Das Schweizer Tor zur Welt

Wohl nur wenige Binnenhäfen auf der Welt können von sich behaupten, "Tor" ihres Landes zu sein. Auf die Baseler Rheinhäfen Birsfelden, Auhafen-Muttenz und Kleinhüningen trifft dies zu. Stolz nennt sich das Trio, das seit zehn Jahren unter einer Verwaltung firmiert, "Port of Switzerland". Alle Waren, die per Binnenschiff in das Nachbarland kommen, werden hier auf Straßen- oder Schienengüterverkehre verladen. Andere Schweizer Binnenhäfen gibt es nicht. Auch die weitaus meisten Schienenimport- und -exportverkehre werden über Basel umgeschlagen. Mit 5,8 Millionen Tonnen im Jahr 2017 ( 2016: 5,9 Millionen Tonnen) liegt das Güteraufkommen dieser Drehschreibe zwar deutlich hinter dem vieler bekannter Rheinhäfen in Deutschland. Allerdings werden in Basel so ziemlich alle marktüblichen Binnenschifffahrtsgüter umgeschlagen. Von Treib- und Brennstoffen über Nahrungs- und Futtermittel bis hin zu Baumaterial, Eisen, Stahl und Erz- und Metallabfällen reicht das Portfolio. Wie in vielen anderen Standorten boomen auch hier die Containerverkehre: 2017 wurden über 137.500 TEU (20-Fuß-Container; 2016: 131.700 TEU) abgefertigt. Im ersten Quartal des Jahres 2018 sind die Volumina dank äußerst günstiger Rheinstände um fast 50 Prozent auf 31.860 TEU (21.484 TEU) hochgeschossen. Möglicherweise profitieren die Häfen auch vom "Rastatt-Effekt". Als 2017 die Rheintalbahn infolge der Gleisabsenkung beim Tunnelbau fast zwei Monate lang nicht durchgehend befahren werden konnte, wechselten viele Verlader auf die Binnenschifffahrt und fahren jetzt ihre Volumina auf diesem Verkehrsträger weiter hoch. Schlüsselrolle für intermodale Verkehre Solche Zahlen sorgen für Hochstimmung am Oberrhein. Für die kommenden Jahre sieht die Hafendirektion unter Hans-Peter Hadorn gute Chancen, dass die Binnenschifffahrt ihr Verlagerungspotenzial in den kommenden Jahren weit stärker als bisher ausschöpfen wird. Gerne zitiert sie eine Studie, welche das Steinbeis Zentrum für Logistik und Nachhaltigkeit (SLN) und die Ingenieursgesellschaft SSP Consult 2017 im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) in Berlin erstellt haben. Demnach könnten Container-Transporte auf diesem Verkehrsträger bis 2030 um 90 Prozent wachsen. Vor allem bei alpenquerenden Verkehren sieht das 200 Seiten lange Werk Wachstumspotenzial und weist dem "Port of Switzerland" eine Schlüsselrolle zu. Erst ab Basel können diese auf den Rhein verlagert werden. Während jedoch zu den Nordseehäfen Antwerpen und Rotterdam 16 Schiffslinien und Schienenverbindungen von einem halben Dutzend Anbietern existieren, gibt es bislang kaum intermodale Verkehre nach Genua und zu anderen ligurischen Häfen. "Die Rheinschifffahrt hat Zukunft und die Binnenhäfen müssen investieren", schlussfolgert Hafen-Direktor Hadorn. "Andernfalls fährt der Zug ohne die Schifffahrt ab und kann diese ihr Verlagerungspotenzial nicht ausschöpfen." Und Basel investiert. Im Sommer 2017 wurden die Bauarbeiten für eine bessere Anbindung der Hafenbahn an die Standorte Birsfelden und Auhafen-Muttenz aufgenommen. Voraussichtlich ab 2020 können Container und andere Ladungen vom örtlichen Güterbahnhof direkt in diese Häfen und nicht über die Streckengleise transportiert werden. Die Kosten von 29 Millionen Euro teilen sich die öffentliche Hand und die Hafenbahn Schweiz AG, die über zwei Hafenbahnhöfe zwei Drittel der umgeschlagenen Güter ins öffentliche Schienennetz einspeist. Terminal mit 390.000 TEU Kapazität Bei Container-Verkehren liegt der Anteil der Bahn am Modal Split weit unter 50 Prozent, was auch an der zersplitterten Terminallandschaft in Basel liegen kann. Ein halbes Dutzend Anlagen von Contargo, Swissterminal, Ultra Brag und anderen Betreibern