Bericht aus Berlin: Neue Wege

Noch wartet die Transportbranche auf den großen Wurf. Bislang hat sich der neue Bundesverkehrsminister Volker Wissing rar gemacht in der Öffentlichkeit - sieht man von einigen Fototerminen ab. Immerhin, zu den gesteckten Klimazielen im Verkehr hat er sich bekannt. Doch will er die erreichen, scheint eine Verkehrswende unvermeidbar - und die müsste bald kommen, weil die Uhr tickt und es im Verkehr großen Bedarf gibt (siehe Kasten Seite 15). Im Verkehr hängt alles mit allem zusammen. Deshalb gilt als ein Schlüssel zur Erreichung der Klimaziele die Verkehrsinfrastruktur: Werden mehr Schienenwege oder Wasserstraßen gebaut, können mehr Güter mit den umweltfreundlichen Verkehrsmitteln transportiert werden. Aber ohne die Straße wird es nicht gehen. Also stellt sich die Frage: Wie werden die Wege bei den jeweiligen Verkehrsträgern ausgebaut oder saniert? Für deren Beantwortung ist neben dem Umfang der bereitgestellten Gelder der Bundesverkehrswegeplan maßgeblich. Der derzeit gültige "Bundesverkehrswegeplan 2030" wurde 2016 beschlossen. Doch heißt "2030" nicht, dass bis dahin kein neuer Bundesverkehrswegeplan verabschiedet wird. Ganz im Gegenteil, die aktuelle Bundesregierung hat nämlich in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, "auf der Basis neuer Kriterien einen neuen Bundesverkehrswege- und -mobilitätsplan 2040 auf den Weg" bringen zu wollen. Kritik am alten Bundesverkehrswegeplan Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat dies zum Anlass genommen, im Februar ein komplettes Gesetz vorzulegen: das Bundesmobilitätsgesetz (BuMoG). Es wurde im Auftrag des ökologisch orientierten Verbandes von drei Verfassungsrechtlern entworfen. "Das BuMoG nimmt erstmals alle Verkehrsträger gleichberechtigt in den Blick und ermöglicht so die Umsetzung der Klimaziele im Verkehrssektor durch eine integrierte Planung und Finanzierung der Bundesverkehrswege", sagte die VCD-Bundesvorsitzende Kerstin Haarmann anlässlich der Vorstellung des Papiers. In der Tat: An dem Bundesverkehrswegeplan ist in der Vergangenheit immer wieder Kritik laut geworden. Weniger an dessen Inhalten, aber vor allem daran, dass es einen Riesenstau an nicht bearbeiteten Projekten gab. Auch die Verzahnung der Projekte galt nicht als optimal. Zudem wurde eine fehlende Flexibilität kritisiert. Nun haben die Verfassungsrechtler unter anderem vorgeschlagen, eine eigene Behörde für das BuMoG zu entwickeln: die Bundesanstalt für Mobilität. Die soll für die Vorbereitung und Fortschreibung des Bundesmobilitätsplanes verantwortlich sein. Dieser Plan soll unter anderem die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der Güterverkehr möglichst per Eisenbahn und auf Wasserstraßen erfolgen kann. Zudem sollen darin Umsetzungsziele für den verkehrsbezogenen Klimaschutz festgehalten werden. Der Vorstoß des VCD hat in der Güterverkehrsbranche nur ein geringes Echo erzielt. "Der Vorschlag des VCD ist viel mehr als ein Gesetzentwurf. Er ist eine Prüfung auf politische Ernsthaftigkeit, die sich viele Menschen wünschen", äußerte sich Peter Westenberger, Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), positiv zu dem Gesetz. Verkehrsministerium hält sich bedeckt Auf Rückfrage der VerkehrsRundschau zu dem VCD-Vorschlag hielt man sich im Bundesverkehrsministerium (BMDV) bedeckt. "Gemäß