Man kennt jemanden, der jemanden kennt, der in einer Frachtenbörse schon mal abgezockt wurde … So ist das mit den Betrügereien in Internet-Plattformen: Viele haben von teils spektakulären Fällen gehört, bei denen Ladungen in dunkle Kanale abgezweigt wurden, sind aber im eigenen Tagesgeschäft bislang noch nicht Opfer krimineller Machenschaften in einer Frachtenbörse geworden.
Das Muster erinnert an das Phänomen der Kreditkartenkriminalität. Sie ist eine durchaus reale Bedrohung, die die meisten Menschen erst richtig zur Kenntnis nehmen, wenn das Konto einmal leer geräumt wurde. Offizielle Zahlen zur Kriminalität in Frachtenbörsen gibt es nicht. Es gibt nur die dramatischen Warnungen der Versicherungswirtschaft, die von einer regelrechten Explosion der Betrugsfälle in den letzten beiden Jahren spricht. Und es gibt das Abwiegeln der Plattformanbieter, die nach eigenem Bekunden eine Zunahme von Ladungsdiebstählen nicht feststellen können.
Wenn man sich das Muster der Betrugsfälle ansieht, bei denen schon ganze LKW-Ladungen verschwunden sind, so wird eines deutlich: Dem Einfallsreichtum und der kriminellen Energie der Betrüger sind die Sicherheitsmechanismen der Frachtenbörsenbetreiber nicht gewachsen. Denn die Betrüger erschleichen sich den Zugang zu den Börsen über gefälschte Unterlagen und täuschen auch die Nutzer mit gefälschter Identität. Wie auf dem Tablett werden ihnen die lukrativsten Aufträge präsentiert.
Die einzige Lehre, die man daraus ziehen kann, muss daher lauten: Den besten Schutz bietet die Wachsamkeit der Disponenten, die grundsätzlich durch Kontrollanrufe und Rückverfolgen der Kontaktdaten sicherstellen sollten, dass der vermeintliche Geschäftspartner tatsächlich derjenige ist, der er vorgibt zu sein. Vertrauensvorschuss auf Internetplattformen ist grundsätzlich unangebracht – denn die Nähe im Web 2.0 ist trügerisch.
Dietmar Winkler, Redakteur