BDF auf Schwedisch

Ein BDF-Zug mit Drehschemelanhänger? Noch vor wenigen Jahren war diese Fahrzeuggattung eine Domäne der heimischen Marken MAN und Mercedes-Benz. Heute drängen dagegen längst auch andere Anbieter in dieses Geschäftsfeld, darunter natürlich auch Volvo Trucks. Was Komfort und Fahreigenschaften betrifft, liegt die Messlatte bei BDF-Dreiachsern hoch. Generell rollen die langen Lkw-Fahrgestelle beinahe frei von Nickschwingungen. Und weil meist eine ausgeklügelte Luftfederung rüpelige Fahrbahnen kaschiert, werden die Bandscheiben der BDF-Fahrer weit weniger strapaziert. Hier legt der Volvo FH konstruktiv noch etwas drauf. Insgesamt zehn Luftbälge federn den Dreiachser, sowohl die Antriebs- als auch die Nachlaufachse stützen den Rahmen mit je vier Bälgen. 60 Liter Zusatz-Luftvorrat Die lassen sich auch schnell befüllen, um den Wechselaufbau rasch und ausreichend hochzustemmen - mit maximal 280 Millimeter Aushub setzt der Volvo die Messlatte hoch. Dafür hält der Schwede 60 Liter zusätzlichen Luftvorrat und einen Zweizylinder-Kompressor vor. Wenn der nicht gebraucht wird, kuppelt er aus und spart so Antriebsleistung. Apropos Antrieb: Der 500 PS und 2800 Newtonmeter starke Turbo-Compound-Sechszylinder des Testfahrzeugs erscheint für den BDF-Einsatz überdimensioniert. Wenn es überhaupt das aufpreispflichtige I-Save-Paket sein soll, das unter anderem auch die Turbo-Compound-Technik beinhaltet, dann genügt die schwächere 460-PS-Einstellung mit ihren 2600 Newtonmetern Drehmoment in jeder Verkehrssituation. I-Shift schaltet auf hohem Niveau In beiden Fällen an Bord befindet sich das I-Shift-Getriebe, das einmal mehr einen exzellenten Job erledigt. Ganz gleich, ob bei Leerfahrten oder voll ausgelastet über schwere Bergstrecken - selbst den anfallenden Rangierbetrieb beherrscht die automatisierte Schaltbox aus dem Effeff. Der zusätzliche Ultra-Crawler macht mit zwei zusätzlichen Rückwärtsgängen extrem niedrige Geschwindigkeiten möglich, so lassen sich Hänger und Fahrgestell relativ einfach und ohne Kupplungsbelastung unter die Brücken schieben. Auch die VDS-Lenkung sammelt im BDF-Verkehr Sympathiepunkte, wo neben dem reinen Transport das Umbrücken mit umfangreichen Rangiermaßnahmen zu den immer wiederkehrenden Aufgaben gehört. Die elektrisch unterstützte Lenkung minimiert den Kraftaufwand, arbeitet auf der Strecke dennoch feinfühlig und zielgenau. Der Fahrer kann sie speziell für sich kalibrieren: im Modus "leicht" fast ohne Lenkkräfte fürs Rangieren und mit "stabil" für die Autobahn. Der 9,4 Meter lange Dreiachser beeindruckt auch mit seiner Wendigkeit: Knapp 18 Meter Wendekreis, die hydraulisch gelenkte Nachlaufachse lenkt auch beim Rückwärtsfahren mit. Bei höheren Geschwindigkeiten, oberhalb von 40km/h, wird die dritte Achse dann bei Geradeausfahrt arretiert, wodurch der Volvo sehr präzise die Spur hält. Für den speziellen Wechslereinsatz trägt das Testfahrzeug einen niedrigen, vollverzinkten Wechselrahmen von SDG, dessen höhenverstellbare Tragausleger Behälterlängen von 7150 bis 7820 Millimeter und Abstellhöhen von 1120 bis 1320 Millimeter erlauben. Behälter-Eckhöhen bis zu 2900 Millimeter sind möglich, nur für noch größere "Kisten" bräuchte es ein Jumbo-Fahrgestell mit spezieller 60er-Bereifung. Als Alternative zum SDG-Wechselrahmen kann der Kunde das Wechselaufbaupaket von Jost wählen, das zwar als Werkslösung gehandelt wird, deren Preis-Leistungs-Verhältnis