FDP: Tacho-Trickser härter bestrafen

Ein simpler Schalter lässt die Zeit verschwinden. Viele Stunden ermüdende Autobahnfahrt am Steuer eines 40-Tonners: einfach weg. Manipulierte Tachografen ermöglichen es betrügerischen Speditionen und ihren Fahrern bei Kontrollen, die Einhaltung der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten vorzutäuschen. Organisierte Kriminalität und Softwareschmieden arbeiten hierbei Hand in Hand. Wie schwierig daher die Jagd auf die Lenkzeitbetrüger ist, hat der FDP-Bundestagsabgeordnete Christian Jung selbst erlebt, als er Mitarbeiter des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) bei einer Kontrolle zwischen Freiburg und Basel begleitete. "Geschätzt jeder vierte Lkw auf den deutschen Straßen soll mit so einem manipulierten Gerät unterwegs sein", sagt Jung. Der Berichterstatter der FDP-Fraktion zu Güterverkehr und Logistik beruft sich auf Angaben der anwesenden BAG-Kontrolleure. Bei den Lkw aus Deutschland lag der Anteil nicht konformer Tachografen bei 23 Prozent, bei den ausländischen Lkw bei 17 Prozent. Der Wettbewerbsnachteil für die ehrlichen Unternehmer und die Verkehrsgefährdung durch die Betrüger sind erheblich: Selbst ein einstelliger Prozentanteil an Digitacho-Tricksern entspräche Tausenden manipulierten Lkw. Kritik an zu dünnem Kontrollnetz Die nächste Generation digitaler Tachografen, die ab kommendem Sommer für neu zugelassene Lkw Pflicht wird, schafft nach Jungs Einschätzung kaum Abhilfe: "Experten sagen mir, dass das wenige Wochen dauert, bis die gehackt sind." Da nützt es auch wenig, dass die neuen Geräte Überprüfungen vereinfachen, indem standardisierte Schnittstellen den Kontrolleuren das Auslesen der Daten erleichtern. Zudem müssen auch die Lkw mit neuen Digitachos überhaupt erst einmal kontrolliert werden. Markus Olligschläger, Leiter nationaler Straßengüterverkehr beim Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV), fordert deshalb nicht nur verbesserte Technik. Eine wirkungsvolle Bekämpfung setze auch "ein dichteres Kontrollnetz und eine hohe technische Kompetenz der Überwachungsbehörden voraus." Jung sagt: "Wir brauchen vor allem mehr technische Kontrolleure, die sofort beurteilen können, ob ein Fahrzeug überhaupt fahrtüchtig ist." Auch der Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) fordere seit Jahren eine spürbare Aufstockung des Kontrollpersonals beim BAG, sagte BGL-Sprecher Martin Bulheller. Die Behörde hat nach eigenen Angaben bundesweit 231 Mitarbeiter im Straßenkontrolldienst. Wie sie die angestrebte Aufstockung auf 300 Mitarbeiter noch im kommenden Jahr schaffen will, ist fraglich. Höhere Strafen zur Abschreckung Jung schlägt deshalb vor, neben der Zahl der Kontrollen auch das Strafmaß zu erhöhen. Bisher wird nur ein Bußgeld fällig. "Man müsste die Fahrer in Untersuchungshaft nehmen und die Inhaber oder Geschäftsführer der Speditionen zur Fahndung ausschreiben." In Frankreich würden etwa Lkw samt Ladung beschlagnahmt. "Wenn man so etwas 50 Mal macht, spricht sich das in der Branche schnell herum." Als Jung im Oktober im Bundestag die Bundesregierung hierzu befragte, blieb Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Vagen. Auf Anfrage der VerkehrsRundschau bestätigte das Ministerium die Notwendigkeit einer höheren Kontrolldichte und betonte, dass es dafür zusätzliche Stellen im Straßenkontrolldienst geben soll. Jung will nun die Digitacho-Schummelei auf die Agenda des Bundestagsausschusses für Verkehr setzen. "Danach sind Anträge beziehungsweise Gesetzesentwürfe zur Strafverschärfung denkbar." BAG-Statistik Mehr BeanstandungenMehr als 600.000 Kontrollen hat das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben durchgeführt. Die meisten davon zielten aber auf die Durchsetzung der Lkw-Maut, wofür das Kontrollpersonal auf 680 Stellen aufgestockt werden soll. Die Zahl der technischen Kontrolleure soll auf 300 steigen. Die Zahl der gezielt kontrollierten Tachografen erhöhte sich von 4303 Lkw in 2015 auf 13.012 Lkw in 2017. Die Beanstandungsquote fiel dabei seither relativ konstant aus: 22 bis 23 Prozent bei inländischen Lkw, 12 bis 17 Prozent bei ausländischen Lkw, auf die rund drei Viertel aller Tachografen-Kontrollen entfallen. sh