Game Over ab 6 Euro

Kennen Sie das Disponenten-Klick-Spiel? Das geht so: Zuerst statte man seinen Fuhrpark mit reichlich Telematik aus. Zum Beispiel der Blackbox des Lkw-Herstellers für die Telemetriedaten, dazu für logistische Aufgaben ein Nachrüstsystem mit Display zur Kommunikation mit dem Fahrer und noch eine Box für die Daten aus dem Trailer. Nicht zu vergessen, die ohnehin verbaute Pflicht-Telematik: Der digitale Tachograf mit ersten telematischen Funktionen und die Onboard-Unit zur Mauterfassung. Macht fünf Systeme für den Start. Wer den Schwierigkeitsgrad erhöhen will, setzt auf eine Mischflotte. Das potenziert die Zahl der Systeme für Truck und Trailer noch einmal. Den höchsten Level schaffen Unternehmer für ihren Disponenten, indem sie die Telematiksysteme der Subunternehmer mit einbinden. Als Spielgerät erhält der Disponent einen ans Internet angebunden PC mit Maus und Tastatur. Im Idealfall mit zwei Monitoren - einen für die Dispositionssoftware und einen für das Disponenten-Klick-Spiel. Auf dem klickt er sich bei der Suche nach den zur Disposition benötigten Daten durch seine zahlreichen Telematikportale. Der Spiel-Spaß ist dann zu Ende, wenn Telematikintegrationsportale als Spielverderber das Feld betreten. Diese klinken sich in die verschiedenen Datenserver der Telematiksysteme ein, wandeln deren Daten in ein einheitliches Format und stellen sie dem Nutzer gesammelt zur Verfügung. Entweder übersichtlich in einem Portal oder zur Integration in nachgelagerte IT-Systeme wie Dispositions- oder Speditionssoftware. Was diese neuen Spieler können und kosten, hat Heinz-Leo Dudek, Professor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Ravensburg, in einer Studie exklusiv für die VerkehrsRundschau untersucht. "Zur Zeit lässt sich noch eine relativ klare Positionierung der fünf untersuchten Integrationsportale erkennen. Gatehouse darf sicher als Platzhirsch und Schnittstellen-Champion bezeichnet werden, Kasasi als Spezialist im Kühlgutbereich. Agheera tummelt sich aufgrund seiner Herkunft aus dem KEP-Umfeld vor allem in dieser Teilbranche und T-Systems scheint eher auf das Projektgeschäft ausgelegt zu sein", urteilt der Forscher (siehe Interview rechts). Catkin fällt in dem Quintett die Rolle des Newcomers zu. Alleskönner sucht man vergebens Beeindruckend sei bei den meisten Anbietern die Anzahl der bereits realisierten Schnittstellen zu unterschiedlichen Telematiksystemen. Leider fehle es manchen Integrationsportalen noch an funktionaler Tiefe in bestimmten Bewertungskategorien. So gebe es Portale, die keine Auswertung von FMS-Daten aus der Zugmaschine beziehungsweise dem Lkw anbieten. "Das gehört aber heute zur Standardfunktionalität eines Telematiksystems", kritisiert Dudek. Bei den Lösungen von Agheera und Kasasi bleiben diese Telemetriedaten auf der Strecke. Untersucht hat Dudek die Leistungsfähigkeit der fünf Telematikintegrationsportale in 18 Kategorien. Die fünf wichtigsten und in der Studie damit in der Bewertung am höchsten gewichteten sind: Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Systemen, Ortungsfunktion und Kartendarstellung, FMS-Daten, EBS-Daten und die Datenhaltung. Die in den Kategorien erreichten und in Prozentwerte umgerechneten Punkte, multipliziert mit den Gewichtungsfaktoren und anschließend addiert, ergeben einen Gesamtsieger: Gatehouse