Die Mehrheit der seit mehr als drei Wochen auf der südhessischen Raststätte Gräfenhausen streikenden Fernfahrer hat mittlerweile von ihrem polnischen Arbeitgeber einen Teil des geforderten ausstehenden Lohnes erhalten. Allerdings seien die dazugehörigen Dokumente noch immer nicht beigefügt worden, sagte Verhandlungsführer Edwin Atema von der niederländischen Transportarbeitergewerkschaft am Mittwoch. 19. April. Auch hätten die Fahrer nicht alle der geforderten Lohngelder bekommen. Anna Weirich vom Beratungsnetzwerk Faire Mobilität schätzte, dass insgesamt noch immer etwa ein Drittel der Summe fehlt.
Ein russischsprachiger Arzt untersuchte am Mittwoch die Fahrer aus Georgien und Usbekistan, die in Deutschland keine Krankenversicherung haben. Viele von ihnen klagten über Rücken- und Schulterprobleme, erfuhr ein dpa-Reporter. Die meisten sind seit Monaten in ihren Lastwagen unterwegs und schlafen auch in den Kabinen.
Seit Ende März sind die Fahrer auf der südhessischen Raststätte an der A5 im Ausstand. Nach Angaben der Fahrer haben sie seit Wochen, teilweise seit Monaten kein Geld erhalten.
Die Linke thematisiert Fahrerlohn im Landtag
Der Fall hat inzwischen über die Grenzen Hessens hinaus Aufsehen erregt und wurde am Dienstag im Europaparlament in Straßburg diskutiert.
Die Linke im hessischen Landtag hat unterdessen zwei Kleine Anfragen zu rechtlichen Fragen und zu innenpolitischen Konsequenzen eingebracht, wie die Fraktionsvorsitzende Elisabeth Kula am Mittwoch berichtete. Darin geht es auch um den Versuch des polnischen Unternehmers, gemeinsam mit einem nach Gräfenhausen angereisten Sicherheitsunternehmen den Streik zu brechen. Zudem will die Linke von der Landesregierung Aufklärung über die Arbeitsbedingungen im Güterfernverkehr auf hessischen Straßen. Jetzt müsse sich „endlich der politische Wille durchsetzen, die Einhaltung des Mindestlohnes konsequent zu überprüfen sowie die Arbeitsbedingungen für Kraftfahrer europaweit zu verbessern und zu vereinheitlichen“, sagte Kula, die die streikenden Fahrer am Donnerstag besuchen will.
Sparmaßnahmen aufgrund hoher Kraftstoffpreise
Der Anwalt des polnischen Speditionsunternehmers hoffte in einer Stellungnahme auf eine gütliche Lösung, „um diesen Protest so schnell wie möglich zu beenden und den normalen Betrieb des Unternehmens wiederherzustellen, wobei die Interessen der Fahrer berücksichtigt werden“.
Zu den Beschwerden über ausstehenden Lohn wurde auf Sparmaßnahmen aufgrund hoher Kraftstoffpreise und niedrigen Auftragsvolumens verwiesen, die angeblich mit den Fahrern abgesprochen worden seien.
„Diese Sanierungsmaßnahmen waren und sind notwendig, um unsere Unternehmen zu retten. Wir gingen davon aus, dass unsere Fahrer die Maßnahmen kannten und mit diesem Programm einverstanden waren, um die Unternehmen auf dem Markt für Transportdienstleistungen zu halten. Zu unserer Überraschung war dies jedoch nicht der Fall“, hieß es in dem Schreiben.