Von Stefanie Bley
Für viele Arbeitnehmer in Deutschland wird der tägliche Weg in die Firma zu einem Spießrutenlaufen. Denn statt eines vielseitigen oder herausfordernden Arbeitstages wartet auf sie dort purer Psychoterror – verursacht durch Kollegen oder Vorgesetzte. Der dafür verwendete Fachbegriff "Mobbing" leitet sich vom englischen "to mob" ab und bedeutet "angreifen", "anpöbeln" oder "über jemanden herfallen". Nach den Ergebnissen einer 2006 durchgeführten repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes TSN Emnid ist bereits jeder sechste Berufstätige in Deutschland schon einmal gemobbt worden. Aktuelle Zahlen der Universität Frankfurt/Main gehen von insgesamt 1,6 Millionen Mobbing-Opfern aus – das sind mehr als vier Prozent aller Arbeitnehmer.
"Nicht jeder längere Streit unter Kollegen ist bereits Mobbing", erklärt Antje Kückemanns, Führungskräfteentwicklerin bei der Fraunhofer Gesellschaft und ausgebildete Konflikt-Mediatorin. "Wir beschreiben mit Mobbing eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und seit längerer Zeit direkt oder indirekt angegriffen wird", fährt sie fort. Das Ziel eines solchen Verhaltens sei darauf ausgelegt, eine einzelne Person aus der bestehenden Gruppe – also beispielsweise aus dem Kollegenkreis – auszuschließen: "Dies erlebt die angegriffene Person ganz klar als Diskriminierung".
Welche Verhaltensweisen am Arbeitsplatz tatsächlich zum Mobbing werden können, darüber gibt es im Alltag verschiedene Ansichten. Zahlreiche Institutionen und Selbsthilfegruppen, die Ratschläge und Hilfe für Betroffene anbieten, berufen sich auf die Übersicht "45 Mobbing-Handlungen" des 1999 verstorbenen Wissenschaftlers Heinz Leymann, der als einer der führenden Mobbing-Forscher gilt und 1993 das Buch "Mobbing – Psychoterror am Arbeitsplatz und wie man sich dagegen wehren kann" veröffentlichte. Konkret unterscheidet Leymann zwischen Angriffen auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen, Angriffen auf soziale Beziehungen, auf das soziale Ansehen, die Qualität der Berufs- und Lebenssituation sowie auf die Gesundheit. Die Bandbreite reicht dabei von ständiger Kritik an der Arbeitsleistung, Verbreitung von Gerüchten über den Arbeitnehmer, dem Erteilen von sinnlosen Arbeitsaufgaben bis hin zur Androhung körperlicher Gewalt und sexuellen Handgreiflichkeiten. Eine detaillierte Übersicht über die definierten 45 Mobbing-Handlungen ist unter anderem auf der Homepage der Lübecker Initiative "No Mobbing" zu finden.