sind auf die Häfen Birsfelden und Kleinhüningen verteilt. Das wichtige Terminal Basel-Wolf von Hupac am Güterbahnhof hat keinen Hafenanschluss. Dieser fehlt bei dem neuen, trimodalen Terminal Gateway Basel Nord nicht. Am Rande des Hafens Kleinhüningen ist eine neue Großanlage mit Direktanschluss an Autobahn und Schienentransit sowie eigenem Hafenbecken geplant. Seit 2015 treibt eine AG, an der Contargo, Hupac und SBB Cargo Anteile halten, das Projekt voran. In drei Baustufen soll dieses bis Mitte der 1920er-Jahre realisiert werden, die Gesamtkosten werden auf 200 Millionen Euro veranschlagt, wovon die öffentliche Hand vermutlich die Hälfte übernehmen wird. Bis zu 390.000 TEU können hier jährlich umgeschlagen werden. Die Baseler Hafenwirtschaft will Gateway-Nord zum internationalen Hub ausbauen, das Import- und Exportverkehre bündelt und den Anteil der Schiene am gesamten Modal Split auf 50 Prozent erhöht. "Rund 40 Prozent der internationalen Containerverkehre von und zu den Seehäfen werden per Lkw transportiert, Tendenz weiter steigend", klagt Claudia Bracher, Sprecherin der Gateway Basel Nord AG. "Trotz der zahlreichen Linienverkehre ab Basel werden weiterhin viele Container in ausländischen Terminals wie Weil am Rhein, Wolfurt oder auch Ulm auf die Schiene verladen." Gerne rechnet Bracher vor, dass das neue Terminal dank schnellerer Durchlaufzeiten die Kosten für Import- und Exportsendungen um bis zu 15 Prozent senken und 580 neue Arbeitsplätze schaffen wird. Aber auch intermodale Verkehre von und zu den ligurischen Häfen dürften endlich in Fahrt kommen. Gateway Nord liegt direkt an der Schienenstrecke, die Teil der Neuen Eisenbahnalpentransversale (NEAT) zwischen Rotterdam und Genua werden soll. Nicht jeder freut sich über Gateway Nord Und natürlich soll Gateway Nord auch die Stadt Basel selbst entlasten, die dringend neuen Wohnraum benötigt und hierfür hafennahe Flächen nutzen möchte, welche auch für die Ansiedlung von Logistikunternehmen infrage kommen. Genau deswegen ist nicht jedes Hafenunternehmen von Gateway Nord überzeugt. "Die problematische Lage des Hafens mitten in einer urbanen Region setzt den Straßenkapazitäten enge Grenzen und wird durch die vorhandene dezentrale Struktur der Terminallandschaft sehr gut kompensiert", fürchtet Roman Mayer, Chef der Swissterminal-Gruppe, offenbar hafeninterne Verlagerungseffekte. Der Familienbetrieb hat zwei trimodale Anlagen in Kleinhüningen und Birsfelden und bietet seit wenigen Wochen eine Nachtsprungverbindung nach Antwerpen an. Weil der "Port of Switzerland" bis zur Fertigstellung von Gateway Nord weiter wachsen wird, gilt die Erschließung neuer Logistikflächen als wichtigste Herausforderung der kommenden Jahre. Gerade einmal drei Prozent der für Lager und Transport geeigneten Standorte sind im Großraum Basel noch frei. "Die Region muss Konsequenzen aus dem erwarteten Wachstum ziehen", mahnt Thomas Knopf, Geschäftsführer des Logistikdienstleisters Ultra Brag. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Binnenhäfen www.verkehrsrundschau.de/dossiers Struktur Hafen Basel Hafen mit drei Standorten Der Hafen Basel besteht eigentlich aus drei Häfen. Größter Standort ist mit über 700.000 Quadratmeter Kleinhüningen am rechten Rheinufer mit drei trimodalen Containerterminals. Hier werden auch Trockengüter sowie Treib- und Brennstoffe umgeschlagen. Die Standorte Birsfelden (420.000 Quadratmeter) und Auhafen-Muttenz (458.000 Quadratmeter) liegen rheinaufwärts am rechten Ufer. Birsfelden hat sich ebenfalls auf den Umschlag von Containern, Trockengütern sowie Mineralölerzeugnissen spezialisiert. In Auhafen-Muttenz werden ausschließlich Schütt- und Massengüter aller Art sowie Schwergut be- und entladen. bot