Franzosen kommen nach

Franzosen kommen nachDeutschlandMit der mehrheitlichen Übernahme der Privatbahn ITL steigt auch die Güterbahn-tochter der französischen Staatsbahn SNCF in den deutschen Schienengüter-verkehrsmarkt ein. Eine Kampfansage an Railion?Die französische Bahn SNCF will 600 Millionen Euro investieren, um den Speditionskonzern Geodis ganz zu übernehmen. Keine Frage, das war die Meldung der letzten Woche. Denn damit will die SNCF ihre Logistiktochter zur Nummer vier in Europa machen, mit 7,7 Milliarden Euro Umsatz hinter Deutsche Post/DHL (39,6 Mrd. Euro), Deutsche Bahn/Schenker (17,9 Mrd. Euro) sowie Kühne+Nagel (12,8 Mrd. Euro). Angesichts dieses Paukenschlages wäre fast untergegangen, dass sich die SNCF nur einen Tag nach dem Millionen-Deal die deutsche Privatbahn Import Transport Logistik (ITL) einverleibt hat. Die SNCF hat sich mit 75 Prozent an dem in Dresden beheimateten Unternehmen beteiligt. "Wir erhoffen uns Synergien vor allem auf den Verbindungen nach Osteuropa", sagt Philippe Betous, Sprecher der SNCF in Deutschland. Während die SNCF Fret bereits in den Märkten in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Italien vertreten sei, könne ITL auf Niederlassungen in Deutschland, Polen, der Tschechischen Republik und in den Niederlanden zurückgreifen. Auch Verkehre über die beiden osteuropäischen Staaten hinaus seien vorstellbar. "Wir wollen unser Engagement im Schienengüterverkehr zwischen West- und Osteuropa strategisch ausbauen", sagte Betous. Weitere Aufkäufe derzeit kein ThemaAls Kampfansage an die Tochter der Deutschen Bahn, Railion, wollte er den Schritt nicht verstanden wissen: "Wir pflegen ein partnerschaftliches Verhältnis, und das bleibt auch so." Auf die Frage nach weiteren Übernahmen von Privatbahnen hielt sich Betous bedeckt: Dies sei derzeit kein Thema, "aber wir beobachten den Markt". Er kündigte an, dass die SNCF Gelder für Investitionen innerhalb der ITL zur Verfügung stellen werde, und zwar auch zum Ausbau logistischer Dienstleistungen. "Denn wir wollen europaweit Transport- und Logistikleistungen aus einer Hand anbieten", sagte der SNCF-Sprecher. Hilfreich könne dazu die Übernahme des europaweit präsenten Speditionskonzerns Geodis sein.In der Branche wurde der Kauf von ITL als ein Signal gewertet, dass die SNCF Fret jetzt auch im deutschen Markt aktiv wird. "Um jedoch Marktanteile im großen Stil zu gewinnen, ist die ITL einfach zu klein", sagt Maria Leenen vom Beratungsunternehmen SCI Verkehr, weshalb sie den Deal auch allenfalls als "Kampfansägelchen" an Railion bezeichnen möchte. Doch habe es den Anschein, als sei die SNCF Fret "endlich aufgewacht". Denn SNCF Fret ist laut Leenen in Europa die einzige staatliche Güterbahn, der es bislang nicht gelungen ist, von der Verteuerung des LKW-Verkehrs zu profitieren und mehr Mengen zu befördern. Daher sei jetzt der Sprung über die Grenze ein Schritt in die richtige Richtung trotz der eher geringen Bedeutung von ITL. Einen anderen Weg, um im deutschen Markt Fuß zu fassen, sieht sie nicht, da mittlerweile andere, größere Privatbahnen nach der Beteiligung von Trenitalia an TX Logistik und dem Kauf von Rail4chem durch Veolia nicht mehr zu haben seien. ❙❚■ Michael Cordes

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