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Weltcontainerflotte: Reeder investieren vor allem in die Schiffsriesen

08.09.2011 09:47 Uhr
Weltcontainerflotte: Reeder investieren vor allem in die Schiffsriesen
V.l.: Jens Brandis und Michael Niefünd
© Foto: Arndt

Anlageprodukt Schiff bleibt weiterhin „sehr schwierig“

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Hamburg. Gerade einmal ein gutes Jahr nach der Überwindung der großen Weltschifffahrtskrise gehen die Reedereien wieder unverdrossen dazu über, neue Schiffe zu bestellen. „Allein im ersten Halbjahr 2011 wurden weltweit 176 neue Containerfrachter mit zusammen gut 1,4 Millionen TEU (Standardcontainer) bestellt", berichteten Jens Brandis, Geschäftsführer des zur Ahrenkiel-Gruppe gehörenden Fondshaus Hamburg (FHH) und Michael Niefünd, Schifffahrts- und Marktanalyst, in der Hansestadt bei der Vorlage des neuen FHH-Marktreports. Das kostenpflichtige Werk gibt einen Überblick über die drei wichtigen Segmente Container-, Bulk- und Tankerschifffahrt.

Große Linienreeder erwarten Wachstum

Dabei liegt der Schwerpunkt der aktuellen Neubestellungen bei den XXL-Containerachtern, den Post-Panamax-Schiffen, und zwar mit 130 Einheiten bis Ende Juli. Herausragende Einzelorder sind dabei sicherlich die von Maersk bestellten 20 Frachter mit jeweils 18.000 TEU. Ein wichtiger Grund für diese erneute Bestellwelle liegt nach Brandis und Niefünds Einschätzung in den positiven Wachstumserwartungen der großen Linienreeder. Sie sind es im Übrigen auch, die gerade die XXL-Containerfrachter zunehmend selbst finanzieren. An Containerschiffneubauten wurden bis Ende Juni insgesamt 110 Schiffe mit zusammen rund 743.000 TEU abgeliefert. Darunter befanden sich 73 Post-Panamax-Frachter. Damit sei die Weltcontainerflotte im ersten Halbjahr hinsichtlich ihrer Stellplatzkapazität um 5,1 Prozent auf rund 14,9 Millionen TEU angewachsen. Bemerkenswert: Im ersten Halbjahr wurden weltweit gerade einmal 17 Containerschiffe mit zusammen 18.000 TEU aus dem Markt genommen und verschrottet.

Auch im zweiten Halbjahr wird die Weltcontainerflotte weiteren Zuwachs bekommen. Er wird bei voraussichtlich 151 Schiffen mit zusammen rund 0,7 Millionen TEU liegen. Brandis: „Damit würde die verfügbare Flotte um weitere 4,4 Prozent anwachsen." Auch hier sind es wieder die Post-Panamax-Frachter, auf die mit 56 Schiffen der Löwenanteil der Ablieferungen entfällt. Der FHH-Chef wies darauf hin, dass offensichtlich bei einigen Großreedereien die Einschätzung bestehe, dass noch größere Containerschiffe als die derzeit in Auftrag gegebenen Achtzehntausender möglich sind. „Man spricht über Schiffe mit 23.000 TEU", berichtete Brandis.

Veränderungen im globalen Liniennetz erwartet

Brandis und Niefünd erwarten, dass es mit dem weiter steigenden Anteil der Großcontainerschiffe vor allem bei den Marktführern im Containersegment mittel- und längerfristig zu einer Veränderung des globalen Liniennetzes kommen wird. Dazu gehört auch, dass sich Unternehmen wie Maersk in neuen Umschlagterminals beteiligen. Ein Paradebeispiel für diese Strategie ist für Brandis der neue Containerterminal in Marokko, Tanger Med, an dem neben Maersk auch die Eurogate-Gruppe beteiligt ist. So sei es denkbar, dass solche Häfen und Terminals verstärkt Container-Hubs eingerichtet werden, über die dann zum Beispiel Nordwesteuropa oder die Ostseeanrainer mit dann kleineren Schiffen bedient werden. Die großen Mega-Carrier würden enden.

