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Interview: Warum sind leisere Fahrzeuge ein Problem für Hersteller?

22.02.2013 13:28 Uhr
Interview: Warum sind leisere Fahrzeuge ein Problem für Hersteller?
Der promovierte Maschinenbauer Ulrich Eichhorn ist seit 2011 technischer Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA)
© Foto: VDA

Ulrich Eichhorn, technischer Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), zu den Vorschlägen des EU-Parlaments zu neuen Grenzwerten für den Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen.

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Ulrich Eichhorn, technischer Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), zu den Vorschlägen des EU-Parlaments zu neuen Grenzwerten für den Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen.

Das EU-Parlament will die Grenzwerte für Fahrzeuge neu festlegen – auch für LKW.  Wie beurteilt der VDA den Vorschlag?
Ulrich Eichhorn: Der Vorschlag ist realistisch, aber ambitioniert. Bei PKW sprechen wir von einer Reduzierung um fast die Hälfte. Bei LKW sehen die Werte auf den ersten Blick nicht ganz so hoch aus, aber auf Grund der Änderung des Messverfahrens sind auch diese Vorgaben keineswegs leicht zu erreichen.

Was genau ändert sich beim Messverfahren?
Es wird, anders als bisher, mit beladenem Fahrzeug gemessen, der Motor wird höher belastet. Das gleiche Fahrzeug wird also nach dem neuen Verfahren höhere Geräuschemissionen aufweisen als nach dem bisherigen Testverfahren. Insofern wäre schon ein Konstanthalten der Werte eine deutliche Verschärfung der Regeln.  

Umweltverbände und einige Parlamentarier sagen: „Die Autolobby hat sich durchgesetzt.“ Fühlen Sie sich als Sieger?
Das Parlament hat die teils überzogenen Ziele der EU-Kommission auf ein realistisches Maß gestutzt. Das begrüßen wir. Dennoch wird das alles andere als ein Spaziergang. Auch die vom Parlament jetzt vorgeschlagenen Grenzwerte sind nur mit großem Forschungs- und Entwicklungsaufwand zu erreichen.

Warum sind leisere Fahrzeuge überhaupt ein Problem für die Hersteller?
Fahrzeuge leiser zu machen, bedeutet immer einen technischen Aufwand. Das führt zu mehr Gewicht, reduziert damit die Ladekapazität und bringt einen höheren Kraftstoffverbrauch. Auch die Euro-6-Motoren, die ja große Fortschritte bei den klassischen Emissionen bringen, haben andererseits die Nutzfahrzeuge tendenziell etwas lauter gemacht.

Das heißt, die Ziele CO2-Minderung und Schadstoffreduzierung widersprechen dem Ziel der Lärmreduzierung?
Darin besteht ja gerade die große Herausforderung. Diese Ziele müssen zusammen betrachtet und optimiert werden, obwohl sie potenziell im Konflikt stehen. Ein leiseres Fahrzeug ist unter Umständen etwas weniger kraftstoffeffizient. 

Wo kann man dennoch drehen, um die Fahrzeuge leiser zu bekommen?
Das Wichtigste ist die Reduzierung der CO2-Emissionen. Wir versuchen daher alles, um die Kraftstoffeffizienz weiter zu erhöhen und gleichzeitig die Geräuschemissions-Grenzwerte einzuhalten. Dazu kann der Motorraum noch stärker schallgedämmt werden, auch das Reifen-Fahrbahngeräusch kann noch reduziert werden. Dazu gehört aber auch, die Straßeninfrastruktur zu verbessern – unebene und raue Fahrbahnen sind gerade in Ortschaften eine der Hauptursachen für Verkehrslärm. 

Nun sind ja die EU-Minister am Zug: Was für Wünsche haben Sie für das weitere Verfahren? Und glauben Sie, dass der Vorschlag des Parlamentes so durchgeht?
Nutzfahrzeuge haben wesentlich längere Entwicklungszyklen als PKW. Die neuen Grenzwerte sollen aber schon 2019, also in weniger als sechs Jahren, gelten. Unsere Hersteller müssten so ihre Modelle während des laufenden Produktlebenszyklus neu entwickeln und zulassen. Das ist nicht nur technisch eine Herkulesaufgabe, sondern auch unter Kosten-Nutzen-Aspekten wenig sinnvoll. Hier erwarten wir mehr Realismus. Ansonsten sollte sich der Ministerrat am Vorschlag der Parlamentarier orientieren.

Interview: Tobias Rauser

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