Koalitionsvertrag soll auf Basis neuer Kriterien ein neuer Bundesverkehrswege- und -mobilitätsplan 2040 auf den Weg gebracht werden. Das BMDV prüft derzeit, wie diese Vorgabe umgesetzt werden kann", sagte eine Sprecherin. Angaben zum Zeitplan eines neuen Bundesverkehrswegeplans konnte sie nicht machen. Deutliche Zurückhaltung kam aus dem Büro von Udo Schiefner (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag: "Ein BuMoG ist derzeit kein Thema", teilte ein Sprecher der VR mit. Er geht jedoch davon aus, dass es spätestens im März mehr Infos aus dem BMDV geben werde, wie es mit der Infrastrukturplanung weitergeht. Das sei vor dem Hintergrund der Klimawende dringend notwendig. Ein Zeichen dafür, dass auch die Abgeordneten aus dem Bundestag konkrete Vorschläge aus dem Ministerium erwarten. Doch um die Klimawende im Verkehr zu schaffen, braucht es mehrere einschneidende Maßnahmen. Eine Neuausrichtung bei der Planung und Realisierung der Verkehrsinfrastruktur könnte ein Baustein dazu sein. Mehr zum Thema unter #Verkehrsinfrastruktur www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Der VCD (Verkehrsclub Deutschland) hat von Verfassungsrechtlern ein Bundesmobilitätsgesetz ausarbeiten lassen. Damit soll vor allem die Planung und Finanzierung der Verkehrswege auf eine völlig neue Basis gestellt werden. Klimawende: viel zu tun im Verkehr Der Verkehr und hier vor allem der Güterverkehr befindet sich in Sachen Klimawende (fast) hoffnungslos im Rückstand. Ein paar Zahlen mit Gültigkeit 2019 (vor Corona) des Umweltbundesamtes verdeutlichen die Brisanz. Der Verkehr ist unter acht Sektoren für 20 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Nur die Energiewirtschaft (31 Prozent) und die Industrie (23 Prozent) stoßen mehr Emissionen aus. Aber der Verkehr ist der Sektor, der im Vergleich 1990 zu 2019 mit Abstand am schlechtesten abgeschnitten hat, was die Verringerung der Treibhausgas-Emissionen betrifft: Anstieg um 0,4 Prozent. Alle anderen Sektoren konnten ihren Ausstoß in diesem Zeitraum verringern. Die Landwirtschaft hat mit einer Reduzierung um 19,2 Prozent am zweitschlechtesten, aber deutlich besser abgeschnitten.Anteil des Lkw an den CO2-Emissionen im Verkehr nimmt weiter zuMit hoher Wahrscheinlichkeit wird der Straßengüterverkehr in den kommenden Monaten und Jahren stärker in den Fokus rücken, wenn es um die Frage geht, wer welchen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leistet. Denn der Pkw hat zwischen 1999 und 2019 seinen Anteil an den CO2-Emissionen im Verkehr immerhin von 70 auf 61 Prozent verringert. Der Anteil der Lkw und leichten Nutzfahrzeuge ist im gleichen Zeitraum hingegen von 21 Prozent auf 33 Prozent geklettert. Ja, das hängt mit der deutlich gestiegenen Transportleistung zusammen. Aber dieses Argument der höheren Leistung (das im Übrigen auch für weite Teile der Industrie gilt) wird in der Politik auf Dauer nicht zählen. cd

EU-Parlament billigt gemeinsame Verfolgung von Verkehrssündern

Partnerschaft mit Metro: Lieferdienst Flaschenpost stellt auf Zentrallager um

EU-Parlament: Bessere Arbeitsbedingungen für Lieferdienste und Co

Klimaschutz-Reform vor dem Bundesverfassungsgericht: CDU will Verabschiedung stoppen

KEP-Branche befragt Zusteller: Arbeitsbedingungen unter der Lupe

Alle Schlagzeilen

Bericht aus Berlin: Neue Wege

WEITERLESEN

NEWSLETTER