Frachtenbörsen

FrachtenbörsenKunden-Bonität im BlickWer LKW international auslasten will, kann dank Frachtenbörsen Leerfahrten vermeiden. Doch Vorsicht: Nicht jeder Auftraggeber arbeitet seriös. Was die Frachtenbörsen daher selbst für mehr Sicherheit tun, und wie Transportbetriebe auf Nummer sicher gehen.Mit Frachtenbörsen arbeitet Sebastian Lässiger fast täglich. Jeden Monat bucht der Geschäftsführer von Virec Logistik im thüringischen Lindenkreuz zwischen 50 und 100 Transporte auf Fracht 24 und Timocom und kann so nach eigenen Angaben „auf fast jeder internationalen Tour Leerfahrten vermeiden“. Ein riskantes Glücksspiel?Bleibt ein Problem, das Spediteur Lässiger auf den Nägeln brennt – die Bonität der Unternehmen, die ihre Frachten auf den Börsen platzieren. Vor allem auf internationalen Märkten hat er immer wieder mit wenig bekannten Auftraggebern zu tun. Von einem „Glücksspiel, das bislang immer gut gegangen ist“, spricht er. „Ich muss mich auf die Angaben der Frachtenbörsen vollständig verlassen.“ Frachtenbörsen florieren weiterhin: Vor allem in den internationalen Märkten haben Trans, Timocom & Co. ihre Angebote in den letzten Jahren erheblich ausgebaut (siehe Tabelle auf Seite 28). Transportfirmen, die heute grenzüberschreitende und/oder Kabotage-Touren auch in peripheren Regionen suchen, werden also in der Regel schnell fündig. Auch für Spediteure, die sich auf Nischenmärkte spezialisiert haben, sind Transportvergaben über Frachtenbörsen inzwischen längst selbstverständlich. Mit den Vermittlungszahlen haben freilich auch die Risiken zugenommen. Viele Speditionen und Transportbetriebe haben eigenen Angaben zufolge immer wieder mit Auftraggebern und -nehmern zu tun, deren Bonität nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Im Extremfall nutzen sogar Kriminelle die Frachtenbörsen zur Geschäftsanbahnung. Laut dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gingen bis Ende 2011 rund 200 Ladungen in Deutschland, Schweiz und Österreich verloren, die über Frachtenbörsen abgerufen worden waren. Der GDV rät daher ausdrücklich, vor Aufnahme einer Geschäftsbeziehung Versicherungsbestätigungen und andere Dokumente auf Echtheit zu überprüfen, Referenzen über vergangene Transporte per Anruf bestätigen zu lassen und ansonsten alle relevanten Firmendaten bei Auskunfteien einzuholen. Die Börsen machen dagegen geltend, dass sie solchen und anderen Empfehlungen längst folgen. „Jeder neue Kunde muss nach der Registrierung Gewerbeanmeldung oder Handelsregisterauszug per Mail, Fax oder Post einreichen“, beschreibt Alexander Hambach, Geschäftsführer der Frachtenbörse Fracht 24 in Renningen, das Verfahren. „Vor der Freischaltung prüfen wir die Angaben bei einer nationalen Auskunftei, nehmen Kontrollanrufe vor und verfolgen Kontaktdaten zurück.“Notfalls von der Plattform ausgesperrtÄhnlich geht fast jede Frachtenbörse vor. Erst wenn diese Maßnahmen abgeschlossen sind, kann der Teilnehmer Ladungen suchen oder selbst anbieten. Wenn Zahlungsausfälle oder -verzögerungen gemeldet werden, setzen sich die Börsen mit den säumigen Zahlern in Verbindung und sperren diese gegebenenfalls von ihrer Plattform aus. Als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme werden Existenzgründer ausgeschlossen – über deren Bonität können auch erfahrene Auskunfteien keine zuverlässigen Angaben machen. Bei fast allen Plattformen dürfen junge Firmen frühestens ein halbes Jahr nach der Gründung teilnehmen. Trotzdem ist mancher Spediteur mit den Sicherheitsfeatures nicht wirklich zufrieden. Ein Beispiel ist Axel Schulze. „Über 20 Prozent der Geschäftspartner, die auf Frachtenbörsen vermittelt werden, fallen bei unseren Bonitätsprüfungen durch“, sagt der Geschäftsführer von Agro Logistic in Kiefersfelden. Schulz arbeitet mit vier Frachtenbörsen. Jeden neuen Kontakt lässt er von der Auskunftei Creditreform oder von der Kreditversicherung Coface überprüfen.