Die Ausbeutung osteuropäischer Fahrer im Transportgewerbe hat dem österreichischen Spediteur Karl Kralowetz (45) sechs Monate Gefängnis und eine Geldbuße von 9900 Euro eingebracht. Ein Luxemburger Gericht unter Vorsitz von Brigitte Konz sah es am Donnerstag als erwiesen an, dass der 45-Jährige in seiner luxemburgischen Firma "United Cargo Lux" (UCL) mehrere hundert Fahrer zu Dumping-Löhnen beschäftigt und sie zu Verstößen gegen das Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) angestiftet hatte. Damit sei ein Arbeitgeber erstmals in Luxemburg wegen einer solchen Fülle an Fällen zu einer Haft verurteilt worden, kommentierte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft das Urteil. Überdies sei Kralowetz vorbestraft. Richterin Konz hielt sich an die luxemburgische Praxis, wonach der Richterspruch zunächst nicht begründet und die Begründung erst in rund drei Wochen den Beteiligten vorgelegt wird. Kralowetz' Verteidiger, Roland Michel, zeigte sich überrascht über die "Höhe der Strafe". Er hält einen Widerspruch für denkbar. "Wichtig aber ist, dass Herr Kralowetz laut Urteil freigesprochen ist von den Vorwürfen, Papiere gefälscht und gegen das luxemburgische Niederlassungsrecht für Firmen verstoßen zu haben", sagte Michel, der seinen Mandanten in allen Punkten für unschuldig hielt. Demnach habe Kralowetz keine unzulässige Briefkastenfirma unterhalten, sondern ein richtiges Fuhrunternehmen. Das Urteil bezieht sich demnach auf Vergehen zum Beispiel gegen im EU-Gemeinschaftsrecht vorgeschriebene Lenkzeiten und Ruhepausen für die Fahrer. So gilt nach dem Richterspruch als erwiesen, was Firmendokumente und Zeugen belegt hatten. Unter anderem sagten Zollbeamte und ehemalige Angestellte von Kralowetz aus, dass Tachoscheiben entweder gar nicht vorhanden oder manipuliert worden. Viele der Trucker aus Rumänien, Ungarn, Bulgarien und der Slowakei seien, um viel zu verdienen, 26 Stunden und länger ohne Pause am Steuer gewesen. Bei einem Monatsgehalt von 1000 bis 1125 Euro waren die Fahrer nach eigenen Aussagen davon ausgegangen, dass Kralowetz Steuern und Sozialabgaben abgeführt habe. Ehemalige Angestellte der Firma UCL berichteten, die Trucker hätten weder Urlaubs- noch Krankengeld erhalten. Außerdem mussten die Fahrer nach diesen Aussagen Lohnabzüge wegen Pannen, nicht selbst verschuldeter Unfälle und dienstlicher Handy-Telefonate hinnehmen. Die Zeugen sagten auch, Kralowetz habe für den Fall von staatlichen Kontrollen Mitarbeiter zu Falschaussagen angehalten. Wegen ähnlicher und noch gewichtigerer Anschuldigungen muss Kralowetz auch in Deutschland mit einer Anklage rechnen, wie die Staatsanwaltschaft München II erklärte. Die Staatsanwaltschaft in München wirft dem 45-Jährigen vor, Hunderte Osteuropäer mit gefälschten Papieren illegal in das Gebiet der Europäischen Union eingeschleust und beschäftigt zu haben. Kralowetz Verteidiger hält eine Anklage für unzulässig, weil die Beschäftigung der Fahrer ausschließlich von Luxemburg aus geregelt und in Luxemburg nicht beanstandet worden sei - und Deutschland damit nichts zu tun habe. Kralowetz bestritt alle Punkte und sprach wiederholt von einer Verschwörung, die ihn in den finanziellen Ruin getrieben habe. Der Unternehmer erschien in Handschellen im Gerichtssaal und nahm das Urteil blass und mit Empörung auf. Er habe Hunderten in ihren Ländern unterbezahlten oder arbeitslosen Fahrern gut bezahlte Arbeit verschafft, sagte er. Kralowetz, der in mehreren europäischen Ländern tätig war, sitzt seit fast drei Monaten in Untersuchungshaft in Luxemburg. Unklar bleibt, ob der Österreicher nach Deutschland ausgeliefert wird. Luxemburgs Justizminister Luc Frieden hat der Auslieferung von Kralowetz nach Deutschland inzwischen zugestimmt. Der Spediteur hat dagegen beim Verwaltungsgericht in Luxemburg Widerspruch eingelegt. (vr/dpa)
Sechs Monate Gefängnis für Karl Kralowetz
Anklage in Deutschland steht dem österreichischen Spediteur noch bevor