Brüssel. Die EU-Verkehrsminister haben auf ihrem heutigen Treffen in Brüssel wie erwartet die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsdelikten beschlossen. Auch der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) konnte einem Kompromiss zustimmen, den die belgische Ratspräsidentschaft noch kurz vor Beginn des Ministertreffens vorgelegt hatte. Darin wurden die Bedenken von mehreren Mitgliedsländern, darunter Deutschland, ausgeräumt.
Strittig aus deutscher Sicht war die vorgesehene Regelung, den Halter des Fahrzeuges, mit dem ein Verkehrsdelikt begangen wurde, automatisch zur Verantwortung zu ziehen. In Deutschland wird der Fahrer, nicht der Halter für Verkehrsdelikte zur Verantwortung gezogen. In dem jetzt angenommenen Kompromiss wird zwar an dem grenzüberschreitenden Austausch der Halterdaten festgehalten. Doch das zieht keine automatische Bestrafung des Halters nach sich. „Mit den Halterdaten soll es zum Beispiel französischen Behörden ermöglicht werden, den deutschen Fahrer ausfindig zu machen, der zu schnell auf einer französischen Straße gefahren ist, um ihm dann den Strafbescheid zukommen zu lassen", sagte Ramsauer nach dem Beschluss in einem Pressegespräch.
Verfolgt werden sollen folgende acht Delikte: überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol und Drogen am Steuer, Telefonieren mit dem Handy während des Fahrens, Missachten einer roten Ampel, Fahren ohne Gurt und ohne Helm sowie die „unrechtmäßige Benutzung eines Fahrstreifens", wie es in dem Katalog heißt.
Österreich legte Wert darauf, dass die Bestrafung von Verkehrsdelikten aufgrund der Bestimmungen der Mitgliedsländer fällt. Nicht die EU dürfe vorschreiben, wie ein Delikt zu verfolgen sein. Mehrere Staaten schlossen sich dieser Ergänzung der Österreicher an, darunter Italien und Frankreich.
Großbritannien und Irland behielten sich vor, den neuen Bestimmungen eventuell nicht beizutreten. Sie wollen zuvor die Verhandlungen mit dem Europaparlament abwarten, das den Ministerbeschluss noch billigen muss.
Begrüßte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas die Entscheidung in einer ersten Stellungnahme als einen großen Schritt bei den Bemühungen, den Straßenverkehr in Europa sicherer zu gestalten, so kritisierte der Grüne Europapolitiker und Verkehrsexperte Michael Cramer den Kompromiss, auf den vor allem Deutschland gedrängt hatte. „In Deutschland können Halter weiterhin unter Berufung auf das Zeugnisverweigerungsrecht die Herausgabe des Namens des Fahrers verweigern und damit eine Durchsetzung der Vorschriften verhindern", schreibt Cramer in einer Pressemitteilung. „Indem sich die deutsche Bundesregierung auf europäischer Ebene massiv für diese Regelung eingesetzt hat, ruft sie die Bürger zum Rechtsbruch im EU-Ausland auf", so Cramer weiter. Bei den Verhandlungen mit dem EU-Rat würde sich zumindest seine Fraktion dafür einsetzen, dass die effektive Verfolgung von Verkehrssündern über Staatsgrenzen hinweg künftig tatsächlich ermöglicht werden könne. (kw)