Über die Gründe solcher Diskrepanzen kann nur spekuliert werden. Gut möglich, dass die Datenbanken der Frachtenbörsen nicht immer auf dem neuesten Stand sind. Bei rund 40 Prozent der Firmen verzeichnen Creditreform & Co. eigenen Angaben zufolge jedes Jahr eine signifikante Änderung der Bonität. Aber auch die Auskunfteien stoßen bei Recherchen oft an Grenzen. Vor allem die Daten über ausländische Firmen lassen Wünsche offen, wenn diese von Partnerauskunfteien oder anderen externen Quellen stammen. „Bei wenigstens jedem fünften internationalen Kandidaten haben wir aufgrund eigener Recherchen Zweifel an der Zahlungsfähigkeit“, sagt Walter Steiger, IT-Leiter der Spedition Nothegger im österreichischen St. Ulrich (siehe Kasten auf S. 27). Viele Börsen haben aber gerade international zuletzt stark zugelegt. Da die Konjunktur 2010/11 florierte und viele neue Märkte bedient werden mussten, suchten europaweit Verlader, Speditionen und Transporteure neue Optionen für Angebot und Nachfrage und trugen sich in Frachtenbörsen ein. Auch in Transportmärkten, in denen von je her regionale Anbieter dominieren, wie im Schüttgut- und Recyclingsegment, können heute problemlos grenzüberschreitende Touren von oder nach Deutschland akquiriert werden. „Internationale Frachten machen 40 bis 50 Prozent unserer Volumina aus“, sagt Achim Danner, Projektleiter von Hierl & Müller (E-Kurier.net) in Straubing. Die meisten Frachten werden von oder nach Großbritannien und Frankreich umgeschlagen, im Aufwind sind Angebote für Polen, Ungarn und Rumänien. Auch die Angebote der Großen der Branche wie Teleroute, Timocom oder Trans wuchsen in den letzten Jahren vor allem in Osteuropa. Weit über zwei Drittel der angebotenen Ladungen sind auf internationalen Strecken unterwegs. Gerade diese Börsen haben besonders stark in zusätzliche Sicherheitsfeatures investiert. 9 von 10 Fällen erfolgreich gelöstSo konfigurierte Teleroute vor einem Jahr das Plattform-Modul E-Confirm. Mit diesem können Firmen elektronisch Dokumente hochladen und sich die Identität ihres Geschäftspartners über einen individuellen Code bestätigen lassen. Seit März arbeitet die Plattform mit der Online-Auskunftei Creditsafe zusammen. Zudem gibt es einen Inkassoservice, der die Kunden bei der Begleichung offener Forderungen unterstützt. Mit einem solchen wirbt auch Timocom: 2011 konnten laut Chief-Representative Marcel Frings neun von zehn Inkasso-Fälle erfolgreich abgeschlossen werden. Zudem können Kunden, die trotz erfolgter Überprüfung Zweifel an der Identität ihres Geschäftspartners haben, ihre Unterlagen mit denen von Timocom abgleichen. Die Erfahrung zeigt, dass solche Services früher oder später auch von anderen Plattformen angeboten werden. Für Kunden gibt es aber genug zu tun. Vor allem bei der Vermittlung von langfristigen Kontrakten sehen die Börsen die Grenzen von standardisierten Services erreicht. „Hier muss der Frachtanbieter festlegen, welche Sicherheitsleistungen er für nötig hält“, sagt Cargoclix-Geschäftsführer Victor Meier. „Zudem sollte er Kandidaten zum Gespräch bitten und deren Standorte besuchen.“ ❙❚■ Stefan Bottler, freier JournalistEine wertvolle Hilfe, um etwaige Zahlungsausfälle zu vermeiden: die Bonitäts-Bewertung von KundenInternationale Frachtvermittlungen: Auf was Transporteure achten solltenDie Bonitätsangaben der Frachtenbörsen können fallweise veraltet oder unvollständig sein. Prüfen Sie deshalb die Zahlungsfähigkeit neuer Geschäftspartner unmittelbar nach dem ersten Kontakt bei einer Auskunftei und wiederholen Sie diese Prüfung einmal im Jahr.Kaum eine Frachtenbörse weist Kabotage-Transporte gesondert aus. Ermitteln Sie vor einer Übernahme, ob die gesetzlichen Voraussetzungen (maximal drei Fahrten in sieben Tagen) erfüllt sind.Bei einzelnen Transportgütern (Recycling, Schüttgut) sind für den Grenzübertritt auch innerhalb des EU-Raums besondere Genehmigungen erforderlich – prüfen