Brüssel. Die Europaabgeordnete Eva Lichtenberger (Grüne) hat die EU-Kommission dazu aufgefordert, die Kontrollen zur Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten von LKW-Fahrern europaweit zu überprüfen. "Da gibt es gigantische Verstöße der Mitgliedsstaaten, einige Länder führen gar keine Kontrollen durch", sagte die österreichische Politikerin gestern in Brüssel. Sie sieht in nicht oder nur nachlässig durchgeführten Kontrollen eine massive Wettbewerbsverzerrung: "Da werden nämlich die Unternehmen benachteiligt, die ihre Fahrer vernünftig behandeln", so Lichtenberger während der Sitzung des Verkehrsausschusses im Europaparlament.
EU-Verkehrskommissar Siim Kallas, der die Abgeordneten gestern über die anstehenden Projekte seiner Behörde informierte, hält Lichtenbergs Anschuldigungen für unbegründet. "Das Thema Ruhezeiten steht ganz oben auf unserer Agenda", sagte er. Es gebe zwar tatsächlich ein Problem, aber es sei haltlos zu kritisieren, dass nichts geschehe. "Ruhezeiten werden kontrolliert, in einigen Ländern besser, in anderen Ländern schlechter", so der Kommissar. Er forderte Lichtenberger auf, ihm Ideen zu geben, was man besser machen könne.
"Soll ich denn durch ganz Europa reisen und ihm dann einen Bericht liefern?", empörte sich nach der Sitzung Lichtenberger im Gespräch mit der VerkehrsRundschau. Die EU-Kommission habe nach den Beschlüssen zu den Lenk- und Ruhezeiten 2006 fest zugesagt, die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten zu kontrollieren. Das sei bislang nicht geschehen. "Ich verlange Daten und Fakten", so Lichtenberger.
Zurzeit könne sie ihre Einschätzungen nur auf subjektive Berichte stützten, die sie von Unternehmen und Kontrolleuren zwischendurch erhalte. Demnach seien Kontrollen in Frankreich und Deutschland zum Beispiel in der Regel ausreichend. Große Probleme stellten südeuropäische Länder wie Spanien oder Italien dar. Und selbst wenn kontrolliert werde, seien die Kontrolleure nicht immer angemessen ausgerüstet. "Manchmal haben sie kein Lesegerät für den digitalen Tachografen", nannte Lichtenberger ein Beispiel.
Das Sozialdumping, das die EU-Kommission durch ihre nachlässige Haltung unterstütze, sei nicht nur eine Gefahr für die Sicherheit auf den Straßen. Sondern auch eine Unmenschlichkeit gegenüber den Fahrern, die von ihren Unternehmern "mit sanftem Druck" dazu gezwungen würden, die Vorschriften zu Lenk- und Ruhezeiten nicht einzuhalten.
Mit der Antwort von Kallas zeigte sich Lichtenberger gar nicht zufrieden. Sie werde jetzt eine schriftliche Anfrage zu dem Thema an den Kommissar richten. Falle die Antwort ebenso unbefriedigend wie Kallas' Reaktion im Ausschuss aus, werde sie eine mündliche Frage im Plenum des Europaparlaments vorbereiten. "Kallas muss einmal ein paar Beamte rausschicken, um die Kontrollen zu überprüfen, und bei Verstößen gegen die Vorschriften müssen dann natürlich Konsequenzen folgen", so Lichtenberger. (kw)
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