Brüssel. In Frankreich wird ab 1. Dezember eine unabhängige Eisenbahn-Regulierungsstelle ihre Arbeit aufnehmen und damit zu einer stärkeren Liberalisierung des Bahnverkehrs beitragen. Außerdem verzichtet Frankreich künftig auf staatliche Eingriffe bei der Bemessung der Wegeentgelte, die in Zukunft vom Infrastrukturbetreiber festgesetzt werden sollen. Diese Neuerungen teilten französische Behörden der EU-Kommission mit.
Damit reagiert Frankreich auf das Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission im Juni wegen der mangelhaften Umsetzung der Bestimmungen aus dem ersten Eisenbahnpakets gegen den französischen Staat und zwölf weitere EU-Mitgliedsländer eingeleitet hatte. Auch Österreich und Portugal haben mit Liberalisierungsmaßnahmen im Bahnverkehr auf die Klage reagiert, wie die Kommission heute (Mittwoch) mitteilte.
Beide Staaten haben "leistungsabhängige Entgeltregelungen eingeführt, um Störungen im Schienennetz auf ein Minimum zu begrenzen", wie es die EU-Behörde formuliert. Diese Maßnahme soll Anreize für die Infrastrukturbetreiber und Eisenbahnunternehmen setzen, Störungen zu vermeiden und die Bahninfrastruktur optimal nutzen zu können.
Die EU-Kommission "begrüßt" die Neuerungen in Frankreich, Österreich und Portugal, hält an den Vertragsverletzungsverfahren gegen die drei Staaten vor dem Europäischen Gerichtshof in verringertem Umfang jedoch fest. Denn noch seien andere wichtige Fragen der Markt-Liberalisierung ungelöst. In Österreich und Frankreich etwa die Unabhängigkeit der wesentlichen Funktionen von Infrastrukturbetreibern sowie im Fall Frankreichs Fragen im Zusammenhang mit den Wegeentgelten. In Portugal bestehen noch Defizite, was die unabhängige Geschäftsführung von Eisenbahnunternehmen sowie die Bestimmungen anbelangt, durch die ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben der Infrastrukturbetreiber gewährleistet werden soll, wie es seitens der Kommission heißt.
Neben Frankreich, Österreich und Portugal hatte die EU-Kommission auch Deutschland, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, Polen, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik und Ungarn im vergangenen Juni wegen mangelhafter Umsetzung des Ersten Eisenbahnpakets vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Das Gesetzespaket hat die Liberalisierung des Bahnverkehrs zum Ziel. Die darin formulierten Maßnahmen hätten bereits 2003 vollständig umgesetzt sein sollen. Die Vertragsverletzungsverfahren gegen die genannten Länder laufen weiter. (kw)