Umstellung auf neues WMS

Umstellung auf neues WMSWeltbild im WandelWenn Deutschlands Markt-führer im Buchmarkt seine Logistikprozesse durch die Umstellung auf ein neues WMS (Warehouse-Management-System) modernisiert, darf der Kunde davon nichts mitbekommen. Die Verlagsgruppe Weltbild macht zurzeit genau das – mit Erfolg.Von der Bibel bis zu „69 Positionen des Kamasutra“: Das Sortiment der Weltbild-Gruppe ist umfangreich und vielfältig. Zu umfangreich und zu vielfältig – zumindest für die deutschen Bischöfe, die mit ihren Diözesen Inhaber des Unternehmens sind. Aus diesem Grund haben die katholischen Würdenträger vor einigen Wochen beschlossen, den Marktführer im deutschen Buchmarkt zu verkaufen, um der Verbreitung „esoterischer und erotischer Inhalte“ Einhalt zu gebieten (siehe Kasten rechts). Mit ganz anderen Themen beschäftigen sich zur Zeit die Logistiker der Weltbild-Gruppe. „Der Kunde erwartet eine schnelle Auslieferung“, beschreibt der Logistikleiter von Weltbild, Karl Strüning, eine der Herausforderungen, die sich etwa durch Internet-Wettbewerber wie Amazon ergeben. Das Internet verändert die ProzesseStand heute liefert Weltbild in Spitzenzeiten „etwa 120.000 Aufträge pro Tag aus“, sagt Strüning. Im Jahr 2000 errichtete der Multichannel-Anbieter in Augsburg ein Logistikzentrum, das nach einer Erweiterung 2004 heute über ein 14-gassiges Hochregallager mit Platz für mehr als 75.000 Paletten verfügt. Angegliedert ist das Teilmengen-Entnahmelager, das in 32 Gassen Raum für knapp 10.000 Europaletten bietet. Ein sechsgassiges vollautomatisches Kleinteilelager bevorratet 42.000 Behälter, C-Artikel werden in einem manuellen, mit Durchlaufregalen ausgestatteten Lager verwaltet. In den Regalen der Verlagsgruppe warten Bücher, CDs, DVDs, Software, Spielwaren und Dekoratives für den Haushalt auf Käufer – in der Filiale oder im Netz. Das Internet ist dabei der größte Treiber des Geschäfts: So wuchs etwa der E-Commerce-Umsatz im Geschäftsjahr 2010/2011 um sagenhafte 21 Prozent. Damit ist Weltbild nach eigenen Angaben hinter Amazon und Ebay der drittgrößte Online-Shop in Deutschland. Wichtig: Schnittstelle WMS-SAPDie steigenden Herausforderungen erfordern modernste Logistikprozesse. So beschloss man in Augsburg, das bisherige ERP-System, eine individuell programmierte Software auf Basis IBM ES9000, durch SAP zu ersetzen. „Wir wollen in Zukunft den Kundenauftrag, sobald er erfasst ist, direkt fakturieren und an die Logistik weitergeben“, beschreibt Logistikleiter Strüning das Ziel der Umstellung. Sprich: Bestellungen, die bis 12 Uhr aufgegeben werden, sollen noch am gleichen Tag verpackt und an die Post übergeben werden. Um diese Vorgabe zu erreichen, sollte SAP als Host-System sowie ein separates Warehouse-Management-System (WMS) implementiert werden. Weltbild setzt dabei auf die in den Lagerbereichen bereits vorhandene Software Viadat des Softwarehauses Viastore Systems. Wichtig für die Verlagsgruppe war eine leistungsfähige Schnittstelle von WMS und SAP. Hier konnte Viastore als zertifiziertes SAP-Systemhaus punkten. Allerhöchste Priorität genoss jedoch die Vorgabe, dass die Umstellung im laufenden Betrieb vonstattengehen sollte – der Kunde sollte nichts merken. Aus diesem Grund entschied man sich für ein stufenweises Vorgehen. „Das Risiko, SAP und ein neues WMS gleichzeitig einzuführen, wäre zu hoch gewesen“, begründet Wilfried Kugler, der das Projekt bei Viastore leitet, den Prozess. Zunächst ging es also darum, das WMS zu implementieren, Versandstraße für Versandstraße. Schrittweise Umstellung erfolgreich Mittlerweile sind fast alle Straßen umgestellt. Mit Erfolg, wie der Logistikverantwortliche Strüning feststellt: „Der Kunde hat tatsächlich nichts gemerkt.“ Nun sei es endlich möglich, die Anzahl der Batchläufe (stapelweise Auftragsweitergabe) pro Tag zu erhöhen. Aber das ist noch nicht das Ende: Wenn auch die letzte Versandstraße Anfang 2012 umgestellt ist, wird SAP als ERP-System eingeführt – und dann werden Aufträge in Echtzeit an das WMS übertragen. Die vom Kunden georderte Bibel oder die „69 Positionen des Kamasutra“ könnten von diesem Zeitpunkt an noch schneller ausgeliefert werden. Unklar ist dann nur noch, wer den Gewinn der Verbesserung der logistischen Prozesse einstreichen wird – die katholischen Bischöfe oder ein neuer Eigentümer. ❙❚■ Tobias RauserDer Multichannel-Anbieter Weltbild modernisiert seine Logistik im laufenden ProzessWeltbild lagert rund 30.000 Artikel und bietet über das Internet drei Millionen Produkte an Put-to-light-Anzeigen an Kommissionier-wagen ermöglichen den schnellen ZugriffWeltbild-Gruppe steht vor dem VerkaufDie Verlagsgruppe Weltbild hat im Jahr 2010 mit rund 6500 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,65 Milliarden Euro erzielt. Gesellschafter sind (noch) 12 katholische Diözesen, der Verband der Diözesen Deutschlands sowie die Soldatenseelsorge – die Bischöfe wollen das Unternehmen nach einer Diskussion über esoterische und erotische Buchtitel im Sortiment jedoch möglichst rasch verkaufen. Schon seit Langem wurde von konservativer Seite angemerkt, dass die katholische Kirche mit solchen Angeboten kein Geld verdienen dürfe. Auf der anderen Seite, so die Pragmatiker, müsse ein Buchhändler (zu dem auch bekannte Marken wie Hugendubel (50-Prozent-Beteiligung), Jokers oder Wohlthat´sche gehören) dem Kunden ein vollständiges Sortiment anbieten. Zu Weltbild gehören neben dem stationären Buchhandel auch der Internethandel mit buecher.de (33-Prozent-Beteiligung) oder kidoh.de. Laut GfK ist die Weltbildgruppe mit 18 Prozent Marktführer im deutschen Buchmarkt. trUmstellung auf neues WMS

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