Staat technisch beraten habe, weil diese vorher schon in Österreich zusammen mit Autostrade im Rahmen eines Tele-Maut-Projekts für LKW tätig geworden sei. Es handelt sich um die Schweizer Rapp Trans AG.
Der in Frage stehende Vertrag ist auf eine Laufzeit von 13 Jahren ausgelegt und hat ein Volumen von mehr als zwei Milliarden Euro. Der Autostrade-Partner SNCF, der mit zehn Prozent an dem Konsortium beteiligt war, musste sich nach einem Gerichtsbeschluss vom 17. Februar wieder daraus zurückziehen.
Sollte das Verkehrsministerium vor dem Staatsrat unterliegen, müsste die gesamte Ausschreibungsprozedur wiederholt werden, was mehrere Monate in Anspruch nehmen könnte. (jb)