Sie deren Vorhandensein. botFrachtenbörsenDank Teleroute stets ausgelastet Jeden Monat stellt Nothegger Transport Logistik im österreichischen St. Ulrich weit über 100 internationale Ladungen auf die Frachtenbörse Teleroute. Mindestens ebenso viele Rückfrachten werden gebucht. Transportrouten nach oder innerhalb von wichtigen Märkten wie Frankreich können nur mit Teleroute ausgelastet werden. „Wir erhalten 80 Prozent unserer Rückfrachten von Frankreich nach Österreich, Deutschland und Italien über Frachtenbörsen“, sagt Walter Steige, IT- und Kommunikationsleiter von Nothegger. Wenn eigene Ladungen vergeben werden, erhält erst eine geschlossene Benutzergruppe, der alle 13 Niederlassungen angehören, für rund 15 Minuten den Zugriff. Anschließend werden diese für alle Teleroute-Nutzer freigeschaltet. Mit dieser Lösung ist sichergestellt, dass der eigene Fuhrpark stets ausgelastet wird. Ansonsten werden mit Teleroute jedes Jahr etwa zehn Verlader als neue Kunden gewonnen. Auch viele Transportbetriebe sind an einer Zusammenarbeit interessiert. Jeden Kandidaten, der sich via Frachtenbörsen meldet, überprüft Nothegger nochmals auf seine Bonität. „Über 20 Prozent der Firmen genügen unseren Anforderungen nicht“, sagt Steiger. botNotheggers-LKW: Voll dank Frachtenbörsenpraxislösung nothegger Frachtenbörsen: Wer was im Ausland bietet*AnbieterInternationale PräsenzSicherheitsfeaturesBenelogwww.benelog.comZielgruppe: Frachtführer, Spediteure, VerladerRegistrierung in über 50 Ländern möglichRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, Handelsregister-(HR)-Auszug),TeilnehmerbewertungenBox 24www.box24.deZielgruppe: Frachtführer, Spediteure, Verlader30 bis 40 Prozent internationale Frachten, vor allem Stückgut, Teil- und KomplettladungenRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug),TeilnehmerbewertungCargoclixwww.cargoclix.comZielgruppe: Frachtführer, Spediteure, VerladerÜber 70 Prozent internationale Frachten, vor allem Osteuropa, Frankreich, Italien, SpanienRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug),Teilnehmerbewertung,ReferenzkundenkontaktCouriernetwww.courier.netZielgruppe: KEP-DiensteÜber 40 Prozent internationale FrachtenRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug),Teilnehmerbewertungen,Bonitätsprüfung, InkassopartnerHierl & Müllerwww.e-kurier.netZielgruppe: KEP-Dienste 40 bis 50 Prozent internationale Frachten, vor allem Osteuropa, Frankreich, GroßbritannienRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug)Fracht 24www.trans-boerse.comwww.schuettgut-boerse.comwww.express-boerse.comZielgruppe: Frachtführer, Spediteure, KEP-DiensteRund 25 Prozent internationale Frachten, vor allem NachbarländerRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug),Bonitätsprüfung (Bürgel), KontrollanrufeLkw Onlinewww.lkwonline.de Zielgruppe: Frachtführer, Spediteure, VerladerRund 20 Prozent internationale Frachten, vor allem NachbarländerRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug),BonitätsprüfungTeleroutewww.teleroute.deZielgruppe: Frachtführer, SpediteureEuropaweite Angebote für 36 LänderRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug),Bonitätsnachweis (Creditsafe),Identitätsprüfungstool,Inkasso-ServiceTimocomwww.timocom.comwww.portatio.comZielgruppe: Frachtführer, SpediteureEuropaweite Angebote für 44 LänderRegistrierungsauflagen (u. a. Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug),Identitätsprüfungstool,Inkasso-Service,Regelmäßiges Controlling nach VertragsabschlussTranswww.trans.euEuropaweite Angebote für Nutzer aus 18 Ländern, Schwerpunkt OsteuropaRegistrierungsauflagen (Vorlage von Versicherungsnachweis, HR-Auszug u. a.),Teilnehmerbewertungen, Bonitätsprüfung (Crefo)*Quelle: Eigene Unternehmensangaben; wichtig: Bei der Tabelle handelt es sich um eine Auswahl der Frachtenbörsen und ihrer ServicesFrachtenbörsen

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