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Belgischer Polizist: „Fahrer übernachteten wie Vieh im Stall“

13.08.2018 14:55 Uhr
Belgischer Polizist: „Fahrer übernachteten wie Vieh im Stall“
Autobahnpolizist Raymond Lausberg bei einem Interview
© Foto: Privat/ Lausberg

Raymond Lausberg ist Autobahnpolizist in Belgien. Im Interview spricht er über Missstände auf Belgiens Parkplätzen und erklärt, warum Bußgelder beim Verbringen der wöchentlichen Wochenruhezeit auf dem Parkplatz nur bedingt abschrecken.

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Immer mehr Länder verbieten das Übernachten im Lkw während der regelmäßigen Wochenruhezeit. Wie ist das in Belgien geregelt?

In Belgien haben wir seit 2014 ein Bußgeld in Höhe von 1800 Euro, wenn die wöchentliche Ruhezeit illegalerweise im Fahrzeug verbracht wird. Daraufhin ist die Regierung verklagt worden, die Klage ging bis an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das EuGH entschied dann am 20. Dezember 2017, dass Belgien Bußgelder verhängen darf. Das Problem ist die Kontrolle. Es gibt immer noch Fälle, in denen die Fahrer fünf Monate lang im Lkw übernachten. Das ist nicht nur Sozialdumping, das ist menschenverachtend.

Gibt es genügend Kontrolleure in Belgien?

Nein, es gibt viel zu wenige. Ich bin Leiter einer zehnköpfigen Kontrollgruppe, wir sind aber Autobahnpolizisten. Zunächst regeln wir den Verkehr, dann sind die Unfälle festzustellen und wenn wir darüber hinaus noch ein bisschen Zeit haben, kontrollieren wir die Lkw. Das passiert aber nur nebenbei und reicht nicht. Wir sind auf der E40 unterwegs, der Hauptautobahn zwischen Belgien und Deutschland. Am Tag fahren hier 7000 Lkw vorbei – mit meiner Einheit schaffen wir im Jahr so knapp 4000 Lkw zu kontrollieren. Das ist ein Tröpfchen auf dem sehr heißen Stein.

Wie kontrolliert Ihre Einheit?

Wir sprechen die Fahrer meistens auf dem Parkplatz an und die meisten geben auch zu, dass sie ihre wöchentliche Ruhezeit im Fahrzeug verbringen. Ansonsten schauen wir uns die Ausdrucke vom Tachographen an. Bei unseren gezielten Kontrollen ist fast jedes Fahrzeug ein Treffer – da wird einem angst und bange.

Könnten höhere Bußgelder Abhilfe schaffen?

Im EU-Recht steht, dass die Bußgelder angepasst und abschreckend sein müssten. Wenn man manchmal sieht, dass sich Fahrer selbst anzeigen, dann muss ich davon ausgehen, dass was mit den Bußgeldern nicht stimmt. Erschreckend ist, wie schnell die Strafen gezahlt werden. Die Fahrer haben fast alle eine Visa oder Mastercard des Unternehmens und überweisen innerhalb einer halben Stunde das Geld. Die Karten sind nur dafür da, dass der Lkw so schnell wie möglich wieder rollt. Die Bußgelder sind längst Teil der Betriebskosten.

Ihr bisher schlimmster Fall?

Wir haben gerade ein Verfahren am Laufen gegen einen Spediteur, der in der Nähe der Autobahn ein Stall-ähnliches Gebäude gemietet hat. Die Fahrer mussten darin eingepfercht wie Vieh schlafen. Natürlich ohne Klo oder Dusche. Das war in den Augen des Spediteurs die Top-Lösung, damit die armen Kerle hier acht Wochen am Stück arbeiten können.

Auch in Deutschland steht das Übernachten im Lkw während der regelmäßigen Wochenruhezeit unter Strafe. Wie ist die internationale Zusammenarbeit?

Miserabel. Wenn ich bedenke, dass ich im Dezember ein Schreiben nach Deutschland geschickt und immer noch keine Antwort erhalten habe. Das war ein bulgarisches Fahrzeug, das ein in Deutschland wohnhafter Türke gefahren ist. Ich bin mir sehr sicher, dass es ein Schwarzarbeiter ist. Ich warte seit einem halben Jahr auf die Rückmeldung Deutschlands. Wenn wir so kontrollieren, wundert es mich nicht, dass es immer schlimmer wird. (stm)

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