Bericht aus Berlin

Bericht aus BerlinSchwarz-grüner SchlagabtauschEin heftiger Schlagabtausch über den Sinn einiger Infrastrukturvorhaben bestimmt den Auftakt zum Superwahljahr 2011: CDU und CSU setzen auf einen Anti-Grünen-Wahlkampf, die Grünen plädieren für mehr Bürgerbeteiligung.Aus Sicht der Unionsparteien sind Bündnis 90/Die Grünen die „Dagegen-Partei“, die sich gegen notwendige Infrastrukturprojekte sperrt. Dass die Grünen Ende letzten Jahres in Hamburg die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene aufkündigten, verübelt die CDU ihnen sehr. Mit einer „Dafür-Offensive“ will die Öko-Partei im Superwahljahr 2011 punkten und verspricht mehr Bürgerbeteiligung an staatlicher Planung.Die CDU will mit einem streng wirtschaftspolitisch orientierten Kurs in die sieben Landtagswahlkämpfe ziehen. Zum Abschluss der Vorstandsklausur in Mainz kündigte Parteichefin Angela Merkel an, Arbeitsgruppen würden weiterführende Konzepte zu Themen wie Mobilität entwickeln. Ausdrücklich sprach sich die Regierungschefin für den geplanten Durchgangsbahnhof „Stuttgart 21“ aus. „Wir geben ein klares Bekenntnis dazu ab, dass Deutschland ein Industrieland ist.“ Eine solide Infrastruktur sei in erster Linie auch Aufgabe des Staates.Merkel verteidigte die CDU-Netzseite www.die-dagegen-partei.de, auf der grimmige grüne Smileys zeigen, wo überall sich Grüne gegen Infrastrukturprobleme stellen. Wer das Land konkurrenzfähig halten wolle, müsse auf solche Blockaden aufmerksam machen. Aufgeführt werden auf der Seite Projekte wie die Küstenautobahn A 20, die Stadtautobahn A 100 in Berlin, die Fehmarnbeltquerung oder das Nachtflugverbot für den Kölner Flughafen. Aber auch nahezu fertiggestellte Vorhaben wie die A 17 Dresden-Prag finden sich dort, das die Grünen in den neunziger Jahren trotz eines entgegenstehenden Bürgerentscheids hätten verhindern wollen.Video-Kampagne der CSUDie günstigen Wahlumfragen für die Grünen haben auch die Schwesterpartei CSU zu einer Kampagne gegen die Partei veranlasst. In einem Internetvideo ist ein grünes Strichmännchen zu sehen mit dem umgetexteten Lied: „Ein Männlein steht im Walde ganz grün und dumm, es hat vor lauter Protest eine Steinschleuder um.“ CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bemerkte dazu: „Die Grünen sind im Kern immer noch die alte antibürgerliche Chaoten- und Steinewerferpartei von vor 20 Jahren.“Die Grünen traten dem Vorwurf entschieden entgegen, sie seien in Wahrheit eine „Dagegen-Partei“. Niemand werde es den Grünen negativ anrechnen, dass sie gegen die Milliarden Euro teure Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs seien, wenn alle zugleich spürten, man fahre „mit maroden alten Zügen, die das erstbeste Winterwetter nicht aushalten“, gab Fraktionschefin Renate Künast nach der Klausursitzung in Weimar zurück. Im Übrigen versuche die CDU nur, vom Versagen der schwarz-gel-ben Bundesregierung abzulenken. Das Anti-Grünen-Video müsse weiter im Netz bleiben, weil es das mangelnde Niveau der Urheber zeige. „Grün packt an“, heißt es in großen Lettern auf den Stellwänden.Und die Berliner Bürgermeisterkandidatin warnte: „Bei allen Großprojekten, ob das am Ende Breitbandausbau ist, Energienetzausbau oder Schienenausbau, wird es in Zukunft, wenn sie die Bürger komplett ausschließen, noch langsamer gehen.“ Ihr Co-Vorsitzender Jürgen Trittin betonte: „Wir wollen, dass Deutschland eine moderne Infrastruktur bekommt.“ Die Bürger sollten von Anfang an beteiligt werden, nicht erst wenn der Protest auf die Straße getragen wurde wie etwa in Stuttgart wegen des Bahnhofsumbaus. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in BerlinBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Grünen als Hauptkonkurrenten entdeckt

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