Im Straßenverkehr: Autonome Lkw

Vertreter
Vertreter der zwölf Projektpartner des ATLAS-L4-Projekts bei der Abschlussveranstaltung in Penzing mit Ernst Stöckl-Pukall, Leiter des Referats „Digitalisierung und Industrie 4.0“ im Bundeswirtschaftsministerium (erste Reihe, zweiter von rechts)
© Foto: ATLAS-L4 Konsortium

TÜV SÜD und die anderen elf Partner im Förderprojekt ATLAS-L4 ziehen nach rund drei Jahren ein positives Resümee: Viel Pionierarbeit für den Einsatz autonomer Nutzfahrzeuge auf Schnellstraßen und Autobahnen sowie die erstmalige Anwendung des deutschen Gesetzes zum autonomen Fahren im Lkw-Hub-to-Hub-Verkehr stehen in der Bilanz.

Anfang Mai zogen die zwölf Projektpartner aus Industrie, Wissenschaft, Softwareentwicklung und Infrastruktur im Rahmen einer Abschlussveranstaltung in Penzing eine erfolgreiche Bilanz beim Forschungs- und Entwicklungsprojekt ATLAS-L4 (Automatisierter Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstraßen im Level 4, siehe auch Infokasten): Der autonome Truck im Straßenverkehr wurde dank der Arbeit von rund 150 Ingenieurinnen und Ingenieuren Realität.

Das Konsortium hatte sich in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten und mit einem Gesamtbudget von 59,1 Millionen Euro ausgestatteten Projekt ein klares Ziel gesetzt: einen Level-4-automatisierten und damit autonom fahrenden Lkw für den Hub-to-Hub-Transport auf die Schnellstraßen zu bringen. Basis dafür war das 2021 verabschiedete Gesetz, das autonomes Fahren auf fest definierten Strecken unter einer technischen Aufsicht grundsätzlich ermöglicht und Deutschland damit global in eine Vorreiterrolle bringt.

"Wir haben uns zusammen mit unseren Partnern ein hohes Ziel gesetzt und ein industrialisierbares Basiskonzept für das autonome Fahren im Hub-to-hub-Einsatz verwirklicht. Die Entwicklung und Integration der für den sicheren Einsatz notwendigen redundanten Komponenten wie Lenkung, Bremse und Bordnetz sowie das Erstellen eines Validierungskonzeptes erforderte interdisziplinäre Kompetenz und enge Teamarbeit. Als Konsortium haben wir mit dem Projekt bewiesen: Autonom fahrende Lkw sind realisierbar!" resümiert Dr. Frederik Zohm, Vorstand für Forschung und Entwicklung bei MAN Truck & Bus und ergänzt: "Innovationen wie das autonome Fahren erfordern solche Kooperationen, um Zukunftstechnologie in Deutschland und Europa effektiv voranzubringen."

Atlas L4
Das Prototypen-Fahrzeug hat Sensoren auf dem Dach, an der Front und an den Seiten der Fahrerkabine; im Innern sind Rechner verbaut
© Foto: ATLAS-L4

Premiere auf der Autobahn

Am 1. Januar 2022 fiel der Startschuss für ATLAS-L4. Nachdem das Kraftfahrt-Bundesamt im April 2024 die erste Level-4-Erprobungsgenehmigung für einen Nutzfahrzeughersteller erteilt hatte, fand die Premiere im öffentlichen Straßenverkehr mit der ersten Autobahnfahrt eines autonomen Lkw in Deutschland statt - mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing als prominenten Begleiter. Bei dieser und allen weiteren Erprobungsfahrten war immer ein Sicherheitsfahrer an Bord. Die Automatisierungs-Software im Fahrzeug wurde durch regelmäßige Releases kontinuierlich über einen langen Zeitraum hinweg optimiert und direkt in der Praxis erprobt.

