Wasserstoff-Lkw: Nichts zu meckern

Der Stolz war den Vertretern von Mewa durchaus anzusehen, als sie im April des vergangenen Jahres den Brennstoffzellen-Lkw von Hyundai übergeben bekamen. Zurecht, gehörte man doch zu einem erlesenen Kreis, der den Prototypen aus Fernost im Alltag einsetzen darf. Trotzdem - das sagt der Redakteurs-Instinkt: Es ist nicht immer alles Gold was glänzt und so war es obligatorisch, nach einigen Monaten mal nachzuhorchen, wie es um die Zufriedenheit mit dem Lkw steht. Ordentliche Performance Mewa ist zwar ein deutsches Unternehmen, unterhält aber im schweizerischen Wynau eine Zweigstelle. Der dortige Leiter Fuhrparklogistik, Michael Grütter, berichtet: "Wir sind insgesamt sehr zufrieden mit dem Lkw. Er läuft wie erwartet und macht einen guten Job. Natürlich ist das ein Prototyp, das darf man nicht vergessen, deshalb muss der Fahrer noch auf die eine oder andere Kleinigkeit verzichten. Davon abgesehen läuft das Fahrzeug aber problemlos." Eingesetzt wird der Hyundai Xcient FC auf täglichen Touren zu Kunden. Es gibt nur eine feste Route zum Flughafen Zürich, ansonsten wird täglich neu disponiert. Insgesamt hat der Lkw laut Grütter bislang rund 25.000 Kilometer geleistet. "Das ist sicher noch etwas ausbaufähig", sagt der Leiter Fuhrparklogistik, denn die Rechnung mit dem Brennstoffzellen-Lkw gehe erst dann richtig auf, wenn das Fahrzeug so viel fahre wie möglich. Überraschungen an der Tankstelle Trotzdem hat man bei Mewa schon wichtige Informationen gesammelt. Besonders der Kraftstoffverbrauch ist für viele Unternehmer interessant. "Wir sollten laut Hyundai mit 7,5 Kilogramm auf 100 Kilometer rechnen - aktuell fahren wir mit etwa sechs Kilogramm bei einer Zuladung von drei bis vier Tonnen", berichtet Grütter zufrieden. Hinter dem Steuer findet man Serge Glaser. Der junge Schweizer wurde direkt nach dem Erhalt des Führerscheins auf den Hyundai gesetzt - er ist also einer der wenigen Menschen weltweit, die mehr Kilometer mit einem Brennstoffzellen-Lkw als mit einem Diesel gefahren sind. "Der Lkw fährt sich sehr schön und ruhig. Mir gefällt es, so zu arbeiten, das ist deutlich besser als mit einem Diesel", erzählt er. "Wenn ich mir etwas wünschen müsste, wäre es vielleicht noch eine Standheizung", fügt er mit einem Schmunzeln hinzu. Eine Tankladung Wasserstoff reicht Glaser zufolge für rund 400 Kilometer Reichweite, wenngleich dieser Wert laut Mewa nur selten ausgereizt wird, da man meist vorher wieder zum Tanken fährt. So gänzlich problemlos lief es aber bisher doch nicht: "Zwischendurch war es etwas mühsam, weil es kaum mehr Wasserstoff gab", sagt Glaser. "Da stand ich dann an der Tankstelle und es gab plötzlich nichts mehr. Einmal bin ich dann sogar fast nicht mehr heimgekommen, das war aber eine absolute Ausnahme. Mittlerweile hat sich die Lage wieder beruhigt." Der Grund für die Knappheit lag wohl in der hohen Nachfrage: 20 Unternehmen in der Schweiz wurden mit H2-Lkw ausgerüstet und kamen regelmäßig zum Tanken - stellenweise kam man anscheinend mit der Produktion des grünen Wasserstoffs schlicht nicht hinterher. Zusammengefasst bestätigt sich der Eindruck, dass Mewa sehr zufrieden mit dem Lkw ist. So zufrieden, dass man sich jetzt sogar ein zweites Modell anschafft, wie Michael Grütter sagt: "Wenn alles gut geht, können wir ihn Ende April in den Fuhrpark aufnehmen. Dieser Lkw wird dann mit Anhänger im grenzüberschreitenden Verkehr unterwegs sein und täglich zwischen der Schweiz und Deutschland pendeln." Was sagt Gebrüder Weiss? Neben Mewa hat die VerkehrsRundschau auch bei Gebrüder Weiss (GW) die Inbetriebnahme des Hyundai-Lkw begleitet. In Althenrhein, nahe des Bodensees, unterhält man eine Zweigstelle, an der der Lkw seit gut einem Jahr fest stationiert ist. "Wir sind wirklich hochzufrieden mit dem Lkw", gibt Peter Waldenberger, der Nachhaltigkeitsbeauftragte des Unternehmens, zu Protokoll. "Er läuft komplett problemlos und ist, abgesehen davon, natürlich auch ein Hingucker". Das lässt sich mit der knallorangenen Farbe, die bekanntlich das Markenzeichen von GW ist, erklären. Bei Gebrüder Weiss ist der Brennstoffzellen-Lkw im täglichen Stückgutverkehr tätig und kommt auf eine Laufleistung von 300 Kilometer. "Insgesamt waren wir jetzt schon fast 70.000 Kilometer mit dem Hyundai