Berlin. Neun Jahre nach der Fusion der damaligen Daimler-Benz AG und des US-Autobauers Chrysler haben Aktionäre und Management erleichtert einen Schlussstrich unter das kostspielige Abenteuer in Übersee gezogen. „Wir konzentrieren uns mit voller Kraft und Aufmerksamkeit auf das, was wir am besten können“, sagte Unternehmenschef Dieter Zetsche heute auf der außerordentlichen Hauptversammlung des Unternehmens in Berlin. Am besten ist die neue Daimler AG laut Zetsche bei „Premium-Autos“, bei „erstklassigen Trucks, Transportern und Bussen“ sowie bei Finanzdienstleistungen - vom „volatilen amerikanischen Volumenmarkt“ will man künftig eher die Finger lassen. Dafür richtete Zetsche den Blick nach vorne und bekräftigte die ehrgeizigen Renditeziele für die kommenden Jahre. Dürre Worte für eine Auto-Allianz, die 1998 vom damaligen Konzernchef Jürgen Schrempp noch als „Ehe im Himmel“ gefeiert worden war. Doch der Ehealltag holte die Stuttgarter schnell ein. Bei Chrysler verdarben vor allem hohe Spritpreise den Amerikanern die Lust auf große Geländewagen und Pickups, die den Großteil der Modellpalette ausmachten. Mehrere Sanierungsversuche scheiterten. Nach Milliardenverlusten zog Zetsche dann im Frühjahr die Notbremse: Im Mai verkauften die Stuttgarter 80,1 Prozent von Chrysler an den Finanzinvestor Cerberus. In diesem Jahr rechnet Daimler durch die Abwicklung der Fusion mit einer Ergebnisbelastung von 2,5 Milliarden Euro. Dennoch war Zetsche die Erleichterung über den Verkauf auf der Hauptversammlung deutlich anzumerken. Ohne den Mühlstein Chrysler um den Hals streben die Stuttgarter für die Traditionsmarke Mercedes- Benz ehrgeizige Renditeziele an. „Keine andere Automarke besitzt eine solche Strahlkraft“, betonte der Manager. Doch das Unternehmen steht auch vor neuen Herausforderungen. Der Streubesitz liegt bei rund 93 Prozent, ein Großaktionär wie die Familie Quandt beim bayerischen Konkurrenten BMW, der seine schützende Hand über das Unternehmen hält, ist nicht in Sicht. Damit könnte der Konzern ins Visier von Finanzinvestoren geraten, zumal die Kassen nach wie vor gut gefüllt sind. Zetsche bezifferte die Nettoliquidität auf fast 14 Milliarden Euro. Daher hat das Unternehmen auch ein milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm zur Kurspflege aufgelegt. Außerdem stehen die Stuttgarter wie auch ihre Kollegen aus München in den kommenden Jahren wegen immer schärferer Abgasvorschriften vor massiven Ausgaben im Bereich Forschung und Entwicklung. Kooperationen scheinen daher das Gebot der Stunde zu sein. Erste zarte Bande sind bereits geknüpft. BMW-Chef Norbert Reithofer hatte erst kürzlich erklärt, er sei für eine Einbindung von Daimler in die bestehende Motorenkooperation mit PSA Peugeot/Citroen offen. Auch Zetsche schloss auf der Hauptversammlung mögliche Kooperationen mit anderen Herstellern erneut nicht aus. Auch den Aktionäre war die Erleichterung über das Ende der Allianz mit Chrysler anzumerken. Die Entscheidung zum Verkauf wurde überwiegend begrüßt, ebenso die neue Ausrichtung des Konzerns. Mit Kritik sparten die Aktionäre dennoch nicht. Ein Vertreter bezeichnete die Fusion als „größte unternehmerische Fehlentscheidung und Kapitalvernichtung“, ein anderer warf dem Management vor, es habe „mäßig erfolgreich, aber unmäßig raffgierig“ agiert. (dpa)
Stern glänzt künftig alleine
Scheidung vollzogen: Daimler zieht erleichtert Schlussstrich unter Kapitel Chrysler