Zielsicher mehr Ertrag

Daniel M. Giel hat derzeit alle Hände voll zu tun: "Bei uns landen aktuell extrem viele Sanierungsfälle. Die nahenden Insolvenzen stapeln sich", sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Unternehmensberatung "Die Speditionsexperten" in Rommerskirchen bei Köln. Sein Unternehmen berät seit vielen Jahren Transport- und Speditionsunternehmen. Und im Januar seien die Zahlen dort in diesem Jahr besonders schlecht gewesen, sagt er. Sogar noch schlechter als unmittelbar nach der Euro- und Finanzkrise. Vor allem bei kleineren Transportunternehmen mit bis zu fünf Lkw sei aktuell der Leidensdruck groß. "Die sind oft auf Kante genäht und haben meist nur zwei oder drei Prozent Umsatzrendite", weiß Giel. Wenn sich bei denen nur ein Parameter ändert, bricht das ganze Kartenhaus zusammen." So hätten etliche Betriebe die neue CO2-Abgabe nicht verkraftet, da der Dieselpreis plötzlich um 20 Prozent teurer wurde. "Wenn der Unternehmer dies nicht bei seinen Kunden durchbringt, war es das oft." Ertragsfresser, die keiner bezahlt "So schlimm wie im Moment war es für uns noch nie", sagt auch Klaus Liesecke, Firmengründer und -chef von Klaus Liesecke Spedition & Entsorgungsfachbetrieb in Aschaffenburg, die mit neun eigenen Lkw Teil- und Komplettladungen fährt sowohl in die Seehäfen Bremen und Hamburg als auch im Rhein-Ruhrgebiet und in die neuen Bundesländer (siehe Seite 15). Im Februar kam dann noch der Schneesturm Tristan dazu. Die A 33 in Ostwestfalen war massiv betroffen. Fahrspruren konnten nicht geräumt werden und die Autobahn war mehr als nur für Stunden dicht. "Die Umschlagsgeschwindigkeit, die wir brauchen, ist nicht mehr gegeben", klagt er. "Das sind alles Zeitfresser, die uns Geld kosten, die aber kein Auftraggeber bezahlt." "An bestimmten Schuppen im Seehafen Hamburg warten unsere Fahrer derzeit im Schnitt sieben bis acht Stunden. Die Wartezeiten an den Entladesstellen sind da exorbitant", kritisiert er. Liesecke hat deshalb jetzt die Reißleine gezogen. "Bestimmte Schuppen fahren wir nicht mehr an, weil sich das für uns nicht mehr rechnet." Immerhin: Seine Kunden schätzen Lieseckes Konsequenz: Sie wissen, wenn er Touren zusagt, klappt es auch. "Ich habe schon den Zuschlag erhalten, auch wenn einige Unternehmer preislich unter unserem Angebot lagen", verrät er. Einem Auftraggeber bringe es doch auch nichts, meint er, wenn er den Lkw zwar für 50 Euro günstiger einkaufe, dieser aber zu spät beim Empfänger anliefere, der dann verärgert sei. "Als Transportunternehmer muss man seine Leistung also auch mal beziffern und zu dem Preis stehen - selbst wenn dann Großspediteure mit einem Billigpreis wieder reingrätschen", gibt sich Liesecke selbstbewusst. Aus Angst, Kunden zu verlieren, fahren gleichwohl aktuell viele Transportbetriebe zu Frachtpreisen, über die Unternehmensberater Giel als Betriebswirtschaftler nur den Kopf schütteln kann. So sei vor wenigen Wochen in einem Internetportal eine Tour mit Zwei-Mann-Besatzung und zehn Stunden Einsatzzeit für 160 Euro über den Tisch gegangen. Die ist tatsächlich gefahren worden, erzählt er. Die Entfernung habe zwar nur 100 Kilometer betragen, aber die Tour habe mehrere Entladestellen und fallweise sehr lange Standzeiten gehabt. "Kein Unternehmer, der rechnen kann, hätte diese Tour akzeptieren dürfen", betont der Berater. So hätte man allein für einen Fahrer mindestens 150 Euro Lohnkosten ansetzen müssen, bei einer Doppelbesetzung also 300 Euro - zuzüglich 150 Euro Fixkosten für Zugmaschine und Auflieger und rund 50 Euro variable Kosten. "Das sind 500 Euro Einstandskosten für die Tour. Und da ist der Unternehmerlohn nicht einkalkuliert", rechnet Giel vor. Der Unternehmer, der für 160 Euro diese Touren gefahren sei, habe also nicht einmal seine direkten Kosten damit decken können. Fast noch mehr ärgert ihn, dass im Transportgewerbe nach wie vor mit Kilometerpreisen kalkuliert wird. Dabei