aber weniger vorteilhaft sein soll. Flexibilität offeriert der Volvo-Dreiachser auch mit seiner zweiten Anhängerkupplung: eine am Rahmen für die Drehschemel-Lafette, eine weitere mit größerer Zugöse tiefergelegt für den Zentralachser. Dafür braucht es einen höhenverstellbaren Heckunterfahrschutz - hier entlastet der Volvo seinen Fahrer beim Liften mit gehörig Federkraft. Komfortable Globetrotter-Kabine Über das modellgepflegte FH-Fahrerhaus und seinen Arbeitsplatz haben wir schon mehrfach berichtet. Deshalb nur so viel: Auch Volvo-Novizen sind mit dem FH schnell auf "Du", auch wenn die Getriebebedienung am Sitz etwas eigenwillig ist und sich manche elektronische Annehmlichkeit erst nach längerer Einarbeitung erschließt. Überlegenswert ist unserer Meinung nach, die Getriebebedieneinheit vom Sitz in die Mittelkonsole zu verlegen, was der Hersteller optional anbietet. In puncto Geräumigkeit und Einstieg bieten andere Hersteller zweifelsohne mehr als die Globetrotter-Kabine, für den überwiegend nationalen BDF-Einsatz genügen die Platzverhältnisse aber völlig. Zudem fährt der Volvo so leise wie nur wenige. Kein Antriebslärm, auch nicht unter Volllast, und kaum Windgeräusche, auch weil der FH doppeltverglaste Seitenscheiben in den Türen trägt. Von Standklima bis Impulsstreckbremse Mit diversen Komfortpaketen kann der hohe Grundkomfort zusätzlich noch getoppt werden. Mit der Standklimaanlage "I-Park-Cool" beispielsweise, die bei stehendem Fahrzeug ohne Motorbetrieb kühle Luft erzeugt und bei fallender Temperatur auf die Standheizung zurückgreifen kann. Damit dem Volvo dabei der nötige Strom nicht ausgeht, ist er mit zwei Batteriesätzen unterwegs, einer nur für den Wohnraum, dazu die separaten Starterbatterien, die ausschließlich den Fahrbetrieb bedienen. Bei einem Volvo darf das Thema Sicherheit nicht zu kurz kommen. Der BDF-Dreiachser ist mit seinem Sicherheitssystem topaktuell, vom Notbremsassistenten über den Spurwächter mit Lenkeingriff bis hin zum DAS-Aufmerksamkeits-Assistenten, und zur Totwinkelüberwachung ist alles an Bord. DAS warnt den Fahrer bei mangelnder Aufmerksamkeit nicht nur, er schaltet auch konsequent den Tempomaten ab. Erst wenn der Fahrer nach einem Motorstopp wieder startet, kann er reaktiviert werden. Lobenswert ist auch die Impulsstreckbremse: Droht der Lastzug auf rutschiger Straße instabil zu werden, übernimmt die Elektronik und stabilisiert den Anhänger mit gezielten Bremsimpulsen an den Trailerachsen, um dem berüchtigten Klappmesser-Effekt vorzubeugen. Unterm Strich macht der BDF-Volvo eine gute Figur. Er ist hochprofessionell, hochwertig und in diesem verschleißträchtigen Geschäft auch robust genug. Eigenschaften, die man auch bei einzelnen Wettbewerbern finden mag. Aber dieser besondere Fahr- und Bedienkomfort des Schweden macht den Unterschied. Damit werden sich gute Fahrer nicht lange bitten lassen. Mehr zum Thema finden Sie unter #VolvoTrucks www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die meisten Volvo-Kunden greifen zu den stärkeren Leistungseinstellungen des 12,8 Liter großen Reihensechszylinders mit 460, 500 oder gar 540 PS. Im VR-Test hinterließ allerdings auch die schwächere 420-PS-Version einen überzeugenden Eindruck, die auch in der Anschaffung einige Euro sparen dürfte. 280 Millimeter hebt die Luftfederung der Vorderachse den Volvo FH maximal in die Höhe.

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