TÜV SÜD brachte bei den Projekttestfahrten seine umfassende Erfahrung mit Testumgebungen für automatisierte Fahrzeuge ein, testete dabei die Fähigkeiten der Fahrzeuge selbst sowie die Validität der Simulation und bewertete im Rahmen des Freigabeprozesses die Sicherheit der Fahrzeuge. Andreas Schäffler, Leiter Homologation Deutschland, TÜV SÜD Division Mobility, konkretisiert mit Blick auf die Ergebnisse: "Wir haben unter anderem über unsere Tool Chain im Realversuch den Nachweis geführt, dass die Ergebnisse der Simulation mit der Realität übereinstimmen. Folglich kann so ein Konzept bei den bestehenden Regularien sicher in Betrieb genommen werden."

Das Konsortium konnte an alle Projektziele einen Haken setzen: Die für die Level-4-Architektur sicherheitsrelevanten Komponenten wie redundantes Bremssystem, Bordnetz und Lenkung wurden aufgebaut. Ein Validierungskonzept wurde erstellt, parallel das Control Center für die technische Aufsicht in Betrieb genommen. Risikoanalysen und Safety-Betrachtungen für das Level 4 - inklusive Cybersicherheit, etwa in Form von authentischer und verschlüsselter Kommunikation, sowie die Definition von funktionalen Sicherheitsmaßnahmen wie Redundanzen und Degradationskonzepten für das autonome Fahrsystem - fanden statt. Das Ergebnis: eine prototypische Technologie als Blaupause für weitere Projekte und Serienentwicklungen.


Was ist ATLAS-L4?

Für das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Forschungs- und Entwicklungsprojekt ATLAS-L4 (Automatisierter Transport zwischen Logistikzentren auf Schnellstraßen im Level 4) haben mehrere namhafte Vertreter aus Fahrzeugindustrie, Wissenschaft, Softwareentwicklung und Verwaltung seit Januar 2022 ihre Kräfte gebündelt: Neben TÜV SÜD waren MAN Truck & Bus, Knorr-Bremse, Leoni, Bosch, Fernride, BTC Embedded Systems, Fraunhofer AISEC, Technische Universität München, Technische Universität Braunschweig, Autobahn GmbH und Würzburger Institut für Verkehrswissenschaften (WIVW GmbH) an Bord. Weitere Informationen unter: www.atlas-l4.com



Die nächsten Schritte

Die Arbeit von ATLAS-L4 kann laut dem Konsortium folglich als Basiskonzept für künftige industrielle Entwicklungen genutzt werden, wobei für einen autonomen Truck in Serie noch diverse Detailfragen geklärt werden müssen, die das Projekt aufgezeigt hat. "Wir haben wertvolle Pionierarbeit geleistet, indem wir für die technische Machbarkeit von autonomen Trucks den praktischen Nachweis erbracht haben" so Projektkoordinator Sebastian Völl, MAN Truck & Bus. "Diese Konzepte fließen nun in die weitere Entwicklungsarbeit zur Serienentwicklung von autonomen Lkw ein."

Denn Logistik 4.0 in Form von fahrerlosen Lkw als Teil einer Hub-to-Hub-Automatisierung für Pendelfahrten zwischen Logistikhöfen bietet laut Schäffler nicht nur einen Beitrag zu mehr Effizienz und weniger Staus und Unfällen: "Der Fahrermangel ist schon heute enorm und die Situation wird sich weiter verschärfen. Bei allen aktuell noch bestehenden Hürden wie der Genehmigung und Instandhaltung des Betriebsbereichs halte ich gerade den automatisierten Hub-to-Hub-Verkehr für ein gut beherrschbares Umfeld, das hier Abhilfe schaffen kann."


TÜV SÜD Ansprechpartner

TÜV SÜD Division Mobility
Andreas Schäffler
Leiter Homologation Deutschland
Tel.: +49 151 54333370
Mail: Andreas.Schaeffler@tuvsud.com



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