EU: Euro-7-Standards abgeschwächt

In Kürze Die Pläne der EU-Kommission bezüglich der neuen Abgasnorm Euro 7 haben für viel Kritik gesorgt. Die ist offensichtlich auch bei EU-Rat und Europa-Parlament angekommen: Sowohl die Vorgaben dafür als auch für die neuen CO2-Grenzwerte für Lkw sollen nun gemäß den Plänen beider Institutionen wohl milder ausfallen als gedacht. Dafür gibt es Zuspruch aus der Industrie. Noch ist nichts entschieden, aber klar scheint bereits jetzt: Euro 7 wird nicht so kommen wie von der EU-Kommission vor knapp einem Jahr vorgeschlagen. Denn die beiden EU-Einrichtungen, die die neuen Regeln als EU-Gesetze verabschieden müssen - der Rat mit den Mitgliedsländern und das Europa-Parlament -, schließen sich tendenziell der allgemeinen Kritik an, die bereits nach der Veröffentlichung der Pläne laut wurde. Und die im Tenor sagt: Die Vorschläge sind viel zu ambitioniert, zu unrealistisch und stellen eine zu große finanzielle Belastung für Hersteller und Käufer neuer Lkw dar. Zumal fast gleichzeitig auch noch neue CO2-Grenzwerte für Lkw in der EU beschlossen werden sollen. Irgendwann sei die Grenze des Machbaren erreicht. Die EU-Mitgliedsländer sehen das ähnlich. Sie haben sich bereits darauf geeinigt, was sie als neue Euro-7-Norm für Lkw fordern. Im Vergleich zum Vorschlag der Kommission sind das: niedrigere Schadstoffwerte, Mess- und Kontrollmechanismen, die ähnlich funktionieren sollen wie bei Euro 6 und keine neue, teils noch zu entwickelnde Technik erfordern, Festlegung der Vorschriften für den Partikelabrieb von Reifen und Bremsen auf die Empfehlungen der UN-Wirtschaftskommission für Europa, eine Verlängerung des Zeitraums, ab wann die neuen Vorschriften bei neu zugelassenen Lkw gelten sollen. Die EU-Kommission hatte dafür Mitte 2027 vorgeschlagen. Der EU-Rat fordert, den Start auf fünf Jahre nach Verabschiedung der Vorschriften festzulegen. Was nach derzeitigem Zeitplan Euro 7 auf 2029 verschieben würde. Kaum verwunderlich, dass der europäische Dachverband der Lkw-Hersteller ACEA das begrüßt: "Das ist eine Verbesserung des Euro-7-Vorschlags der Kommission, der komplett unangemessen war, Herstellern und Käufern hohe Kosten verursacht und nur wenige Verbesserungen für die Umwelt gebracht hätte", kommentiert ACEA-Generaldirektorin Sigrid de Vries die Änderungen des Rats. Trotzdem sieht sie auch in den abgeschwächten Plänen "hohe zusätzliche Kosten" auf die Hersteller-Industrie zukommen - gerade bei den Testverfahren, die zur Einhaltung der neuen Normen notwendig seien. Die EU hätte schon heute so strenge Vorschriften, dass noch strengere Vorgaben für den Schadstoffausstoß nur mit Technik gemessen werden könne, die mit viel Geld entwickelt werden müsse. Bereits die möglichen Überschreitungen der aktuellen Grenzwerte seien "kaum mehr messbar". "Kompromiss mit Augenmaß" In die gleiche Richtung geht der Kommentar der International Road Transport Union (IRU). "Wir freuen uns ganz besonders, dass die Grenzwerte für schwere Lkw abgesenkt wurden und die bereits bestehenden Testmethoden von Euro 6 beibehalten werden sollen", teilt Raluca Marian, Leiterin des IRU-Büros bei der EU in Brüssel, mit. Sie sieht in der Position des Rats "mehrere Verbesserungen" und einen "pragmatischeren Umgang mit Abgas-Standards, der eine bessere Balance findet zwischen Kosten und Nutzen". "Die Einigung des Rates ist ein Kompromiss mit Augenmaß", lautet auch die Bewertung des CSU-Europa-Abgeordneten und Verkehrsexperten Markus Ferber. "Mit einer deutlich abgeschwächten Euro-7-Abgasnorm schiebt der Rat dem überzogenen Kommissionsvorschlag einen Riegel vor. Die Entschärfung der Grenzwerte verhindert Europas Weg ins industrie-politische Abseits." Ferber wird gemeinsam mit seinen Abgeordneten-Kollegen bald auch die Position des Parlaments zu Euro 7 festlegen. Bislang deutet alles darauf hin, dass auch dort die Kommissionsvorschläge deutlich abgeschwächt werden. Mit ähnlichen Argumenten, wie das der Rat getan hat. In den bisher (bei Redaktionsschluss) vorliegenden Stellungnahmen der beratenden Ausschüsse wird dabei auch - ähnlich wie beim Rat - auf die gleichsam parallel erfolgende EU-Gesetzgebung zu neuen CO2-Grenzwerten für Lkw hingewiesen. Aufgrund dieser Gesetzgebung und den angestrebten Verschärfungen der CO2-Grenzwerte sei die EU bereits auf einem guten Weg, den Straßengütertransport umweltfreundlicher zu gestalten. Da dürfe man nicht zu viel fordern, um auch die europäische Wirtschaft nicht zu sehr mit Kosten zu belasten, so die Argumentation. Sollten im Parlament tatsächlich solche Positionen beschlossen werden, müssten mit dem Rat in den sogenannten Trilogverhandlungen nur noch Einzelheiten geklärt werden, um die Neuerungen zu verabschieden. Bei diesen Verhandlungen säße die Kommission nur beratend mit am Tisch. Weniger ambitioniert als von der Kommission vorgeschlagen könnten auch die neuen CO2-Grenzwerte für Lkw ausfallen. Zwar haben bislang weder Parlament noch Rat ihre Positionen dazu festgelegt, dafür aber der Verkehrsausschuss (TRAN) des Parlaments. Mit dem Ergebnis: Statt 45 Prozent weniger CO2 bis zum Jahr 2030, wie die Kommission vorschlägt, fordert TRAN nur 30 Prozent weniger. Statt 65 Prozent weniger bis 2035 sollen es laut TRAN nur minus 50 Prozent sein. Und für 2040 verringert TRAN das Ziel der Kommission von 90 auf 75 Prozent. "Wir stehen voll hinter TRAN, der mit diesen Vorschlägen alle Optionen für Unternehmen des Straßengütertransports offenlässt", kommentiert für die IRU Raluca Marian. Entscheidungen des Rats und des EU-Parlaments werden noch für dieses Jahr erwartet. Danach wird es wie für Euro 7 in die Trilogverhandlungen gehen. Kay Wagner, Brüssel-Korrespondent

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