Berlin. Der Koalitions-Streit um einen Mindestlohn in der Postbranche droht kurz vor dem SPD-Parteitag zu eskalieren. Die Union wolle laut Medienberichten der Ausweitung des Entsendegesetzes, die der erste Schritt für die Schaffung eines Mindestlohns ist, vorerst nicht zustimmen. Die SPD drohte der Union postwendend mit einem „größeren Krach“. In der Bundestagsdebatte an diesem Donnerstag, in der erstmals über die Erweiterung des Entsendegesetzes für die Briefdienste beraten wird, dürfte der Konflikt offen ausgetragen werden. Es sei vereinbart, die Branche bis Jahresende in das Entsendegesetz aufzunehmen, um so die Voraussetzung für einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn für Briefzusteller zu schaffen, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Olaf Scholz, heute in Berlin. Diese Verabredung müsse eingehalten werden. Sollte die Union dabei nicht mitmachen, „dann haben wir einen größeren Krach“. Um den Zeitplan für die Einführung einer allgemeinverbindlichen Lohnuntergrenze für Briefdienstleister zeitgleich zum Wegfall des Briefmonopols zum 1. Januar 2008 einzuhalten, muss die Änderung des Entsendegesetzes bis zum 9. November den Bundestag passiert haben. Hintergrund des Streits ist das komplizierte Verfahren zur Schaffung eines branchenspezifischen Mindestlohns. Zunächst muss dazu jeweils das Entsendegesetz um die jeweilige Branche erweitert werden. Darum geht es jetzt. Das neue Gesetz ist praktisch nur eine Hülle. Diese muss Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) durch eine Rechtsverordnung ausfüllen, die eine in einem Tarifvertrag festgelegte konkrete Lohnhöhe für allgemeinverbindlich erklärt. Der Arbeitsminister kann dies nach der Vereinbarung der Koalitionsspitzen vom Juni aber nur, wenn dieser Tarifvertrag bereits 50 Prozent der Beschäftigten in der Branche erfasst. Im konkreten Streitfall hat die Union nun Zweifel, ob der Mindestlohn- Tarifvertrag, der zwischen dem von der Deutschen Post dominierten Arbeitgeberverband Postdienste und der Gewerkschaft Verdi vereinbart wurde, diese Voraussetzungen erfüllt. Die Unions-Fraktion erwartet von Müntefering seit Wochen konkrete Zahlen über die vom Tarifvertrag erfassten Beschäftigten. Bis dahin will sie die Erweiterung des Entsendegesetzes nicht mittragen. Scholz sagte, es sei davon auszugehen, dass diese Voraussetzung gegeben ist. Er sprach davon, dass 94 Prozent der Briefe von Beschäftigten transportiert werde, die vom Tarifvertrag erfasst seien. Und es sei nicht plausibel, dass diese Leistung von weniger als 50 Prozent der Beschäftigten erbracht werden könne. Es gehe nicht an, nun durch „Rechenmanöver“ aus „94 Prozent 49“ zu machen. Er rate „jedem Unvorsichtigen in der Union, die Finger davon zu lassen“. Es sei davon auszugehen, dass bis März noch zahlreiche andere Branchen den Antrag stellten, zur Abwehr von Dumpinglöhnen ins Entsendegesetz aufgenommen zu werden. (dpa)
Streit um Post-Mindestlohn spitzt sich zu
Die Union fordert Zahlen bevor sie der Ausweitung des Entsendegesetzes zustimmt. Die SPD droht daraufhin mit einem „größerem Krach“