BWVL-Jahrestagung: Die Stunde null

"Stunde null." "Meilenstein." "Heute schreiben wir Geschichte." Das waren Superlative, die angesichts der Vorstellung des Wasserstoff-Lkw von Hyundai in Mainz Ende Juni auf der Jahrestagung des BWVL fielen. Erstmals wurde mit dem "Xcient Fuell Cell" ein Serienmodell präsentiert, das im Alltagseinsatz auf Deutschlands Straßen unterwegs ist. Der Lkw gehört zum Fuhrpark von Mewa Textil-Service, einem europaweit tätigen Anbieter von Betriebstextilien und Mietberufskleidung. In Europa verfügt die Gruppe über einen Fuhrpark von 700 Lkw. Mewa hat bereits Erfahrung mit der Technik, denn in der Schweiz hat Hyundai bereits 47 Einheiten an Kunden verkauft - einer ist für Mewa im Einsatz. Die Erfahrung mit dem Brennstoff-Lkw in der Schweiz sei sehr gut gewesen, sagte Kay Simon, Leiter Mobilitätskonzepte bei Mewa, auf der BWVL-Tagung. Es habe zunächst Vorbehalte gegeben, ob der südkoreanische Lkw mit den europäischen Modellen mithalten könne. "Von der Verarbeitung, der Technik und der Qualität kann man den Hyundai in eine Reihe stellen mit den Fahrzeugen der europäischen Nutzfahrzeughersteller", so Simon. Tankinfrastruktur ist das Problem Der Brennstoff-Lkw kommt auf einer Tour zwischen einer Mewa-Wäscherei in Meißenheim in Baden-Württemberg und der Schweiz zum Einsatz. Von Meißenheim aus versorgt Mewa die Schweiz mit sauberen Textilien. Bislang hatte ein Diesel-Truck diesen 310 Kilometer langen Rundlauf übernommen. "Möglich ist diese Tour nur, weil sich die Tankinfrastruktur zu 100 Prozent in der Schweiz befindet", sagte Simon und machte damit auf ein Manko hierzulande aufmerksam. "Wenn wir in Deutschland genauso erfolgreich sein wollen wie in der Schweiz, brauchen wir dringend ein Netz an Wasserstofftankstellen", lautete eine Forderung von Simon an die Politik. Seine zweite richtete sich an die Verlader und Dienstleister: "Wir brauchen mehr Mitspieler." Simon ermunterte die Unternehmen dazu, sich beim Wasserstoffantrieb zu engagieren, damit sich diese Technik am Markt durchsetze. Mewa investiert in Wasserstoff-Lkw Mewa geht mit gutem Beispiel voran. Der zweite Wasserstoff-Lkw für Deutschland von Hyundai ist bestellt und soll im dritten Quartal 2022 zum Einsatz kommen. Den gerade veröffentlichten zweiten Förderaufruf des Förderprogramms KsNI will Mewa nutzen, um weitere Brennstoff-Lkw zu erwerben und somit "ein H2-Cluster zu bilden", wie es Simon bezeichnete. Oliver Luksic, parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister, bezeichnete den ersten Serien-Wasserstoff-Lkw als einen "Meilenstein". Er beglückwünschte die Akteure für ihren "Pioniermut". Es sei eine Notwendigkeit, den Straßengüterverkehr nachhaltiger zu gestalten, "da führt kein Weg dran vorbei". Denn sonst könne man das Ziel, bis 2030 ein Drittel beim CO2-Ausstoß zu sparen, nicht erreichen. Mit drei Maßnahmen versucht das Ministerium, das Ziel zu erreichen: mit Förderprogrammen für Fahrzeuge, mit dem Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur und mit einer CO2-orientierten Lkw-Maut. Bereits zum 1. Januar 2023 ist eine Erhöhung der Maut fest vorgesehen. "Wir wollen aber auch bei den Gewichtsklassen nach unten gehen und eine CO2-Spreizung bei der Maut einführen", sagte Luksic. Wann diese Änderung kommt, dazu wollte sich Luksic auf Rückfrage der Verkehrs-Rundschau nicht näher äußern. "Wir werden aber in den kommenden Wochen dazu beraten, sodass die Unternehmen Planungssicherheit bekommen", sagte der FDP-Politiker. Am Rande der Veranstaltung war zu hören, dass dieser zweite Schritt sich auch deshalb verzögern könnte, weil zur Erfassung der Maut offenbar nicht ausreichend On-Board-Units für die künftig mautpflichtigen Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen zur Verfügung stehen. Mehr zum Thema finden Sie unter #BWVL www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Höhepunkt der Jahrestagung des BWVL war die Vorstellung des ersten Serien-Wasserstoff-Lkw in Deutschland. Mit Oliver Luksic aus dem Bundesverkehrsministerium nahm ein prominenter Vertreter aus der Politik zur Klimawende im Verkehr Stellung. Quick: Verkehrsverlagerung mehr Wunsch als Realität Das Transportgewerbe erlebt schwierige Zeiten. Das wurde deutlich aus den Worten von Jochen Quick, Präsident des BWVL, anlässlich der Jahrestagung seines Verbands in Mainz. "Klimaschutz, Fachkräftemangel, marode Infrastruktur und Digitalisierung. Und immer noch Corona", zählte er die zahlreichen Baustellen auf.Vorteil WasserstoffDie Verkehrsverlagerung sei "mehr Wunsch als Realität". Mit der derzeitigen Organisation der Bahn sei "keine nachhaltige Verkehrswende zu sehen". Im Straßengüterverkehr seien bei der Umstellung von Diesel auf alternative Antriebe noch viele Fragen offen. In der Fläche sieht er den Brennstoff-Lkw vorne, weil dort die Betankung mit Wasserstoff leichter zu bewerkstelligen sei als mit Strom. cd

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