Transporter zahlen nicht

Nach der Vorstellung des Gesetzentwurfs über eine PKW-Maut ist viel Kritik an dem CSU-Wunschprojekt geübt worden. Der Koalitionspartner SPD und die Opposition befürchten, die geplante elektronische Erfassung verletze Persönlichkeitsrechte. Grenzregionen erwarten Ausweichverkehre auf Bundesstraßen und negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. Manche Länder befürchten Klagen von angrenzenden Ländern. Die Diskussion über Details ist erst eröffnet. 134 Millionen Euro Vergütung Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt muss die Vorbehalte gegen seinen Gesetzentwurf geahnt haben. Hatte der CSU-Politiker noch im Juni verkündet, "dass die PKW-Maut zum 1. Januar 2016 scharf gestellt wird", gab er sich jetzt zurückhaltend. Der Termin liege in den Händen des Parlaments, doch gehe er vom Jahr 2016 aus. Kaum hatte das Verkehrsministerium den 52-seitigen Gesetzentwurf an die Ressorts verschickt, wurden erste Begehrlichkeiten geweckt. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, forderte die Nutzung der elektronisch erfassten Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung. "In besonderen Ausnahmefällen der Schwerstkriminalität halte ich für sinnvoll, wenn wir Mautdaten für Ermittlungen nutzen können". Dobrindt reagierte sofort: "Das kommt überhaupt nicht infrage", stellte der Minister klar. Als Beleg, dass die Maut gezahlt wurde, plant Dobrindt keine Papiervignette. Kontrolliert werden soll über den elektronischen Abgleich der Kennzeichen ähnlich wie bei der LKW-Maut. "Einen gläsernen PKW-Fahrer darf es nicht geben", betonte Grünen-Chef Cem Özdemir. "Ich traue der CSU keinen Meter über den Weg, dass unsere Streckenprotokolle auf Dauer sicher sind", befand der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. Auf Distanz ging auch der Koalitionspartner. "Ich bin skeptisch, ob es so klug ist, zur Kontrolle der PKW-Maut vertrauliche Nutzerdaten möglicherweise an ein privates Unternehmen weiterzugeben", zeigte sich SPD-Fraktionsvize Sören Bartol skeptisch. "Die Errichtung und der Betrieb des Systems zur Erhebung der Infrastrukturabgabe soll einem privaten Betreiber übertragen werden", heißt es in dem Gesetzentwurf, der der VerkehrsRundschau vorliegt. Die Firma soll dafür jährlich rund 134 Millionen Euro erhalten und außerdem für die Errichtung des Systems einen einmaligen Betrag von 276 Millionen Euro. Für die Kontrolle der Maut sollen beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) zusammen rund 500 Stellen geschaffen werden. Neben einem Einmalbetrag von rund 60 Millionen Euro für Investitionen kostet dies jährlich 60 Millionen Euro an Personalkosten. Zudem sollen dafür beim KBA technische Voraussetzungen geschaffen werden, was mit 10 Millionen Euro veranschlagt wird. Zum Aufbau von Kontrolleinrichtungen sind 51 Millionen Euro beim BAG vorgesehen. Finanziert werden sollen die Systemkosten aus den Einnahmen der PKW-Maut. Dem Bund bleiben unterm Strich 500 Millionen Euro. Kommt die "Rache-Maut"? Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sieht in einer PKW-Maut eine mögliche Bremse für die Wirtschaft in den grenznahen Kreisen seines Landes. Das Vorhaben sei besonders riskant für die Region im Westen mit ihrer Nähe zu den Niederlanden. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) erwartet juristische Schritte gegen die PKW-Maut. "Ich rechne fest damit, dass die Niederlande und Belgien auf EU-Ebene klagen werden". Diese Länder würden eine "Rache-Maut" einführen, glaubt ihr Verkehrsminister Michael Groschek (SPD). Für wen die Pkw-Maut gilt Die Befreiung des gewerblichen Verkehrs von der PKW-Maut wird in dem Gesetzentwurf ausdrücklich genannt:"Durch die Begrenzung der Infrastrukturabgabe auf Kraftfahrzeuge der Klasse M1 und M1G sowie auf Wohnmobile der Klasse M wird der gewerbliche Verkehr weitgehend von der Abgabepflicht ausgenommen und damit generell nicht zusätzlich belastet". Unter die Klasse M1 fallen für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz. Die Klasse M1G umfasst geländegängige Fahrzeuge zur Personenbeförderung mit höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz (umgangssprachlich Geländewagen). Diese Fahrzeuge dürfen das 1,5-Fache des zulässigen Gesamtgewichts ziehen, jedoch maximal 3,5 Tonnen. jök