berücksichtigen diese null den Zeitfaktor. Wenn der Lkw im Stau oder stundenlang an der Rampe steht, fließt diese Zeit nicht in den Kilometerpreis ein. "Aus kaufmännischer Sicht ist das fatal", warnt Giel. "Denn die Fixkosten wie der Fahrerlohn, die Fahrzeugabschreibungs- und Finanzierungskosten fallen immer an - egal, ob der Lkw steht oder fährt." Laut dem Berater kommen da bei einer Stunde Wartezeit an der Kundenrampe 15 Euro Kosten für das Fahrzeug und 15 bis 20 Euro für den Fahrerlohn zusammen. Im Kilometerpreis aber sind diese Kosten nicht berücksichtigt. "Alles das macht die Transportpreise kaputt", mahnt er. Bringt Klarheit: Kundenergebnisrechnung "Blinder Aktionismus und nach dem Gießkannenprinzip Preise anheben, bringt aber häufig nichts - der Markt gibt den Preis vor, nicht meine Wünsche", gibt Roland Stelz zu bedenken. Stelz weiß, wovon er spricht. Er war lange Jahre Leiter diverser Speditionen und ist heute Geschäftsführer der Unternehmensberatung "Die Speditionsberater" in Friedberg/Hessen. Sinnvoller sei zunächst die ehrliche Analyse, zum Beispiel der Frage, mit welchen Kunden das Unternehmen sein Geld verdient. "Viele glauben grob zu wissen, was sie mit dem einzelnen Auftraggeber verdienen", weiß Stelz, "über eine detaillierte aussagekräftige Kundenergebnisrechnung, die sich auf objektive Fakten stützt, verfügen aber nur sehr wenige Betriebe." Deshalb schleppen sie oft über Jahre Kunden mit, die für sie im Grunde Verlustbringer seien. "Gerade im Transport- und Speditionsgeschäft, in dem oft nur zwei bis drei Prozent Umsatzrendite erwirtschaftet werden, kann dies sehr schnell passieren. Da reicht nur ein ungeplanter Kostenausreißer." Zwingende Voraussetzung für eine solche Kundenergebnisrechnung ist, dass in dem TMS- beziehungsweise im Speditionssoftwareprogramm alle relevanten Daten sauber und vollständig abgebildet sind, erklärt Stelz. Daran hapere es immer wieder, weil Disponenten aus zeitlichen Gründen diese nicht sauber erfassen. Mit der Folge, dass die Firmen auf Basis ihrer Kundenabrechnungen zwar wissen, wie viel Erlös sie pro Sendung/Ladung und pro Kunde erwirtschaften. Was ihnen aber oft fehlt, sind die laufenden Kosten. Diese basieren auf den gefahrenen Kilometern sowie der zeitlichen Dauer der Touren. Die sich aus diesen Faktoren ergebenden Tourkosten müssen dann mittels der Tourkosten-Rückverteilung auf die Sendungen geschlüsselt werden. "Diese Kostenfaktoren sind den Erlösen des jeweiligen Sendungs-/ Transportauftrags gegenzurechnen", erklärt Stelz. Damit dies gelingt, reiche es in kleineren Betrieben schon aus, diese Kosten in Excel- oder Access-Tools zu exportieren und dort die Tourkostenrückverteilung und Verrechnung mit den Erlösen vorzunehmen. "Das ist also kein großes Hexenwerk," macht er Mut. "Hauptsache, es wird konsequent umgesetzt. Dann ist eine solche Kundenergebnisrechnung Gold wert." Denn ein Unternehmer sehe damit sofort, wie viel Geld er mit welchem Kunden verdient oder auch verliert. "Solche Zahlen kann keine betriebswirtschaftliche Auswertung liefern", betont Stelz. Denn diese komme zeitversetzt und damit zu spät. Zudem liste die BWA (betriebswirtschaftliche Auswertung) monatlich sämtliche Erlöse und Kosten der Firma auf. Dem Unternehmer stehe durch diese also nur das Gesamtergebnis seiner Firma zur Verfügung - fallweise auch nach Kostenstellen aufgeschlüsselt, aber nicht nach Kunden. "Für die Preisgespräche aber braucht es die Kundenanalyse. Und die kann nur die Kundenergebnisrechnung liefern." Einmal eingerichtet, sei das Ganze auch nicht mehr so aufwendig. Wichtig sei nur, dass die Spediteure darauf achten, dass ihre Disponenten diese Daten im TMS oder im Speditionsprogramm stets sauber und konsequent erfassen. Jedes gängige Speditionsprogramm verfüge über die dafür notwendige Grundfunktion. Stelz kennt Spediteure, die sogar täglich die Touren und Aufträge des Vortags auf Basis einer solchen Kundenergebnisrechnung