Bund will Bauvorhaben beschleunigen

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will Planungs- und Genehmigungs-Verfahren bei Infrastruktur-Projekten verkürzen. Die Prozesse seien bislang oft langwierig und kompliziert, meint er. Unter mehrfachem Hinweis auf die seit seinem Amtsantritt deutlich gestiegenen Mittel für die Infrastruktur (Stichwort: "Investitionshochlauf") präsentierte der CSU-Politiker in der vergangenen Woche Vorschläge des von ihm vor knapp einem Jahr eingesetzten Innovationsforums Planungsbeschleunigung. Zur Strategie gehört etwa, Pläne im Internet zu veröffentlichen, damit Bürger einfacher darauf zugreifen können. Außerdem sollen die Möglichkeiten des digitalen Planens und Bauens auch innerhalb der Genehmigungs-Behörden genutzt werden. Raumordnungs- und Planfeststellungs-Verfahren sollen in Pilotprojekten zusammengefasst werden, um Doppelarbeiten zu vermeiden. Genehmigungen für Ersatzbauten wie Brücken sollen im vereinfachten Verfahren mit reduzierter Beteiligung der Öffentlichkeit erteilt werden. Mehr Plangenehmigungs- statt der aufwendigeren Planfeststellungsverfahren lautet die Maxime. Das Bundesverkehrsministerium schlägt vor, bei Straßen und Schienen vorbereitende Baumaßnahmen schon vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu erlauben. Für Einwendungen gegen Projekte soll es wieder eine Stichtagsregelung geben. Hier dürfte ein Streit mit Umweltverbänden drohen. "Das Ziel lautet: Schneller planen, um zügiger zu bauen", sagte Dobrindt bei einer Pressekonferenz mit dem Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, Ronald Pofalla, in Berlin. Ein höheres Tempo bei Verkehrsprojekten will die Regierung auch durch die Bildung einer Fernstraßengesellschaft erreichen. Dobrindt sieht in dem Strategiepapier "wichtige Vorarbeiten" für die Zeit nach der Bundestagswahl. Wobei der Ressortchef überzeugt ist, dass es in der nächsten Legislaturperiode ein Planungsbeschleunigungsgesetz geben wird - "unabhängig von der politischen Ausrichtung einer Bundesregierung". Kritik aus dem Umweltministerium Diese Ansicht teilt auch der Koalitionspartner. "Niemand kann den Pendlern, die täglich in Staus stehen, erklären, warum Planen und Bauen in Deutschland so lange dauern", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks dagegen hat erhebliche Vorbehalte, weil die Strategie Planungsbeschleunigung Umweltstandards und Bürgerbeteiligung herabsetze. Eine "Absenkung bewährter Umweltstandards" sei der falsche Weg, betonte sie. Die SPD-Politikerin wandte sich insbesondere gegen den Vorschlag, beim Artenschutz EU-Naturschutzrichtlinien zu ändern. "Es wäre wichtig gewesen, dass die Bundesregierung an einem Strang zieht", kritisierte sie ein weiteres Mal Alleingänge von Dobrindt. Für den Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn stellen sich Dobrindts Vorschläge als einen "Angriff auf den Natur- und Umweltschutz und damit einen Rückfall in längst vergangen geglaubte Zeiten" dar. Der Bundesverkehrsminister wolle sich das Umweltrecht offenbar so zurechtbiegen, "wie es gerade für den Straßenbau passt". Kritisch beurteilt die Opposition in diesem Zusammenhang auch das gerade beschlossene Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - trotz des erweiterten Klagerechts für Umweltverbände. Denn der kürzlich in Kraft getretene Bundesverkehrswegeplan kann nicht mittels Verbandsklage auf seine Umweltverträglichkeit überprüft werden. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) begrüßte dagegen die Strategie und forderte deren rasche Umsetzung nach der Bundestagswahl. Hintergrund Die "Strategie Planungsbeschleunigung" des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur basiert auf der Arbeit einer von Ressortchef Alexander Dobrindt eingesetzten Experten-Runde mit Vertretern aus Politik, Verbänden, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Für den Verkehrsträger Schiene nahm die Deutsche Bahn teil. Die drei Schwerpunkte lauten: mehr Digitalisierung, vereinfachte Verfahren und ein praktikables Umweltrecht. ag