Zu den bemerkenswerten Entwicklungen gehört auch, dass die Schifffahrtsindustrie bei den kleineren Schiffen, den Feedern, sich in auffallender Bestellabstinenz üben. Brandis: „Aktuell sind gerade 32 Schiffe der Größenordnung bis 1000 TEU mit zusammen knapp 25.000 TEU in den Orderbüchern der Werften.

Brandis und Niefünd sehen für die kleineren und mittleren Containerschiffe bis 5100 TEU gute Aussichten in einem Umfeld, das von „einem wachsenden Frachtaufkommen und geringen Angebotssteigerungen" gekennzeichnet ist. Und doch gibt es für die beiden Experten ein Aber. Es bleibe nämlich abzuwarten, inwieweit sich das erkennbare „Überangebot an Containerschiffgroßtonnage auf die Charterraten auswirke". Derzeit seien sehr wohl solche Effekte im Markt bereits erkennbar.

Bei Bulkern und Tankern werden Märkte aufgepumpt

Auch bei den Bulkern und Tankern werden die Märkte auf der Angebotsseite weiter aufgepumpt. So wurden im ersten Halbjahr 522 Massengutschiffe mit zusammen 45,3 Millionen tdw (Tragfähigkeit) abgeliefert. Herausragend dabei sind allein 125 Capesize-Bulker mit zusammen 22,5 Millionen tdw. Im selben Zeitraum wanderten 154 Bulker mit zusammen 12,7 Millionen tdw als Schrott in den Hochöfen. Brandis und Niefünd erwarten für die Bulkschifffahrt „noch für die kommenden zwei bis drei Jahre" Probleme aufgrund des Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage. Denn das Orderbuch sei weiterhin „überwältigend". Wie groß der Druck im Massengutmarkt ist, zeigt sich unter anderem an Zeitcharterraten. Brandis: „In allen Größenbereichen erreichten sie im 1. Halbjahr die niedrigsten Werte seit zwei Jahren."

Der Tankermarkt steht ebenfalls massiv unter Druck, da die Schere zwischen Transportraumangebot und der Nachfrage weiter deutlich auseinanderklafft. In den ersten sechs Monaten wuchs die Tankerflotte um 152 Schiffe mit zusammen 20,6 Millionen tdw. Gleichzeitig wurden nur ganze 44 Tanker mit zusammen 3,8 Millionen tdw verschrottet. Was Brandis und Niefünd mit Kopferschütteln und Verärgerung quittieren ist die Tatsache, dass weltweit immer noch 419 Einhüllentanker unterwegs sind. Und das, obwohl diese heutigen Umweltstandards nicht mehr genügenden Schiffe eigentlich nur noch bis maximal 2015 in Fahrt sein dürfen. Die auf IMO-Ebene (Weltschifffahrts-Organisation) beschlossene Aussonderung dieser Schiffe gehe immerhin auf das Jahr 1993 zurück, ergänzte Niefünd.

Hinter dem FHH liegt ein insgesamt erfolgreiches erstes Halbjahr. Auch in diesem Jahr werde das Unternehmen, das neben Schiffen seit 2006 auch für Immobilien Eigenkapital einwirbt, auf ein Platzierungsvolumen von gut 70 Millionen Euro kommen. Brandis: „Zu 99 Prozent kommt das Neugeschäft allerdings aus dem Immobilienbereich. Das Thema Schiff als Anlage ist weiterhin sehr, sehr schwierig. Ich habe das Gefühl, dass es für viele inzwischen sogar ein echtes Schreckgespenst ist." Und auch das steht für ihn fest: Selbst, wenn sich wieder vermehrt Anleger für das Schiff interessieren, „das Anlageprodukt muss dann in jedem Fall anders aussehen, als wie in der Vergangenheit üblich". Brandis ließ durchblicken, dass sich sei Haus mit entsprechenden Konzepten beschäftige. (eha) 

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