bewerten. "Werden diese Daten in einer Datenbank gesammelt, ist das die perfekte Basis, um die Entwicklung des Kundengeschäfts an einzelnen Tagen, Wochen und Monaten stets im Blick zu haben." Aber auch auf Wochenbasis erstellt, liefere die Kundenergebnisrechnung sehr wertvolle Daten. "Und diesen Aufwand", ist er sich sicher, "können auch kleinere Betriebe mit zehn Lkw und wenigen Kunden leisten." Kostenblöcke systematisch analysieren "Unabhängig davon ist es wichtig, dass jedes Unternehmen seine Kosten regelmäßig systematisch auf den Prüfstand stellt", ergänzt Berater Giel. "Es geht nicht darum, den Preis jeder einzelnen Druckerkartusche zu erfassen, sondern darum, die großen Kostenblöcke zu analysieren." Und das sind in Transportbetrieben die Dieselkosten. Sie machen in einem Betrieb mit fünf Lkw im Schnitt 30 Prozent der Gesamtkosten und neben der Maut einen Großteil der variablen Kosten aus. "Selbst hier lässt sich mancher Cent einsparen." So bieten laut Giel Tankkartenanbieter wie DKV und UTA ausgezeichnetes Kartenmaterial, in welcher Region zu welcher Zeit welche Tankstelle günstigen Diesel offeriert. "Gerade bei festen Touren hilft das bei vorausschauender Planung sehr. Das macht anfangs Aufwand, rechnet sich aber." Potenzial sieht er nach wie vor auch bei den Fahrzeugversicherungen, vor allem bei nachweislich niedrigen Schadensquoten: "Sich Angebote von mehreren Anbietern einzuholen, hart zu verhandeln und notfalls zu wechseln, lohnt stets." Mehrere Tausend Euro jährliche Ersparnis seien da schon bei der Umstellung weniger Lkw möglich, fallweise helfe auch die Umstellung auf Poolversicherungen, um Kosten zu senken. "So bündeln Spezialisten wie die Barter Fuhrparkmanagement in Hagen die Lkw vieler Betriebe in sogenannte Pools. Für diese Pools wird einmal jährlich mit den Versicherungsgesellschaften ein Rahmenvertrag ausgehandelt." Kleine Frachtführer profitieren so von den Konditionen, die sonst Firmen mit großem Fuhrpark erhalten. An den Löhnen und Gehältern der Mitarbeiter zu knausern, sei angesichts des Fachkräftemangels indes schwierig. "Trotzdem gibt es Möglichkeiten, Entgelte niedrig zu halten und für Mitarbeiter als Arbeitgeber attraktiv zu sein - Stichwort steuerfreie Entgelt-Ersatzleistungen." So könnte ein Spediteur seiner Angestellten etwa den Kita-Platz ihrer Tochter bezahlen. Diese muss diesen Bonus nicht versteuern, erhält mehr Netto vom Brutto und muss die Kita-Kosten nicht selbst tragen. Und der Arbeitgeber profitiere, richtig vom Steuerberater umgesetzt, von niedrigeren Lohnnebenkosten. Mehrkosten legt Spediteur Liesecke konsequent um Klaus Liesecke, Gründer und Inhaber der Spedition Liesecke & Entsorgungsfachbetrieb in Aschaffenburg Beim Thema Preise ist Klaus Liesecke konsequent. Denn die Kosten und die Dauer einer jeder Tour kennt der 63-Jährige Firmenchef von Klaus Liesecke Spedition & Entsorgungsfachbetrieb in Aschaffenburg aufgrund seiner langjährigen Erfahrung bestens. Jede unnötige Viertelstunde, die einer seiner Lkw zum Beispiel im Stau steht oder an der Be- und Entladestelle eines Kunden- oder auch Empfängerunternehmens, erfasst und dokumentiert der Mittelständler akribisch, auch die sogenannten versteckten Kosten wie für den Einkauf der FFP1-Masken und die Spuckschützen im gesamten Bürobereich in Zeiten der CoronaKrise. „Diese Erfassung ist wichtig“, betont er. „Denn Transportbetriebe unserer Größe haben nur wenige Stellschrauben, an denen sie drehen und so Kosten sparen können.“ Nur beim Diesel und den Kfz- und Betriebshaftpflichtversicherungen könne man ansetzen, sagt er. „Unsere Einsparpotenziale sind also begrenzt.