Transportleistung: Straße legt kräftig zu

In Kürze Anfang März hat das Bundesverkehrsministerium die Ergebnisse der gleitenden Langfrist-Verkehrsprognose präsentiert. Während die Transportleistung auf der Straße bis zum Jahr 2051 enorm wachsen soll, wird bei Schiene und Binnenwasserstraße ein Rückgang erwartet. Die Gesamt-Transportleistung im Güterverkehr (in Tonnenkilometer) wird bis 2051 gegenüber 2019 um 46 Prozent steigen. Zu diesem Ergebnis kommt das Beratungsunternehmen Intraplan in der neuartigen gleitenden Langfrist-Verkehrsprognose im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums (BMDV), die Minister Volker Wissing (FDP) Anfang März in Berlin vorgestellt hat. Dabei nimmt der Straßengüterverkehr mit plus 54 Prozent überproportional zu und steigert seinen Modal-Split-Anteil von derzeit 73,4 Prozent auf 77,5 Prozent. Der Schienengüterverkehr fällt hingegen von aktuell 19 Prozent auf 17,3 Prozent zurück; die Binnenwasserstraße von 7,6 auf 5,2 Prozent. Paketmenge soll sich verdreifachen Haupttreiber für die Verschiebung auf den Lkw ist der Güterstruktureffekt: Es werden mehr kleinteilige Ladungen mit geringem spezifischem Gewicht transportiert - zum Beispiel im Online-Handel -, während schwere Massengüter wie Kohle, Koks, Mineralöl-Produkte und Erze abnehmen oder ganz wegfallen. Die Zahl der "Postsendungen" - namentlich Pakete - soll sich zum Beispiel gegenüber 2019 verdreifachen. Der veränderte Güterstruktur spiegelt sich auch in den erwarteten Fahrleistungen wider: Für schwere Nutzfahrzeuge (inklusive ausländischer Lkw) wird ein Zuwachs von "nur" 52 Prozent vorhergesagt, während die Fahrzeug-Kilometer leichter Nutzfahrzeuge sogar um 78 Prozent wachsen sollen. Ziel des neuen Prognoseformats, das künftig jedes Jahr fortgeschrieben werden soll, ist es, auch kurzfristig auf Veränderungen der Annahmen und Ausgangsdaten reagieren zu können. Zum Beispiel wurde zu Beginn der Berechnungen im Jahr 2021 erwartet, dass 2051 81,8 Millionen Menschen in Deutschland leben. Mit Blick auf die neuen Flüchtlingswellen aus der Ukraine und Übersee wurde dieser Wert 2022 auf 83,4 Millionen Menschen korrigiert. Derzeit wird außerdem noch ein alternatives Szenario berechnet. Die neue Prognose darf nicht mit der weitaus detaillierteren Verkehrsprognose 2040 verwechselt werden, die derzeit für den nächsten Bundesverkehrswegeplan beziehungsweise Bundesmobilitätsplan erstellt wird. Wissing will mehr Straßen bauen Wissing sieht sich von der Prognose in seinem Wunsch bestätigt, nicht nur Schiene und Wasserstraße zu stärken, sondern auch neue Autobahnen zu bauen. "Um einen Verkehrsinfarkt zu verhindern, brauchen wir jetzt dringend das Deutschlandtempo für den Ausbau aller Verkehrsträger - auch der Straße", sagte er unter Anspielung auf den Konflikt mit dem Bundesumweltministerium um Planungsbeschleunigung für den Straßenbau. Fragen wirft allerdings auf, ob das Wachstum des Straßengüterverkehrs angesichts des Fahrermangels tatsächlich realisiert werden kann. Nach Berechnungen der VerkehrsRundschau (VR) auf Basis von Zahlen des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) werden rund 400.000 Fahrer zusätzlich zu den knapp 800.000 Fahrern benötigt, die heute in Deutschland tätig sind. Studienautor Tobias Kluth von Intraplan sagte auf Nachfrage, der Lkw-Fahrermangel sei nicht als limitierender Faktor hinterlegt worden, sondern man gehe davon aus, dass er sich zum Beispiel durch höhere Löhne beheben lasse. Gemischtes Echo bei den Verbänden Während die Bahn- und Binnenschiffsverbände Wissing vorwarfen, tendenziöse Annahmen zulasten der Schiene getroffen zu haben und wenig ambitionierte Verlagerungsziele zu setzen, sieht der BGL die Studie positiv. "Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Maxime des Bundesverkehrsministers lautet, seine Verkehrspolitik an den tatsächlichen Begebenheiten, an Zahlen, Daten und Fakten und nicht an politischem Wunschdenken auszurichten", sagte Vorstandssprecher Dirk Engelhardt. "Wir können jeden Euro Steuergeld nur einmal ausgeben - und das sollten wir bedenken, bevor die Versorgungsketten reißen und wir auf britische Zustände zusteuern." In ein ähnliches Horn stieß Frank Huster, Geschäftsführer des Speditionsverbandes DSLV: "Angesichts dieser Zahlen ist jede akademische Diskussion darüber, ob ausgebaute Infrastrukturen noch mehr Verkehr erzeugen oder ob die wachsende Nachfrage nach Verkehrsdienstleistungen zu einem verbesserten Angebot führen muss, müßig", sagte er gegenüber der VR. "Fakt ist, dass die Verkehrsinfrastruktur Deutschlands insgesamt überlastet und notleidend ist und sämtliche Verkehrswege ertüchtigt werden müssen." Teile der Politik forderten zwar eine Priorisierung der Schiene. "Die Gesamtverkehrsprognosen werden dabei geflissentlich überlesen." Der BIEK, Verband für Kurier-, Express- und Paketdienste, begrüßte, dass in der Prognose der entscheidende Wandel des Einkaufsverhaltens hin zum Online-Handel berücksichtigt wird. "Die relevanten Auswirkungen dessen sehen wir eher im Bereich des Nahverkehrs - also in den Städten - als im Fernverkehr", sagte Carsten Hansen, Leiter Grundsatzfragen und Innenstadtlogistik. "Dennoch sind auch hier Auswirkungen zu erwarten." Die Zahlen deuteten darauf hin, dass im Paketsegment das Wachstum des Straßengüterverkehrs das Wachstum des intermodalen Verkehrs überkompensiert.

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