Sperriges bis an die Haustür

Der Onlinehandel wächst - und zwar nicht nur, wenn es darum geht, mit einem Klick schnell ein neues Handy zu ordern. Auch der Baustoffsektor, in dem sperrige und schwere Waren auf Reisen geschickt werden, ist längst nicht mehr dem B2B-Geschäft vorbehalten. Sei es das neue Gartenhäuschen oder die Sauna - Transportunternehmen stehen immer häufiger vor der Herausforderung, dass Privatkunden die Lieferung frei Verwendungsstelle und nicht nur bis zur Bordsteinkante erwarten. In der Nische große Auswahl Hier kommen mobile Helfer ins Spiel, die vornehmlich, aber eben nicht mehr nur auf Baustellen anzutreffen sind: Mitnahmestapler. Dieser kleine Nischenmarkt wird lediglich von vier Herstellern bespielt: Palfinger, Manitou, Moffett und Terberg KingLifter. Das bedeutet mitnichten eine eingeschränkte Auswahl - je nach Einsatzfeld kann zwischen verschiedenen Modellen und unterschiedlichsten Ausstattungen gewählt werden. Manitou etwa bietet mit der TMT-Serie Teleskopausleger mit einer Hebekraft von bis zu 2,7 Tonnen. Das Modell S von Terberg KingLifter beispielsweise soll vor allem in begrenzten Räumen punkten. Palfinger derweil bietet auch Mitnahmestapler an, die in einer Box zwischen den Achsen verstaut werden. Auf Mitnahmestapler setzt auch Güttler Logistik. Aktuell sind bei der Spedition mit Sitz im oberfränkischen Hof 32 Lkw mit einem solchen Gerät ausgerüstet. Erst kürzlich wurde der Fuhrpark mit 15 neuen Geräten vom Typ Moffet NX Series erneuert, im Dezember wurden sechs weitere Stapler bestellt. Geschäftsführer Johannes Reuther ist nicht nur die stetige Modernisierung des Fuhrparks, sondern auch der Faktor Sicherheit wichtig. So verfügen die Moffett-Stapler über eine fortgeschrittene Rückhalte- und Sicherheitstechnik sowie weitere Warnsysteme, die Unfälle verhindern sollen. Zum Einsatz werden die neuen Geräte hauptsächlich im Baugewerbe kommen. Durch die Anschaffung stellt sich Güttler Logistik nach eigenen Angaben allerdings auch der wachsenden Nachfrage aus dem B2C-Bereich: "Jeder fünfte unserer Mitnahmestaplerzüge ist mittlerweile zu Privathaushalten unterwegs", berichtet Geschäftsführer Reuther (siehe auch Interview). Auf diese wachsende Nachfrage haben zuletzt auch große Kooperationen und Verbünde reagiert. Das Logistiknetzwerk LogCoop etwa betreibt für den Transport von bis zu 7,5 Meter langen und 2,5 Tonnen schweren Gütern im B2B- und B2C-Segment ein Mitnahmestaplernetzwerk. Sechs Speditionen mit insgesamt 450 Lkw bündeln die Transporte sperriger Güter über ein Hub-and-Spoke-System. Selbstverladender Mitnahmestapler Einen anderen Ansatz verfolgt der Verbund Elvis mit dem im eigenen Haus entwickelten und im Elvis-Onlineshop erhältlichen Mitnahmestapler "Lancelot", der mit einer Tragkraft von 650 Kilogramm bis zu 6,5 Meter lange Güter verladen und bewegen kann. Das Besondere: "Lancelot" kann problemlos auf der Ladefläche transportiert werden, den Höhenunterschied zum Boden überwindet der "sich selbst verladende" Mitnahmestapler dabei mittels seiner eigenen Gabeln. Zusätzliche An- oder Umbauten am Auflieger sind somit nicht erforderlich. Das Gerät darf zudem ohne Staplerschein betrieben werden. "Der Transport sperriger, schwerer Waren war wegen des benötigten Equipments bisher zumeist spezialisierten Logistikern vorbehalten. Mit 'Lancelot' können solche Transporte nun auch mit gewöhnlichen Planenaufliegern abgewickelt werden", erklärt Jochen Eschborn, Vorstandsvorsitzender des Elvis-Verbunds. Mehr zum Thema finden Sie unter #Mitnahmestapler www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Mitnahmestapler sind praktische Beifahrer: Sie kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn es vor Ort keine Entladehilfen gibt. Insbesondere Verlader aus der Bauwirtschaft engagieren daher gerne Speditionen mit Staplerfuhrparks. Im Zuge des wachsenden Onlinehandels werden aber auch immer häufiger sperrige Onlinebestellungen aus dem Baumarkt an Privathaushalte ausgeliefert - ein Wachstumsmarkt für Logistiker, die über Mitnahmestapler verfügen. "Die Investition lohnt sich allemal" Was hat Sie dazu bewogen, Ihren Fuhrpark mit Mitnahmestaplern auszurüsten? Unsere ersten Mitnahmestapler haben wir bereits vor 20 Jahren zum Einsatz gebracht. Wir setzen die Geräte beispielsweise für die Belieferung von Handel und Gastronomie mit Kühlzellen ein. Da kommt es auch vor, dass die Kühlzellen und deren Zubehör an Hotels in den Alpen geliefert werden müssen. Passstraßen lassen sich mit dem Sattelzug oder Anhänger kaum meistern - wir fahren daher zu 95 Prozent mit flexibleren Jumbo-Gliederzügen in diese Gefilde und bringen das Equipment zur Entladung der sperrigen Ladung gleich mit. Darüber hinaus sind wir im B2B-Segment unter anderem in der Baustoff- und Flaschengaslogistik tätig. Ein eigener Fuhrpark mit Mitnahmestaplern klingt kostspielig... Das ist er auch. Zumal wir Mitnahmestapler mit Duplexmast für hohe Hubhöhen brauchen, da unsere Fahrer auch Silos mit Baustoffen befüllen. Für so ein Gerät, plus Aufnahmehalterung, muss man schon mal gut 32.000 bis 35.000 Euro ausgeben. Die Investition in die Qualität lohnt sich aber allemal, denn die Nachfrage nach diesem Service wird weiter steigen, vor allem hinsichtlich des E-Commerce-Wachstums. Sie verzeichnen also mehr Aufträge aus dem B2C-Segment? Absolut, das ist der aktuell am schnellsten wachsende Bereich. Jeder fünfte unserer Mitnahmestaplerzüge ist mittlerweile zu Privathaushalten unterwegs. Ein Kunde, der beispielsweise ein Gartenhaus möchte, fährt heutzutage nicht mehr zum Baumarkt, mietet sich einen Hänger und fährt seinen Einkauf selbst nach Hause. Nein, er begutachtet im Baumarkt sein "Traumhaus", fährt entspannt nach Hause und bestellt dann online. Da interessiert dann nicht, ob die Bestellung sechs Meter lang ist oder fünf Kubikmeter Volumen hat. Und genau dann sind wir am Zuge. Diese hohe Lieferqualität wird heutzutage vom Kunden einfach erwartet - da zahlt man auch mal ein paar Euro mehr. mhJohannes Reuther, Geschäftsführer Güttler Logistik