unterwegs", berichtet Harry Gut, Betriebsleiter in Altenrhein. Auch er bestätigt die Erfahrungen, die man bei Mewa mit dem Lkw gemacht hat: "Der Wasserstoffverbrauch ist erstaunlicherweise niedriger, als von Hyundai prognostiziert", so Gut. "Wir liegen jetzt ungefähr bei 7,5 Kilogramm auf 100 Kilometer. Der Hersteller selbst hatte mit etwa acht Kilogramm gerechnet." Hierbei muss man bedenken, dass Gebrüder Weiss den Lkw zwar ebenfalls solo fährt, allerdings etwas mehr Zuladung im Koffer hat. Ergänzend sei noch zu erwähnen, dass sowohl Gebrüder Weiss als auch Mewa mit ihren Lkw laut eigenen Aussagen erst einmal für eine Routinekontrolle in der Werkstatt waren. Große Pläne Welche Schlüsse zieht man beim österreichischen Großspediteur aus den Erfahrungen, die man mit dem Hyundai gemacht hat? Zunächst stellt man fest, dass er etwas teurer ist als ein Diesel. "Wir sprechen von einem Plus von etwa zehn bis 20 Prozent", sagt Waldenberger. Im Einzelfall ist das nicht weiter schlimm, wenn man allerdings Pläne schmiedet, wie Gebrüder Weiss es tut, macht sich das irgendwann schon bemerkbar: "Im Laufe des Jahres wollen wir zwei bis drei weitere Lkw von Hyundai anschaffen", kündigt Waldenberger an. "Wir sind hierzu auch schon in konkreten Gesprächen. Die neuen Fahrzeuge sollen zum Teil auch mit Anhänger und im grenzüberschreitenden Verkehr nach Deutschland und Österreich unterwegs sein." Für die Zukunft wünscht man sich eine Wechselbrücken-Variante des FC, die es aktuell noch nicht gibt. Allgemein hört man seitens GW ambitionierte Pläne, was das Thema Wasserstoff angeht. Wie viele Experten hält man die Brennstoffzelle für die sinnvollste Lösung, was Langstreckentransporte angeht. Die Erfahrungen aus der Schweiz will Gebrüder Weiss gerne nach Deutschland und Österreich übertragen. "In beiden Ländern sind die Rahmenbedingungen natürlich anders als in der Schweiz", gibt Waldenberger zu bedenken. Allerdings spielt man wohl mit dem Gedanken, unter Umständen die vorhandenen Förderprogramme zu nutzen, um eines der Fahrzeuge auch in der Bundesrepublik einzusetzen. Was sagt Hyundai? Zurück in die Schweiz und zu denen, die alles begonnen haben: Das Konglomerat namens Hyundai Hydrogen Mobility AG hat in Partnerschaft mit H2Energy die Markteinführung der Brennstoffzellen-Lkw koordiniert. Seit Anfang November des vergangenen Jahres leitet Beat Hirschi das Unternehmen - er folgte auf Mark Freymüller, der in das Hyundai Headquarter nach Südkorea befördert wurde. Hirschi ist zufrieden mit dem Verlauf des Programmes seit 2020. "Insgesamt sind mittlerweile 46 Fahrzeuge in Betrieb", berichtet der CEO. Und es sollen noch mehr werden: Man hält trotz der langen Lieferzeiten am Ziel von 1600 Lkw bis 2025 fest, wenngleich Hirschi auch ein paar Monate Verzögerung nicht ausschließt, da man sich parallel auch um die Infrastruktur kümmern will. Wie man erfahren musste, brauchen viele Lkw auch viel Wasserstoff ... Auch der deutsche Markt scheint für Hyundai interessant zu werden: "Wir werden noch in den nächsten Wochen die Grundlagen für den Verkauf erster Lkw schaffen und dann in bestimmten Regionen, zusammen mit Versorgungspartnern und Aftersales-Spezialisten, Kunden die Hyundai Xcient anbieten", kündigt Hirschi an. Knifflig dürfte vor allem die Wasserstoff-Versorgung werden, denn anders als in der Schweiz gibt es hierzulande kaum H2 aus grüner Herkunft. Derweil arbeitet Hyundai auch schon an weiteren Varianten des Xcient: Bald soll die Modellgeneration 2021 als 6x2-Konfiguration auf den Schweizer Straßen zu sehen sein, 2024 soll laut Hirschi außerdem eine Sattelzugmaschine das Portfolio erweitern. Wenn der Feldversuch bis dahin weiter so gut läuft und die Lkw halten, darf man auch bei Hyundai zurecht stolz auf sich selbst sein. Mehr zum Thema unter #BrennstoffzellenLkw www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Stand jetzt kann man die Ausrollung der H2-Lkw als schweizer-koreanische Präzisionsarbeit bezeichnen. Zumindest Mewa und Gebrüder Weiss sind hochzufrieden mit den Hyundai Xcient FC und verlangen nach mehr. So wie es aussieht, ist auch beim Hersteller das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. 2,5 Millionen Kilometer haben die Hyundai-Lkw in der Schweiz bislang zurückgelegt

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