“ Wenn jetzt also, wie Anfang Januar geschehen, der Dieselpreis durch die CO2- Steuer signifikant steigt, legt Liesecke diese Mehrkosten konsequent auf die Kunden um, wenn mit diesen bislang kein Dieselfloater vereinbart war. „Wir erklären ihnen dies aber auch Schritt für Schritt, warum wir das tun und welche Folgen es für sie hätte, wenn wir bestimmte Kostengrößen nicht einpreisen“, betont er. Und bislang hätten die meisten Kunden das akzeptiert. Er habe sogar den Zuschlag für Touren erhalten, wenn fallweise Wettbewerber billiger angeboten haben als er“, erzählt er stolz. „Weil die Kunden einfach wissen, wenn wir etwas zusagen, dann klappt es auch.“ "Dem Kunden muss bewusst sein, welchen Service er verliert" Thomas Mielke, Geschäftsführer Metroplan Process Management in Hamburg Trotz viel zu niedriger Erlösmargen gelingt es vielen Transportbetrieben und Kraftwagenspeditionen nicht, ihre Transportpreise anzuheben. Was machen sie in den Preisgesprächen falsch? Im Transportgeschäft argumentieren viele Dienstleister nur mit dem Kilometerpreis, und wenn sie den Auftrag dringend brauchen, unterbieten sie diesen nochmals. Sinnvoller ist, wenn sie zusätzlich herausarbeiten, wie sie sich durch ihren Service von anderen Anbietern differenzieren, welche Mehrwerte sie dem Kunden dadurch bieten. Beliebt sind etwa zuverlässiger Palettentausch, eine voll integrierte IT-Schnittstelle, elektronische Rechnung im PDF-A, zuverlässige Avisierung, einfaches Schadens-Handling, flexible Lkw-Gestellung. Hauptsache ist, er differenziert sich so von Mitbewerbern. Und wenn er dem Kunden so echten Mehrwert schafft, ist dieser auch geneigt, höhere Preise oder zumindest die jeweiligen Zuschläge zu zahlen. Aber das Transportgeschäft von A nach B ist nun einmal sehr vergleichbar . . . Das ist in etlichen anderen Branchen auch so, etwa bei den Mobilfunkanbietern. Trotzdem gelingt es diesen Firmen, sich durch unzählige Service-Optionen und Tarifmodelle zu differenzieren und sich so ein Image zu schaffen, dass sich der Kunde letztlich nur für einen bestimmten Anbieter entscheidet. Diese Unvergleichbarkeit und Einzigartigkeit muss auch Transportdienstleistern gelingen. Dann sind sie weniger leicht austauschbar. Im Zeitalter von Ausschreibungsplattformen ist das allerdings schwierig. Dadurch zwingen Verlader ja Transportfirmen in die Vergleichbarkeit. Das ist richtig. Trotzdem haben die meisten Transportbetriebe, neben solchen Ad-hoc-Geschäften, auch Bestandskunden. Und mit diesen Auftraggebern verhandeln sie nach wie vor persönlich. Und hier hilft, die Service-Differenzierung. Dem Kunden muss einfach bewusst sein, welchen Service er verliert und in welches Risiko er geht, wenn er nicht auf ihn, sondern auf einen Billigpreisanbieter setzt. Dann knickt dieser schnell ein, selbst wenn er dadurch Mehrkosten hat. Was raten Sie in Neuausschreibungen, wie kann da der Transportunternehmer auf faire Preise kommen? Als Einstieg können niedrige Preise durchaus taugen. Schritt für Schritt müssen die Dienstleister aber daran arbeiten, wie sie sich durch Zusatzservices unersetzlich machen. Ich kenne genügend Spediteure, die für die Automobilindustrie fahren und denen das sehr gut gelungen ist. Das Wichtige ist: Stets mit offenen Augen und Ohren unterwegs sein, dann sieht der Dienstleister, an welchen Stellen es beim Verlader hakt und wie er ihm bei der Lösung helfen kann. So ein Kunde hält an seinem Dienstleister fest, weil er weiß, dass er sich auf diesen verlassen kann und dieser ihm im Tagesgeschäft hilft. In Kürze Nach wie vor ist die Umsatzrendite im Transportgeschäft zu niedrig. Steigen dann die Kosten, und der Unternehmer kann diese preislich bei seinem Kunden nicht umlegen, wird es gefährlich. Wer aber nicht in die Pleite schlittern will, muss am Thema Ertrag arbeiten. Was hier möglich ist, zeigt der Beitrag. Online - Gezielt Kosten sparen Auch wenn Transport- und Speditionsunternehmen vielfach ihre Einsparpotenziale schon ausgereizt haben, gibt es doch noch vereinzelt Kostenschrauben, an denen sie drehen können. Mehr dazu lesen Sie in dem Online-Arbeitsportal VerkehrsRundschau plus unter www.verkehrsrundschau.de/plus/kostensenken

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