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Ex-Pkw-Maut-Betreiber widerspricht Scheuer in zentralen Punkten

01.10.2020 15:31 Uhr
Volker Schneble
Volker Schneble, Geschäftsführer der Gemeinschaftsfirma Autoticket, trat heute als Zeuge vor den Untersuchungsausschuss des Bundestages
© Foto: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Die Aufklärung der gescheiterten Pkw-Maut geht in eine entscheidende Phase: Lief das Verfahren korrekt ab? Hat der Minister Verträge zu eilig gekündigt? Ex-Geschäftspartner schießen scharf gegen den Bund.

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Berlin. Im Streit um die geplatzte Pkw-Maut hat der einst vorgesehene Betreiber Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in zentralen Punkten widersprochen. Das Projekt sei „bis zum Ende gut gelaufen“, sagte der Geschäftsführer der Gemeinschaftsfirma Autoticket, Volker Schneble, am Donnerstag im Untersuchungsausschuss des Bundestages. Die Kündigung der Verträge durch den Bund kurz nach dem Stopp der Maut durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Juni 2019 sei spontan und politisch motiviert gewesen. „Das war eine Kurzschlussreaktion“. Die Opposition forderte Klarheit von Scheuer, der voraussichtlich ebenfalls noch als Zeuge gehört werden sollte.

Schneble: Verkehrsminister verantwortlich für Ende des Projekts

Schneble sagte mit Blick auf den geplanten Starttermin der Maut am 1. Oktober, gerne hätte er das System nun in Betrieb genommen. Es sei mehr als bedauerlich, dass sich die Dinge anders entwickelt hätten. Bis zur Vertragskündigung hätten die Projektampeln „durchweg auf Grün“ gestanden. Die Kündigung sei „ein klares Foulspiel“ gewesen. Eine Umsetzung der Maut wäre nach dem Urteil rechtskonform möglich gewesen. Der Minister sei verantwortlich für das Ende des Projekts.

Das Ministerium hatte für die Kündigung neben dem Urteil mangelnde Leistungen und Probleme in der Zusammenarbeit genannt. Die Gründe der Kündigung sind wichtig für ein laufendes Schiedsverfahren zwischen den Autoticket-Gesellschaftern und dem Bund. Die Unternehmen fordern Schadenersatz von 560 Millionen Euro. Der Bund weist das strikt zurück und verweist darauf, dass den Unternehmen bei einer Kündigung aus mehreren Gründen vertraglich keine Ansprüche zustünden.

Schneble bestätigte Angaben aus einem nachträglich von ihm erstellten Vermerk, dass die Betreiberseite in einem Gespräch bei Scheuer am 29. November 2018 angeboten habe, das EuGH-Urteil abzuwarten - also das Projekt zu „sistieren“ (sinngemäß: vorläufig zu unterbrechen).

Schneble erläuterte zur Motivation, dass das Ministerium so mehr Zeit hätte bekommen können, um einen höheren Finanzrahmen für das Projekt beim Bundestag zu erreichen. Scheuer hatte im September 2019 im Bundestag auf Abgeordnetenfragen geantwortet, ein solches Warte-Angebot sei „nicht Thema“ dieses Gesprächs gewesen.

FDP: Scheuer hat Verträge „kopflos und überhastet“ gekündigt

Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic sagte: „Es ist nach der Aussage völlig klar, dass Scheuer nur wegen des EuGH-Urteils kopflos und überhastet gekündigt hat.“ Schneble habe glaubhaft geschildert, dass es das Angebot gegeben habe, die Vertragsunterzeichnung bis nach dem EuGH-Urteil zu verschieben. Die Opposition wirft Scheuer vor, die weitreichenden Verträge Ende 2019 geschlossen zu haben, bevor Rechtssicherheit im EuGH-Verfahren bestand. Grünen-Obmann Stephan Kühn sagte, der Zeuge habe deutlich gemacht, dass der Kündigungsgrund „Schlechtleistung“ vorgeschoben gewesen sei.

Die CSU versuchte, dem Ressortchef den Rücken zu stärken. Scheuer sei Verkehrsminister und bleibe Verkehrsminister, sagte Unions-Obmann Ulrich Lange (CSU). Er meldete bereits vor der Sitzung „erhebliche Zweifel“ an dem von Schneble vorgelegten Vermerk an. „Der Zeuge hat an dem Termin nicht teilgenommen, an den er sich angeblich erinnert.“ Zudem habe er den Vermerk erst zwei Jahre danach erstellt. Lange verteidigte es, dass auch Ex-Verkehrsstaatssekretär Gerhard Schulz als Zeuge gehört werden sollte, der an dem Gespräch teilgenommen hat.

Scheuer hat Vorwürfe wegen seines Vorgehens vehement zurückgewiesen. Im Ausschuss zeichnete sich ab, dass er voraussichtlich nicht vor dem Abend als Zeuge an die Reihe kommen könnte. Zunächst sollten noch die Gesellschafter des Betreibers Autoticket befragt werden: Klaus-Peter Schulenberg, Chef von CTS Eventim, der nach Schnebles Darstellung das Warte-Angebot an Scheuer gemacht haben soll, sowie anschließend der Chef von Kapsch TrafficCom, Georg Kapsch. Ebenfalls noch vor Scheuer sollte auch Ex-Staatssekretär Schulz angehört werden. (dpa)

 

 

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