Frankfurt am Main. "Hier wird wieder einer herausgegriffen und igitt-igitt gesagt, dabei ist das ganze ein riesiger Sumpf, den man kaum noch austrocknen kann", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt, am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur Dpa. Die Bestechung von Beamten in Osteuropa sei in der Branche an der Tagesordnung. Die Verpflichtung billiger osteuropäischer Firmen mit Sondergenehmigungen für europäische Straßen, sei ein verbreitetes Mittel der Kostensenkung. Ohne Schmiergelder ist nach Schmidts Angaben in Osteuropa kaum ein Geschäft im Speditionsgewerbe möglich. "Sobald Sie die ostdeutsche Grenze passieren, beginnt ein Piratenschiff, da bekommt der Kapitän das meiste und danach kassiert jeder bis zum einfachen Besatzungsmitglied", sagte Schmidt. "Wenn Sie auf dem Weg in die Türkei nicht jeweils an der richtigen Stelle 150 bis 200 Euro in den Pass legen, kommen Sie nicht an." Wer größer ins Geschäft einsteigen wolle, müsse eben mehr Geld in die Hand nehmen. Fahrten mit den von der Europäischen Konferenz der Transportminister vor Jahren eingeführten CEMT-Genehmigungen seien weit verbreitet. Osteuropäische Anbieter konnten damit bis vor kurzem sechs Wochen lang in Westeuropa Transporte wahrnehmen. Nach einer Neuerung in diesem Frühjahr gelten die Genehmigungen eigentlich nur noch für drei Fahrten, was aber schwer zu überprüfen sei. "Tausende Fahrzeuge sind noch heute mit den CEMT-Genehmigungen unterwegs", sagte Schmidt. "Darüber hinaus gibt es jede Menge gefälschte Papiere." Die Schmiergeldzahlungen und Fahrten mit CEMT-Genehmigungen seien stark im Sinne der auf Kosten bedachten Kunden, sagte Schmidt. "Was Betz getan hat, war genehmigungsmäßig gedeckt", erklärte Schmidt. "Wie er die große Zahl der Genehmigungen gekommen ist, müssen die Gerichte klären." Die Justiz müsse ebenfalls die Rolle von Rolf Kreienhop, dem Vizepräsidenten des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG), klären. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit gegen Kreienhop. Er soll unter anderem vertrauliche Informationen aus einem Gremium der Bundesregierung, in dem es um die Bekämpfung illegaler Beschäftigung im Speditionsgewerbe ging, der Reutlinger Spedition zugespielt haben.
Logistikverband: Willi Betz ist kein Einzelfall
Die Geschäftspraktiken der in einen Korruptionsskandal verwickelten Reutlinger Spedition Willi Betz sind nach Expertenansicht weit verbreitet.