Zeit im Scania-Übernahmepoker wird knapp

30.10.2006 15:26 Uhr

MAN legt Zahlen vor: voraussichtlich gute Zahlen des Konzerns könnten dabei zur Nebensache werden

München. Im Ringen um eine Nutzfahrzeug-Allianz wird die Zeit allmählich knapp. In gut zwei Wochen läuft die Frist ab, die der größte Scania-Aktionär Volkswagen dem Münchner Nutzfahrzeuge- und Maschinenbaukonzern MAN gesetzt hatte, um die anderen Anteilseigner von seiner milliardenschweren Offerte für Scania zu überzeugen. Noch für die erste Novemberhälfte hat MAN zudem die Einreichung der Angebotsunterlagen bei der schwedischen Finanzmarktaufsicht angekündigt. „Es liegt auf der Hand, dass MAN und Scania gut daran tun, bald zu einer Einigung zu kommen“, sagt Nutzfahrzeug-Expertin Jutta Rosenbaum von der Commerzbank. „Es ist nicht gut, wenn sich so etwas zu lange hinzieht.“ Das Tauziehen dürfte auch bei der Vorlage der MAN-Quartalszahlen an diesem Donnerstag im Mittelpunkt stehen. Erst Ende vergangener Woche hatte VW seinem Streben nach einer starken Position in einer künftigen Nutzfahrzeug-Allianz nochmals Nachdruck verliehen: Der Wolfsburger Autobauer ist mittlerweile mit 20 Prozent an MAN beteiligt und strebt nach Überzeugung in Branchenkreisen die Sperrminorität von 25 Prozent an. Die Anteilsaufstockung war auch als Wink von VW an MAN, Scania und deren zweitgrößten Aktionär Investor gewertet worden, sich bald auf die Konditionen einer Übernahme zu einigen. „Das ist ein Signal, dass VW großes Interesse daran hat, dass MAN und Scania zusammenkommen. Mit jedem Prozentpunkt, den VW mehr an MAN kauft, ist diese Absicht mehr untermauert“, sagt Analyst Hermann Reith von der BHF Bank. Andere Experten schließen allerdings auch die Möglichkeit einer Gegenofferte für MAN nicht völlig aus: „Das ist zwar relativ unwahrscheinlich, aber es ist alles denkbar“, heißt es. Größte Frage ist derzeit, wo der zweitgrößte Scania-Aktionär Investor steht. VW hatte seine Unterstützung für die Scania-Übernahme durch MAN davon abhängig gemacht, dass das Münchner Unternehmen die Investor-Anteile von 10,8 Prozent des Kapitals und 19,3 Prozent der Stimmrechte bei Scania übernehmen kann. Spekulationen zufolge will auch Investor bei der Neuordnung der Nutzfahrzeugbranche mitmischen. Die zur schwedischen Wallenberg-Familie gehörende Holdinggesellschaft strebe daher eine Aktien-Beteiligung an einem künftigen MAN/Scania-Konzern an, heißt es in der Branche. Für Experten würde ein solches Vorgehen Sinn machen. Denn die Kräftebündelung bei Beschaffung, Forschung und Entwicklung versprächen MAN und Scania satte Kosteneinsparungen. Davon könne auch Investor im Falle eines künftigen Aktien-Engagements profitieren. Dafür müsse allerdings erst einmal mit dem Management des schwedischen LKW-Bauers ein gemeinsamer Weg gefunden werden. Auf den ersten Blick scheint dies nach den harschen Worten von Scania-Chef Leif Östling vor zwei Wochen schwierig. Bei Vorlage der Scania-Quartalszahlen hatte Östling MAN unter anderem eine mangelnde Produktivität vorgeworfen und das bisherige Vorgehen Samuelssons in dem Übernahmepoker als „dumm“ gebrandmarkt. Branchenkreise werten nun schon als positives Zeichen, dass seither keine neuen Anwürfe aus Schweden gegen MAN gekommen sind. Offenbar suchten die Akteure nun hinter den Kulissen eine Lösung, heißt es. Auch Analystin Rosenbaum geht davon aus, dass sich Samuelsson von Östlings Schelte nicht ins Bockshorn jagen lässt: „Das war teilweise unsachlich, aber wenn ich Samuelsson wäre, dann wäre mir das egal.“ Bei der Vorlage der Quartalsbilanz an diesem Donnerstag sind nun zumindest allgemeine Aussagen Samuelssons über den weiteren Fahrplan in dem Übernahmepoker zu erwarten. Die voraussichtlich guten Zahlen des Konzerns könnten dabei zur Nebensache werden. Neben Umsatz- und Gewinnsteigerungen dürfte MAN dabei auch ein Plus beim Auftragseingang vermelden, erwarten Analysten. Samuelsson sei also grundsätzlich gut gerüstet für sein Ziel einer Scania-Übernahme. (dpa)

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