erreicht 79 Prozent des gewichteten Funktionsumfangs. Stärken gezielt nutzen Es folgen Kasasi mit NIC-base (72 Prozent), Agheera mit Pulse 1.4 (54 Prozent), Catkin mit Catkin 1.3 (44 Prozent) und auf dem fünften und letzten Platz: T-Systems mit TelmaticOne 3.1.5 (41 Prozent). "Bei der Interpretation sollte bedacht werden, dass in die Gesamtbewertung alle Kategorien eingerechnet sind. Für einzelne Anwender mögen bestimmte Kategorien wie etwa Bahn oder Kühlaggregate keine Rolle spielen, sodass sich für sie durchaus andere Bewertungen ergeben könnten", erklärt Dudek. Für Unternehmer, die nach ihrem Leistungssieger suchen, hat der Telematikexperte die Wertungen der 18 Einzelkategorien thematisch zu sechs Oberkategorien zusammengefasst. Daraus ergaben sich auch die von Dudek genannten Positionierungen der Systeme (siehe Grafik Seite 39). "Mit dieser Übersicht lässt sich bei der Anbietervorauswahl feststellen, welche Integrationsportale für die Aufgaben im eigenen Unternehmen am ehesten infrage kommen", sagt Dudek. Ganz umsonst sind die neuen Telematik-Spielzeuge indes nicht zu haben. Zu den Kosten für die im Fahrzeug verbauten Telematiksysteme (etwa 50 bis 100 Euro pro Fahrzeug und Monat) kommen noch einmal zwischen "6 und 15 Euro pro Fahrzeug und Monat", hat der Wissenschaftler ausgerechnet. Kalkuliert hat er mit einer Flotte von 400 Fahrzeugen, ausgerüstet von fünf verschiedenen Telematikprovidern. Davon 150 Trucks (alle mit FMS-Daten, sofern im Leistungsumfang des Integrationsportals enthalten), 150 Trailer (50 nur Position, 50 Position und Temperaturen, 50 komplett mögliche Datentiefe) sowie 100 Bahnwaggons (komplette Datentiefe). Mit den Daten soll gleichzeitig an 15 Dispositionsarbeitsplätzen gearbeitet werden. Der Einstieg in die Welt der Telematikintegrationsportale beginnt in diesem Szenario bei 31.700 Euro (netto) für ein Jahr. Der billigste Disponenten-Klick-Spiel-Spielverderber kommt von Kasasi. Der Preis setzt sich aus einer Einmalzahlung in Höhe von 2900 Euro und jährlichen Betriebskosten von 28.800 Euro zusammen. Unternehmer setzen auf Integration Das Catkin-Tool kostet im ersten Jahr 36.018 Euro (4900 plus 31.118 Euro). 63.800 Euro sind für das Portal von Agheera (20.000 plus 43.800 Euro) fällig. Bei Gatehouse entstehen keine Einmalkosten. Dafür belaufen sich die jährlichen Betriebskosten für die Beispielflotte auf 72.000 Euro. T-Systems nennt keine Preise (siehe Grafik unten). Summen, die sich offenbar rechnen. "Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sich bei den Anbietern schon so beeindruckende Fahrzeugzahlen finden lassen", sagt Dudek. Demnach ist Kasasi mit nach eigenen Angaben 1250 Nutzern und 62.000 eingebundenen Fahrzeugeinheiten Marktführer. Auf Rang zwei liegt Agheera (619, 39.975) vor Gatehouse (60, 180.000) als Drittplatzierter. Newcomer Catkin zählt 30 Nutzer und 175 Fahrzeuge. T-Systems schweigt zu Nutzerzahlen. Viele Flotten, bei denen auf dem Bildschirm des Disponenten-Klick-Spiels nur noch zwei Worte stehen: GAME OVER. Online-Dossier Telematik Die komplette Studie "Telematikintegrationsportale" mit allen Detailergebnissen als PDF-Datei zum Download sowie wichtige Nachrichten und Hintergründe rund um das Thema Telematik finden sich online im neuen Themen-Dossier Telematik. Einfach im Suchfeld "Telematik" eingeben: www.verkehrsrundschau.de/dossiers sv